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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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einen der Polstersessel fallen und gestattete sich nun doch einen Augenblick der Schwäche.
    „Die Reise hat mir doch mehr zu schaffen gemacht als gedacht. Die unmögliche Hitze ist kaum zu ertragen“, meinte er entschuldigend. Das Taschentuch, das er zückte, um sich damit verstohlen über die Augen zu wischen, sah nach häufigem Gebrauch bereits unansehnlich aus. Er starrte das kleine Tuch angewidert an, schüttelte den Kopf und ließ es schnell in der Rocktasche verschwinden.
    Franz setzte sich dem Vater gegenüber. Seine Gedanken beschäftigten sich mit der Frage, die ihm seit geraumer Zeit auf der Zunge lag, doch sein Vater kam ihm zuvor.
    „Franz, mein Sohn, gewiss fragst du dich seit Erhalt meines Briefes, warum ich dich ausgerechnet hier, auf dem Gut, habe treffen wollen.“
    Franz öffnete den Mund. Doch er erhielt keine Gelegenheit, zuzustimmen.
    „Bitte! Gönn mir noch etwas Zeit. Ich muss erst zu mir kommen. Heut’ Abend werden wir beide alles miteinander besprechen, einverstanden?“
    „Selbstverständlich, Vater.“
    Der Graf bemerkte die Enttäuschung nicht, die die Züge seines Sohnes verhärtete. Er erhob sich und rief nach seinem Leibdiener.
    „Wir sehen uns zum Essen“, schlug er abbittend lächelnd vor.
     
    Die Tischgesellschaft setzte sich aus dem Grafen, Franz, Hermann Stein und Wolfgang Zachow zusammen. Der Hausherr hatte auf weitere Einladungen verzichtet. An diesem ersten Abend wollte er mit Franz ungestört sein. Auch lag ihm das Hinauskomplimentieren eventueller Gäste nicht.
    „Hatten Euer Gnaden eine angenehme Reise?“ Stein hatte die Floskel kaum ausgesprochen, da bemerkte er am Gesichtsausdruck des Grafen, er habe an etwas Unangenehmen gerührt. Deshalb beantwortete er seine Frage mit der Feststellung: „Bei der Hitze war die Fahrt gewiss eine Tortur“, und erntete verhaltene Zustimmung.
    Stein war an seine Gastgeberrolle so gewöhnt, dass er vergaß, eine solche Rolle komme doch eher dem Grafen zu. Krampfhaft suchte er nach einem Gesprächsthema. Er konnte doch nicht mit den schlechten Aussichten herausplatzen. Damit wäre der Abend verdorben gewesen. Dabei dachte er verdrossen, das Essen würde verdammt lang werden, wenn der Graf weiterhin so „redselig“ bliebe.
    Die Bedienung trug die Suppe auf und verschaffte ihm etwas Luft.
    Franz bemerkte Steins Bemühungen um leichte Konversation und kam ihm zu Hilfe. Er lobte die Suppe, obwohl er wusste, die klare Brühe habe nach den Vorstellungen seines Vaters gut zu sein, wenn der Herr Graf mit am Tisch sitze.
    „Die Nudelsuppe schmeckt wirklich vorzüglich. Auch esse ich sie mit weit mehr Respekt für die Künste der Köchin, nachdem ich gesehen habe, wie aufwändig es ist, Nudeln herzustellen.“
    Der Graf zog die Augenbrauen hoch und bedachte Franz mit einem erstaunten Blick, löffelte jedoch in Erwartung dessen, was sein Sohn von seinen Erkenntnissen zur Nudelherstellung zum Besten gäbe, munter weiter.
    Franz ärgerte es, wie hartnäckig sein Vater sich jeder Beteiligung am Gespräch entzog. Aber bevor er wirklich über seine Nudeln referierte, ergriff Stein das Wort.
    „Oh, gewiss, aber wenn Herr Graf erst wissen, wie viel Arbeitsschritte nötig sind, um ...“
    Der Graf hob entnervt die Hände. „Meine Herren, Franz, bitte verschont mich mit derlei Erläuterungen. Ich möchte nur in Ruhe meine Suppe genießen und mich nicht schämen müssen, weil so viel Schweiß vergossen wurde, mir Gaumenfreuden zu bereiten.“
    Franz schmunzelte zufrieden und löffelte aus seinem Teller. Stein nahm den Faden bereitwillig auf.
    „Euer Gnaden müssen die Einfachheit des heutigen Nachtmahls entschuldigen.“ Er deutete mit dem Kopf auf Franz. „Wir haben Sie erst morgen Abend erwartet. Heute liegt das Wildbret noch in der Beize, mit dem die Köchin Euer Gnaden verwöhnt hätte.“ Stein machte eine vielsagende Miene.
    „Was hätte es denn gegeben?“, ließ sich der Graf herab, zu fragen.
    „Wildschweinbraten auf Preiselbeersoße – mit besonderer Empfehlung Ihres Herrn Sohnes.“
    „Meines Sohnes?“ Sichtlich erregt sprang der Graf auf. „Sie wissen, wo Johann ist?“
    Verständnislos starrten die Männer der Tischrunde den Grafen an.
    Stein wurde unwohl. „Nein ..., aber um Gottes willen, Herr Graf.“ Er sprang auf.
    Der Graf sank kreidebleich auf seinen Stuhl zurück. Er fiel nur nicht, weil Franz zur Stelle war, um ihn zu stützen.
    „Vater! Was ist denn? Was ist mit Johann?“, fragte er mit geweiteten Augen. Angst

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