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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Er wies Lapérouse an, zwei Mullkompressen auf seine Wangen zu pressen, dann flößte er ihm eine Lösung zum Spülen ein. Die Prozedur war umständlich und Ernst war ein wenig schadenfroh, als Franz’ Uniform in Mitleidenschaft geriet, als Lapérouse die Lösung ausspie.
    „So, das hätten wir! Und nun legen Sie sich bitte hin“, sagte Ernst höflich. Diesmal gehorchte der Verletzte sofort, allerdings verfolgte er die ärztlichen Vorbereitungen zum Nähen der Wunden mit ängstlichen Blicken. Lapérouse stand der kalte Schweiß auf der Stirn. Ernst reinigte ihm behutsam das Gesicht.
    „Ich werde Ihnen Morphium verabreichen, das lindert die Schmerzen“, murmelte er beruhigend. Er wendete sich ab. Ihm war eingefallen, dass er seinen kleinen Vorrat bei einer Notoperation verbraucht hatte. Trotzdem lächelte er seinem Patienten aufmunternd zu, dann zog er Franz beiseite.
    „Wie lautet sein vollständiger Name? Ich muss ein Rezept ausstellen“, flüsterte er.
    Franz rieb sich das Kinn und schüttelte energisch den Kopf. „Nein, das geht nicht, nimm meinen Namen“, schlug er vor.
    „Wieso nicht?“, beharrte Ernst. Seine Augen wölbten sich vor. Das ungute Gefühl in seiner Magengegend, das ihn befallen hatte, als der Verletzte ihm so urplötzlich in die Arme gewankt war, nahm unversehens zu.
    „Er wird gesucht!“, sagte Franz unter einem Achselzucken.
    „Was?“ Ernst schnaufte. „Was hast du mit einem Kriminellen zu schaffen?“, zischte er aufgebracht.
    „Er ist mein Zeuge. Er ist der gesuchte Alan MacPherson de Lapérouse“, entgegnete Franz. „Du erinnerst dich? Ich habe dir heute Mittag Hans-Georgs Geschichte erzählt“, flüsterte er beschwörend.
    „Was hat er angestellt, dass jemand mit einem Bajonett auf ihn losgeht?“, wollte Ernst sofort wissen. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, löste seine Halsbinde und starrte Franz’ geschwollenes Gesicht an.
    „Er hat falsch gespielt. Aber hat das nicht Zeit bis später?“
    Ernst war über Franz’ lapidare Antwort empört und auch gekränkt. Er hatte zumindest Respekt erwartet.
    „Du willst mich wirklich mit dieser albernen Erklärung abspeisen?“, ereiferte er sich. „Sag mir auf der Stelle die Wahrheit, ich habe ein Recht darauf!“
    „Es ist die Wahrheit, Herr Doktor“, mischte sich nun Stetten in den Wortwechsel ein. „Lapérouse wird in Doberan wegen betrügerischen Falschspiels gesucht. Er ist entflohen und seine Verletzung entstand bei der üblichen Art und Weise, spitze Gegenstände in Heufuder zu stechen. Was gibt es denn für ein Problem?“, fragte er freundlich.
    „Ich habe kein Morphium mehr. Die Apotheker sind jedoch verpflichtet, Arzneien zu jeder Tages- und Nachtzeit zu bereiten. Nur – ich benötige einen Namen, den ich zu nachtschlafender Zeit der heiklen Droge zuordnen kann.“
    „Verstehe, nehmen Sie einfach meinen, Herr Doktor. Mich kennt hier niemand“, schlug Stetten der Einfachheit halber vor.
    „Ja, das könnte klappen“, murmelte Ernst und wandte sich seinem bücherbeladenen Schreibtisch zu, schob die aufgestapelten Folianten zur Seite, kritzelte hastig ein paar Zeilen und drückte Franz das Rezept in die Hand.
    „Lauf zum Markt“, befahl er. „Herr Witte kennt dich und seine Frau Gemahlin hat dich gewiss in bester Erinnerung behalten, falls sie dein verbeultes Gesicht wiedererkennen sollte“, fügte er hinzu, dabei konnte er sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.
    „Danke, Ernst“, sagte Franz sichtlich erleichtert und machte sich unverzüglich auf den Weg.
    Ernst ging hinüber zu seinem Patienten und erklärte ihm, er müsse sich noch ein wenig gedulden. Lapérouse schien die Auseinadersetzung mitbekommen zu haben. Er nickte nur und richtete seinen starren Blick an die Decke. Vermutlich bereitete er sich auf die Tortur vor, die ihm unmittelbar bevorstand. Ernst tätschelte die Schulter des jungen Mannes, anschließend gesellte er sich zu Stetten, der in die Betrachtung des phrenologischen Kopfes vertieft war.
    „Ich bin untröstlich, dass wir uns unter solch widrigen Umständen kennenlernen müssen“, begann Ernst zwanglos zu plaudern. „Sie kennen Franz schon länger?“
    „Ja“, sagte Stetten abwesend. Ihn schien etwas anderes als der gemeinsame Freund zu beschäftigen. „Erklären Sie mir bitte, was das ist“, bat er, offensichtlich von der Plastik auf der Anrichte fasziniert.
    „Interessieren Sie sich für Phrenologie?“, fragte Ernst erfreut, wies sich jedoch gedanklich

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