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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Gebäude so eine Art Geheimgang über den Köpfen ihrer Wirte. Wozu so etwas gut sein konnte, hatte Jochen beeindruckend vorgeführt, obwohl sich der Junge im Nachhinein durch eigene Unvorsichtigkeit verraten hatte. Franz nahm dem Burschen noch nachträglich übel, den Gang vor ihm verheimlicht zu haben. Doch dann überlegte er sich, dass Jochen höchstwahrscheinlich ähnlich gute Gründe für sein partielles Schweigen wie für sein informatives Geplauder gehabt haben dürfte.
    Lapérouse duckte sich in den Gang.
    „So einfach lassen sich Probleme lösen“, murmelte er. Wenn es ihn auch einen Augenblick lang gereizt hatte, sich an Lapérouses Fersen zu heften, blieb er doch zurück. Stattdessen tarnte er den Fluchtweg so sorgfältig, wie sie ihn vorgefunden hatten.
    Als er die Bolzen für den Riegel mit dem unüberwindlich scheinenden Vorhängeschloss in das mürbe Holz der Dachbodentür drückte, kam ihm der Gedanke, Mudder Schultzen mochte ebenso Grund haben, ihre Untermieter von dem geheimnisvollen Notausgang fernzuhalten.
    Seinerzeit hatten Händler mit Konterbande solch verschwiegener Pfade gewiss öfter bedurft, als ihnen lieb sein konnte. Es blieb interessant, wo Lapérouse auftauchen würde. Franz tippte auf das Barbiergeschäft drei Häuser weiter. Eine perfektere Tarnung hätte man vermutlich nicht wählen können, sagte er sich und erinnerte sich lebhaft, wie zugetan Lapérouse seiner Idee mit dem Kopfverband gewesen war.
    Vor Käglers Tür angekommen stutzte er. Der neue Schlüssel steckte nach wie vor im Schloss, also war der Soldat seinem Vorschlag nicht gefolgt, ihn der Wirtin auszuhändigen. Franz lugte über die Galerie nach unten und nahm den Schlüssel an sich, ebenso den, der in der benachbarten Tür steckte. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, beide Türen seien verschlossen, blieb er auf der Galerie stehen und rang mit sich, ob er die Wirtin wissen lassen solle, dass ihre als auch die benachbarten Untermieter den Geheimgang nicht nur entdeckt, sondern rege nutzen würden.
    Franz war desillusioniert, was Lapérouses Lauterkeit anging, dem war alles Mögliche zuzutrauen, und er fühlte sich in der Tat verpflichtet, Mudder Schultzen über ihre Sicherheitslücke aufzuklären. Er hatte das Treppengeländer bereits in der Hand, als die Küchentür im Erdgeschoss aufflog.
    „Wie kannst du nur so leichtsinnig sein und dich auf vorsintflutliche Technik verlassen, die vermutlich längst der Rost zerfressen hat“, hörte er Gribnitz schimpfen. Der Mann schnaufte empört, an seiner Seite klapperte die Werkzeugkiste. Er steuerte auf die Treppe zu.
    Franz zog sich eiligst zurück. Wie es sich anhörte, hatte Mudder Schultzen selber Zweifel an der Zuverlässigkeit ihres eisernen Bollwerks geäußert und den Schwager zu prompter Überprüfung aufgefordert.
    Franz lauschte hinter der Tür und verfolgte die Tritte, die tatsächlich vor der Bodentür haltmachten. Verhaltenes Fluchen bestätigte, gerade werde ein Schlupfloch fachmännisch verstopft.
    „Dies scheint ein Tag zu sein, an dem sich Probleme von alleine lösen“, brummte er zufrieden. Er wog die Schlüssel in seiner Hand und legte sie griffbereit, falls nach ihnen verlangt werde. Falls nicht, könnte er immer noch eine Gelegenheit abwarten, um den Zimmern einen erneuten Besuch abzustatten.
    Er atmete tief durch und entledigte sich seines Uniformrocks. Dabei fiel das Papier zu Boden, das er hastig unter die Jacke gestopft hatte, als Griebnitz ihn Gott sei dank mit seiner Schwatzhaftigkeit belästigt hatte. Er nahm das inzwischen arg zerknitterte Blatt an sich und starrte es misstrauisch an. Noch vor weniger als einer Viertelstunde hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als allein zu sein, damit er in aller Ruhe Wort für Wort lesen könne, aber jetzt schreckte ihn die Tatsache, über alle Zeit der Welt zu verfügen und genau das tun zu können. Er drückte das Papier an seine Brust, strich glättend darüber, zog sich einen Stuhl heran und begann erneut zu lesen. Am Tisch war es jedoch zu dunkel, die Bleistiftaufzeichnungen waren in all den Knitterfalten schwer lesbar geworden. Er stand auf und ging hinüber zum Fenster, setzte sich rittlings auf den Stuhl, den er hinter sich her gezerrt hatte, und stützte sein Kinn auf dessen hohe Rückenlehne.
    Franz stellte sich auf eine zynische Sprache ein, auf gehässige Formulierungen, gewählt unter dem Eindruck von Friederikes Tat. Er glaubte, genügend Distanz aufzubringen, um von dem Gelesenen

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