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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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haben.
    Franz schnaubte und schüttelte sich erneut, als ihm seine Phantasie Bilder einer maskulinen Vereinigung vorgaukelte. Johann ist doch der leibliche Bruder, wie kann er nur solche Neigungen entwickeln, fragte er sich fassungslos.
    Er starrte auf das Bett, in dem sich solche Szenen abgespielt haben mochten und wurde sich erst bei dessen Anblick bewusst, mitten im Nachbarzimmer zu stehen. Er drehte sich hastig um und kniete sich vor die Türschwelle. Er zückte sein Stilett, als er eine etwas unsauber eingepasste Diele entdeckte. Es war wirklich nicht einfach, das Brett herauszuziehen. Franz musste aufpassen, dabei die Klinge seiner Waffe nicht abzubrechen. Endlich war es geschafft und er legte ein ähnliches Versteck wie in Käglers Zimmer frei. Zuerst förderte er den bekannten gelben Aktendeckel zutage, er schaute hinein, ob weitere Unterlagen hinzugekommen seien, was allerdings nicht der Fall war, und griff noch einmal in das Versteck hinein. Aber es kostete ihn Mühe den verkeilten Gegenstand hervorzuzerren, ohne die Bewohnerin der unteren Etage auf den Plan zu bringen, oben nach dem Rechten zu sehen.
    Es war wiederum ein hölzerner Kasten, der durchaus der Beschreibung entsprach, die Jochen geliefert hatte. Franz zögerte nicht, sofort hineinzuschauen und riss erstaunt die Augen auf. Ihm blinkte der matte Glanz von Metall und Elfenbein entgegen. Die Pistole, die er vorsichtig aus dem Futteral nahm, hätte sich sehr gut in Borowskys Sammlung gemacht. Er entdeckte auf dem Lauf ein mit Initialen unterlegtes Wappen. Die verschlungenen Schriftzeichen der fein ziselierten Gravurarbeit formten lateinische Buchstaben. Franz’ Finger fuhren respektvoll über eine Fülle von Elfenbeinintarsien, die in ihrer künstlerischen Ausführung vollkommen erschienen. Die Waffe mochte ein Erbstück sein und sah nicht so aus, als ob sie jemals ihrem eigentlichen Zweck gedient habe. Gewiss hatte Lapérouse das wertvolle Stück an sich nehmen wollen, weil er Rostock und dem Großherzogtum eine Weile den Rücken zukehren musste. Vielleicht war die Waffe seine einzige Erinnerung an den inzwischen verblassten Glanz seiner Abstammung.
    Franz legte die Kostbarkeit zurück, verschloss den Kasten und schob ihn in sein Versteck. Er sah keine Veranlassung anders zu handeln. In nächster Zeit würde Lapérouse nicht zurückkehren. Und wenn ihm wirklich so viel an der Waffe lag, würde er über kurz oder lang einen wohlpräparierten Helfershelfer schicken, der sich zum Schein bei der Wirtin für ein paar Tage einquartierte. Franz hoffte nur, der bezahle wenigstens Logis. Doch davon war auszugehen, Lapérouse verschwendete seine „Freundschaft“ nicht an Menschen, die ihm nicht von Nutzen sein konnten.
    Franz nahm nur die Aktenmappe und nach kurzem Zögern auch den blutverschmutzten Kopfkissenbezug an sich. Nachdem alles hergerichtet war, verließ er das Zimmer so leise, wie er gekommen war, den Schlüssel ließ er im Schloss stecken. In Johanns Wohnung verlor er keine Zeit mit Grübeleien. Er schichtete Feuerholz in den Kamin, zerknüllte die Dossiers samt Mappe und den Kopfkissenbezug zusammen und bemühte sich, ein gut brennendes Feuer zu unterhalten. Erst als Papier und Stoff zur Unkenntlichkeit zusammengesunken waren, wendete er seinen Blick von der Feuerstelle ab. Das Holz schien billig zu sein. Er stellte vorsichtshalber den Kaminschirm auf, damit eventuell explodierende Harzklumpen nicht als rot glühende Geschosse durch den Raum spritzten.
    Er sah Johanns Aufzeichnungen durch, ob sie in irgendeiner Weise Kompromittierendes enthielten und verbrannte alles, was seiner Meinung nach das Interesse eines Ermittlers schüren könnte. Dabei ging er keineswegs zimperlich vor.
    Er untersuchte auch den Kleiderschrank, konnte jedoch den Rock mit der Lützower Farbkombination nicht finden, ebenso wenig fand sich ein Degen, doch das musste nichts heißen. Johann konnte eine private Waffe auf dem Fechtboden deponiert haben oder die Waffe mit sich führen.
    Noch unschlüssig, was mit den Pistolen anzufangen sei, begann er dennoch, sie in gleicher Weise zu präparieren, wie er sie vorgefunden hatte. Der Kasten und sein verräterischer Inhalt durfte unter keinen Umständen in Johanns Wohnung bleiben.
    Achselzuckend sagte er sich, das ungleiche Paar sei dort am besten aufgehoben, woher es stammte.
    Inzwischen dürfte sich Goltzow fragen, warum Jacob Kägler seiner Unterkunft so lange ferngeblieben sei. Zumal der junge Mann kaum über Mittel für

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