Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
Vom Netzwerk:
hatte dem herbeigeeilten Pferdeknecht von der Ankunft des Herrn berichtet. Der Mann riss den Schlag der Kutsche auf und arretierte einen herausklappbaren Tritt, kaum dass der Wagen zum Stehen gekommen war. Als Erster kletterte der Leibdiener heraus, um seinem Herrn beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Der Graf spürte bei der ersten Bewegung jeden Knochen im Leibe. Er unterdrückte ein Aufstöhnen. Die Blöße, Gebrechen des Alters vor seinen Bediensteten einzugestehen, wollte er sich nicht geben. Die ersten Schritte absolvierte er zwar noch etwas steif, aber an der Treppe fühlte er sich besser. Huldvoll nickte er den Leuten zu, die ihn mit unterwürfigen Gesten willkommen hießen.
    Elisabeth hatte sofort mitbekommen, was da draußen vor sich ging. Schnell rief sie das Hauspersonal zusammen und befahl die Aufstellung der Dienerschaft in der Halle. Niemand wagte es, ihren anmaßenden Befehlen zu widersprechen. Wenn der Verwalter nicht im Hause war, führte die Köchin das Regiment.
     
    Stein und Franz hatten ihren Rundgang durch den Kuhstall gerade beendet und waren auf den lichtüberfluteten Hof hinausgetreten, als ein Gespann an den Wirtschaftsgebäuden vorbeigefahren war. Die beiden Männer hatten sich mit einem kurzen Blick verständigt.
    „Das wird wohl mein Herr Vater sein“, stellte Franz trocken fest. Äußerlich zeigte er sich gelassen. Aber mit der betonten Lässigkeit versuchte er nur, seine Aufregung zu überspielen. Er hatte seinen Vater lange nicht gesehen. Zudem war beim letzten Familientreffen das Vater-Sohn-Verhältnis angespannt gewesen – so jedenfalls hatte es der Sohn empfunden. Franz gestand sich auch ein, neugierig zu sein, weshalb sein Vater ihn ausgerechnet hierher bestellt habe. Doch ein Gefühl beherrschte ihn: seine aufrichtige Freude über das bevorstehende Wiedersehen.
    Auch Stein war aufgeregt, sein innerer Aufruhr rührte jedoch daher, dem Grafen bittere Wahrheiten offerieren zu müssen.
    Fast gleichzeitig beschleunigten die Männer ihre Schritte.
    Sie kamen in der Halle an, als der Graf das Defilee an den aufgereihten Dienstboten beendet hatte. Die Halle des Herrenhauses war durchaus großzügig geschnitten, aber wegen der Anwesenheit so vieler Menschen wirkte der Raum mit einem Male beengt. Franz sah auf den Rücken des Vaters. Ihn überkam ein plötzlicher Impuls, auf ihn zuzugehen und ihn in die Arme zu schließen. Die förmliche Atmosphäre und die Gegenwart der vielen Dienstboten hielten ihn jedoch zurück.
    Stein bahnte sich resolut einen Weg durch das Gedränge und begrüßte den Grafen. Er hatte sogar eine kleine Willkommensrede parat.
    Franz war verblüfft, doch dann erinnerte er sich, Stein habe Zeit gehabt, etwas einzustudieren. Dennoch zollte er dem Verwalter anerkennenden Beifall wie alle anderen auch.
    Der Graf sah sich suchend um. Franz trat unwillkürlich einen Schritt vor. Der Gesichtsausdruck seines Vaters zeigte plötzlich freudiges Erkennen. Franz und der Graf eilten aufeinander zu und schüttelten sich herzlich die Hände. Mehr ließen beide vor Publikum nicht zu.
    Stein räumte inzwischen mit diversen Anweisungen die Halle und geleitete seine Herrschaft in den Salon. Dann ließ er Vater und Sohn mit der Entschuldigung allein, in der Küche nach dem Rechten sehen zu müssen. Franz hörte die Tür hinter ihm ins Schloss fallen. Beide wussten, in der Küche stehe dank Elisabeths Regiment alles zum Besten. Sie waren dem Verwalter für den ungestörten Moment des Wiedersehens dankbar.
    Vater und Sohn fielen sich in die Arme, Franz spürte den wohltuenden Druck väterlicher Hände auf seinem Rücken. Dann fasste der Vater ihn bei den Schultern und schob ihn ein Stück von sich weg.
    „Mein Gott, Franz, du siehst prächtig aus. Ein richtiger Mann ist aus dir geworden. Ich freue mich so, dich zu sehen.“ Dabei schüttelte er seinen Sohn liebevoll.
    Franz hatte schon in der Halle die schlohweißen Haare seines Vaters bemerkt und forschte nun im Gesicht des älter gewordenen Mannes. Zu seiner Erleichterung stellte er keine Anzeichen körperlicher Gebrechen fest, außerdem zeugte seines Vaters aufrechte Haltung von Vitalität und Gesundheit.
    „Und ich freue mich, dich bei bester Gesundheit anzutreffen, Vater! Wie geht es Johann und Johanna?“ Franz lächelte. Wie erschrak er, als sein Vater sich plötzlich auf ihn stützte. Franz griff nach dem Halt suchenden Arm und führte seinen Vater zu einer Sitzgruppe. Besorgt sah er auf ihn hinunter.
    Der Graf ließ sich auf

Weitere Kostenlose Bücher