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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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gelesen haben konnte. Demnach hatte der Kommissär etwas von höchstem Interesse gefunden.
    „Ich rufe jetzt Frau Kägler herein und möchte Sie bitten, der Befragung beizuwohnen, falls sich ein paar medizinisch relevante Fragen ergeben sollten.“ Goltzow machte eine Pause, so als wolle er dem Arzt noch Gelegenheit zu einer Erwiderung geben. „Ich bin mir selbstverständlich Ihrer Verschwiegenheit gewiss“, setzte er voraus und verstaute den Brief in der eigenen Brusttasche.
    „Selbstverständlich“, gab Ernst knapp zu verstehen und starrte bedauernd auf den Rock des Kommissärs, der den Brief vor aller Augen verbarg.
     
    Frau Kägler war annähernd so bleich, wie Ernst sie am Krankenlager ihres Gatten erinnerte. Ihre Augen waren rotgerändert, die Lider verquollen. Um ihre Mundwinkel hatte sich ein Zug eingegraben, den Ernst noch nicht bemerkt hatte, als sie bei Goltzows Eintreffen aus dem Zimmer geführt worden war. Unschlüssig blieb sie auf dem bunten Teppich stehen, studierte das orientalische Muster und schien einfach darauf zu warten, was auf sie zukomme. Und urplötzlich wusste Ernst, was sich an ihr verändert hatte: Alles an ihr, ihre Miene, ihre Körperhaltung drückte Hoffnungslosigkeit aus.
    „Frau Kägler“, begann Goltzow, „so schmerzlich der Verlust Ihres Gatten auch ist, bin ich doch gezwungen, Ihnen einige Fragen zu stellen, die die Umstände seines Todes betreffen.“
    Sie nickte, ohne aufzusehen.
    „Seit wann plagten Ihren Gatten diese höllischen Schmerzen“, erkundigte sich Goltzow und wies auf den deformierten Zeh des Toten.
    „Heute Nacht hat es vermutlich angefangen“, erhielt er zu Antwort.
    „Vermutlich? Sie wissen es also nicht genau!“
    Sie bestätigte Goltzows Feststellung nur mit einer Geste, ohne ihren verschleierten Blick auf etwas anderes als den bunten Teppich zu richten.
    „Hatte er die Schmerzen bereits während des Gottesdienstes?“
    Nun schaute sie auf, aber sie schien nicht überrascht zu sein. „Ich glaube schon, manchmal hat er leise gestöhnt. Auf dem Heimweg humpelte er“, berichtete sie knapp und mit teilnahmsloser Stimme.
    „Haben Sie Ihrem Mann die Arznei eingeflößt, die von Doktor Ahrens verordnet worden ist?“
    Ernst hielt unbewusst den Atem an. Goltzows Fußangel war ausgelegt. Jedoch Frau Kägler erweckte nicht den Eindruck, über den Verdacht bestürzt zu sein.
    „Nein. Mein Mann nahm seine Arznei ausnahmslos ohne mein Wissen ein. Gewiss, um den Vorwürfen aus dem Wege zu gehen, die ich ihm machte wegen seiner ständigen Völlerei und ...“ Sie brach ihre Schilderung mit einem scheuen Seitenblick auf den Toten ab.
    „Und?“, hakte Goltzow nach.
    „Mein Mann trank sehr viel“, sagte sie schlicht.
    Goltzow hob die Brauen und sah hinüber zu Ernst. Der zog die Schultern hoch, eine beredte Geste, um auszudrücken, sämtliche Gewohnheiten seiner vielen Patienten nicht kennen zu können. Goltzows merkwürdiger Blick setzte Ernst allerdings zu.
    „Übermäßiges Trinken meinen Sie?“
    Sie nickte kurz, aber deutlich und vergrub ihre weißen schlanken Finger in den Falten ihres Rockes.
    „Wo bewahrte Ihr Mann seine Arznei auf?“
    „In der Schublade des Nachtschränkchens“, antwortete sie, ohne zu zögern. Und nach Verstreichen eines Atemzugs fügte sie hinzu: „Denke ich.“ Bevor sie den Kopf senkte, huschte ihr unsicherer Blick hinüber zu dem Beamten.
    Goltzow zog die besagte Schublade heraus. „Doktor Ahrens, würden Sie sich das bitte ansehen!“
    Ernst folgte der Bitte und warf einen Blick in das Kästchen.
    „Was sagen Sie dazu?“, fragte Goltzow.
    „Ich bin, gelinde gesagt, überrascht“, stellte Ernst konsterniert fest. In der Schublade reihte sich Fläschchen an Fläschchen versehen mit den unterschiedlichsten Aufschriften. Er sah sofort, dass sich auch Tinkturen darunter befanden, die nicht in Rostock hergestellt worden waren. Sie trugen Signaturen von Apothekern, die er nicht kannte.
    „Wie erklären Sie sich diese Ansammlung von Arznei?“
    Ernst zog ein Fläschchen heraus und zeigte auf das Etikett. „Hier! Sehen Sie! Laut Medizinalordnung darf für innerliche Mittel nur weißes Papier zur Etikettierung verwendet werden. Dieses hier ist blau, was nach hiesigem Recht nur für äußerliche Mittel Verwendung finden darf. Offensichtlich erstand Herr Kägler die Arznei im Ausland, weil es nach der Art ein innerliches Mittel ist. Und hier – “, er zog ein weiteres Glas heraus, um es Goltzow zu zeigen, „achten Sie

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