Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
bekommen?“
Franz erstaunte die hastige Frage, wonach der Soldat bestens im Bilde war, wie lange sich ein Leutnant Franz Friedrich von Klotz in Rostock aufhielt. Gewiss, gleich nach seiner Ankunft in der Stadt hatte Franz sich in das Fremdenregister eintragen lassen, hatte jedoch nicht vermutet, jeder Dahergelaufene kenne dessen Einträge. Doch dann dachte er an die besondere Mission des Stadtsoldaten. Bestimmt hatte Goltzow den Mann hierhergeschickt und ihn zuvor mit besonderen Informationen präpariert. Auch dürfte inzwischen Johanns Verschwinden eine stadtbekannte Geschichte sein.
Franz überlegte sich, es wäre seiner Sache dienlich, freundlich zu sein und die Fragen zuvorkommend zu beantworten.
„Das ist richtig, ich habe ihn noch nicht kennengelernt. Das will aber nicht heißen, dass er nicht hier gewesen ist. Ich war oft außer Haus. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen?“ Franz nickte dem Soldaten höflich zu und machte Anstalten in Johanns Studierzimmer zu verschwinden.
Ernst empfing ihn mit besorgter Miene. „Was will der Krebs hier?“, zischte er aufgeregt.
„Keine Sorge. Der überbringt nur ein amtliches Schreiben an Kägler, vermutlich die Todesnachricht“, gab Franz ebenso leise zurück. Er hatte die Tür nur angelehnt und horchte, ob sich das erlösende Knarren der Treppenstufen bald vernehmen ließe. Ihn verwirrte, dass der Anblick eines einfachen Soldaten ihn in Unruhe versetzte. Er schob es auf seine Gratwanderung zwischen den Methoden seiner privaten Ermittlungen und den Gesetzen und räumte ein, die hatte ihn dünnhäutig werden lassen.
Ernst wischte sich nervös den Schweiß von der Stirn. „Ich dachte, der käme seinetwegen.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung Schlafkammer.
„Falls sich seinetwegen etwas ergeben sollte, hast du natürlich nichts von dessen Machenschaften gewusst“, entschied Franz knapp. Ernst seufzte bekümmert, doch Franz bedeutete ihm mit einer Geste, still zu sein. Die Schritte des Soldaten schienen genau vor der Tür haltzumachen.
Es klopfte erneut. Franz ließ sich etwas Zeit mit dem Öffnen, damit nicht offensichtlich wurde, dass er gelauscht habe.
„Ja bitte?“ Er gab sich einen erstaunten Ausdruck.
„Ja, ähm, entschuldigen Sie die nochmalige Störung, Herr Leutnant. Nur, ich habe vorhin gesehen, dass der Herr Doktor bei Ihnen ist und wollte fragen, ob Doktor Ahrens sich mal mein Problem besehen könnte.“
Franz richteten sich die Nackenhaare auf, wo er genügend eigene Probleme hatte.
„Aber sicher doch! Der Herr Doktor ist mit meiner Behandlung ohnehin fertig, da hat er gewiss Zeit für Sie“, sagte er gezwungenermaßen freundlich. Bevor Ernst Widerspruch einlegen konnte, fasste er ihn beim Arm und zog ihn in das Blickfeld des Soldaten. „Falls sich Komplikationen ergeben, lasse ich es Sie unverzüglich wissen, Herr Doktor.“ Er drückte seinem verdatterten Freund die Arzttasche in die Hand und schob ihn auf die Galerie.
„Habe die Ehre, meine Herren“, rief er mit gespielter Fröhlichkeit zum Abschied und verbeugte sich lächelnd.
Der Soldat machte den Eindruck, über die unverhofft günstige Entwicklung überaus glücklich zu sein. Sogleich erbot er sich, Ernst die Tasche abzunehmen. Er ließ dem Arzt höflich den Vortritt und begann bereits auf der Treppe aufzuzählen, welche Beschwerden ihn plagten. Dabei war er so freimütig, auch eine Sammlung von Hämorrhoiden nicht auszulassen. Als sich die Stimmen weiter und weiter entfernten, endlich nicht mehr zu hören waren, atmete Franz auf. Er probierte die Arbeit von Meister Gribnitz aus, die erwartungsgemäß auch von innen tadellos funktionierte.
Er zog seinen Uniformrock glatt und ging auf die Kammer zu, um das Gespräch unter vier Augen fortzusetzen.
Johanns Schlafkammer besaß keine Schließvorrichtung, deshalb hielt es Franz für geraten, den geheimnisvollen Kasten noch nicht zu untersuchen, um nicht Gefahr zu laufen, von Lapérouse überrascht zu werden. Den Gegner im Unklaren über eigene Vorteile zu lassen, war auch etwas, was ihm seine Lehrer beigebracht hatten. Stattdessen überraschte er Lapérouse am Fenster. Der Verletzte mit den undifferenzierbaren Krankheitssymptomen schien mit großem Interesse zu verfolgen, was auf der Straße vor sich ging. Inzwischen hatte er sich seinen Rock übergestreift und seine Körpersprache teilte mit, er sei von etwaigen Gebrechen prompt genesen, kaum dass der Arzt das Haus verlassen hatte.
Franz war es sehr recht, Lapérouse des
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