Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
Vom Netzwerk:
Abenteuer mit dem Keiler zu erzählen. Seine aufgeschlitzte Hose war für jedermann Grund genug, gut gemeinten Spott loszuwerden. Franz ertrug das allgemeine Gelächter mit Gelassenheit, war es doch für alle Beteiligten ein Ventil, die aufgestaute Anspannung loszuwerden. Während des Erzählens erlebte Franz den Zusammenstoß mit der Kraft des Tieres erneut. Die Erinnerung jagte ihm wohlige Schauer über den Rücken.
    Der Alkohol verbreitete seine Wirkung unter den Männern und es dauerte nicht lange, da wurden haarsträubende Jagdgeschichten zum Besten gegeben. Borowskys volltönende Stimme zog die Aufmerksamkeit der lustigen Gesellschaft auf sich, als der eine gerade gehörte Geschichte kommentierte.
    „Was? Und das soll ich dir glauben, du treibst es ja fast so toll wie Münchhausen.“
    „Kenn den Mann nicht, was erzählt der denn so.“
    Borowsky lachte und räusperte sich. „Nun, Freiherr von Münchhausen oder der Lügenbaron, wie er auch genannt wird, ist der Held außerordentlicher Geschichten, die ein gewisser Gottfried August Bürger aufgeschrieben hat. Uns allen dürfte es deshalb schwerfallen, den Mann persönlich zu kennen.“
    Jetzt war Borowsky das Interesse aller Zuhörer gewiss. Der Aufforderung, solche Geschichten vorzutragen, konnte und wollte sich der Gastgeber nicht entziehen. Und so begann er im Licht der Fackel ganz treffend für die gerade erlebte Jagd vorzulesen.
    „Gottfried August Bürger
    Ich übergehe manche lustige Auftritte, die wir bei dergleichen Gelegenheiten hatten, weil ich Ihnen noch verschiedene Jagdgeschichten zu erzählen gedenke, die mir merkwürdiger und unterhaltender scheinen. Sie können sich leicht vorstellen, meine Herren, dass ich mich immer vorzüglich zu solchen wackern Kumpanen hielt, welche ein offenes, unbeschränktes Waldrevier gehörig zu schätzen wussten. Sowohl die Abwechselung des Zeitvertreibes, welchen dieses mir darbot, als auch das außerordentliche Glück, womit mir jeder Streich gelang, gereichen mir noch immer zur angenehmsten Erinnerung.“
    Borowsky unterbrach sich hier mit der Erklärung, die folgenden Geschichten überspringen zu wollen, um eine passende für die Saujagd zu finden. Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Bald darauf fuhr er fort:
    „Zufall und gutes Glück machen oft manchen Fehler wieder gut. Davon erlebte ich bald nach diesem ein Beispiel, als ich mitten im tiefsten Walde einen wilden Frischling und eine Bache dicht hintereinander hertraben sah. Meine Kugel hatte gefehlt. Gleichwohl lief der Frischling vorn ganz allein weg, und die Bache blieb stehen, ohne Bewegung, als ob sie an den Boden festgenagelt gewesen wäre. Wie ich das Ding näher untersuchte, so fand ich, dass es eine blinde Bache war, die ihres Frischlings Schwänzlein im Rachen hielt, um von ihm aus kindlicher Pflicht fürbass geleitet zu werden. Da nun meine Kugel zwischen beiden hindurchgefahren war, so hatte sie diesen Leitzaum zerrissen, wovon die alte Bache das eine Ende noch immer kauete. Da nun ihr Leiter sie nicht weiter vorwärts gezogen hatte, so war sie stehen geblieben. Ich ergriff daher das übrig gebliebene Endchen von des Frischlings Schwanze und leitete daran das alte hilflose Tier ganz ohne Mühe und Widerstand nach Hause.
    So fürchterlich diese wilden Bachen oft sind, so sind die Keiler doch weit grausamer und gefährlicher. Ich traf einst einen im Walde an, als ich unglücklicherweise weder auf Angriff noch Verteidigung gefasst war. Mit genauer Not konnte ich noch hinter einen Baum schlüpfen, als die wütende Bestie aus Leibeskräften einen Seitenhieb nach mir tat. Dafür fuhren aber auch seine Hauer dergestalt in den Baum hinein, dass er weder imstande war, sie sogleich wieder herauszuziehen, noch den Hieb zu wiederholen. – ‚Haha!‘, dachte ich, ‚nun wollen wir dich bald kriegen!‘ – Flugs nahm ich einen Stein, hämmerte noch vollends damit drauflos und nietete seine Hauer dergestalt um, dass er ganz und gar nicht wieder loskommen konnte. So musste er sich denn nun gedulden, bis ich vom nächsten Dorfe Karren und Stricke herbeigeholet hatte, um ihn lebendig und wohlbehalten nach Hause zu schaffen, welches auch ganz vortrefflich vonstatten ging.“
    „So hätten Sie den Keiler bearbeiten müssen. Ich denke, er wäre so beeindruckt gewesen, er hätte Ihnen zu Hause aus der Hand gefressen.“ Der Zwischenruf wurde mit schallendem Gelächter belohnt.
    Franz sah sich genötigt, zu seiner Verteidigung beizutragen. „Wäre ein Baum in dem

Weitere Kostenlose Bücher