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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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Thika gab es Villen von Indern, protzige
Kästen, die Vorderseite zur Schau verputzt mit Veranden, die indische Ornamente
zierten.
    Unterwegs erzählte er ihnen von dem Dorf, den Kikuyu: „Es
gibt viele thahu. Das ist ein Fluch, der über der shamba und den watu liegt.
Dann gehen sie zum Mondomogo, geben ihm ein paar Ziegen, einen Widder und der
beseitigt den Fluch und alles ist in bester Ordnung.“
    „Wie erkennt man denn ein thahu?“
    „Oh, da gibt es viele verschiedene Anzeichen. Zum
Beispiel, wenn Hyänendung vor der shamba liegt, wenn Geschirr kaputt geht, ein
Geier seinen Schatten auf die shamba wirft und so weiter. Sie haben
schreckliche Angst vor einem thahu, da der den Tod herbeiführen kann, eine
Rinderpest oder die Heuschreckenplage anschleppt.“
    „Wie kommt man zu einem thahu?“
    „Das ist unterschiedlich. Zum Beispiel könnte es ein thahu
sein, wenn ich jemanden eine herunterhauen würde. Ich bin ein Fremder, kein
Beschneidungsbruder, also löse ich damit ein thahu aus, was wiederum demjenigen
noch mehr Unheil bringt, dem ich eine gegeben habe. Das kann sogar dessen
gesamte Familie umfassen. Oder wie ich bereits am Anfang sagte, durch die
anderen Dinge. Ein thahu kann eine Frau auslösen, die Muttermilch auf den Boden
tropfen lässt, aber das jetzt alles aufzuzählen, würde Stunden dauern. Ich habe
in den Jahren festgestellt, dass mitunter etwas Wahres daran ist. Vielleicht
passieren die dann folgenden Unglücke aber nur aus ihrer Angst heraus. Ich weiß
es nicht, habe gelernt, diese Ansichten und Vorgehensweisen zu achten. Auf der
anderen Seite ist es zum Beispiel ein thahu, Fleisch von Wildtieren zu essen.
Karega und Ndemi haben es als Erste gemacht und nichts passierte. Ich habe
Jahre später nachgefragt, da hat man mir gesagt, das lag an mir. Angeblich hat
Ngai dem Mondomogo gesagt, dass das was ich aus meinem anderen Leben mitbringe,
gut ist.“
    Er grinste. „Die Dorfbewohner nennen mich den Kikuyu
nyeupe, was so viel wie weißer Kikuyu bedeutet und ich bin stolz, dass sie mir
diese Bezeichnung geben.“
    „Du magst sie, nicht wahr?“
    „Ndiyo, sehr. Irgendwie haben sie mich immer fair
behandelt. Sie sind wie ein Teil einer Familie für mich geworden. Ich gehöre
irgendwie zu ihrem Leben, und sie zu meinen. Ich finde es schön, abends mit den
Männern am Feuer zu sitzen, genauso wie sie, eine Decke umgewickelt und mit
ihnen zu reden, pombe zu trinken. Ich nehme mir alle drei Monate eine Auszeit
von wenigen Tagen und fahre mit beiden Freunden auf Safari. Wir sitzen und
können uns den ganzen Tag die Tiere anschauen. Wir kochen über dem Feuer etwas
zu essen, Kaffee, reden. Die Frauen backen für mich Brot, haben die ersten Jahre
meine Sachen gewaschen und so vieles mehr.“
    Die Neuankömmlinge hörten aus jedem Wort, dass er diese
Menschen wirklich mochte, sich ihnen zugehörig fühlte. Mary fragte sich, ob sie
in diese Gemeinschaft, die sehr eng zu sein schien, überhaupt jemals Zugang
finden würde.
     
    Er hielt diesmal vor dem Outspan Hotel, wo sie
wahrscheinlich zu Mittag aßen, wie Mary vermutete. Ein lang gestrecktes, weißes
Gebäude, das sie von außen nicht besonders schön fand. Nur die umliegende
Vegetation fand sie berauschend und irgendwie duftete es hier süßlich,
fremdartig.
    Sie saßen draußen auf einer offenen, wunderschönen Veranda
mit Chippendales Stühlen und Tischen auf denen weißes Leinen lag, was fast
schon den Augen wehtat, so sehr blendete sie das Weiß. Alles war von Palmen und
einem sehr gepflegten Rasen umgeben. Schöne, in verschiedenen Farben leuchtende
Blumen umsäumten in großer Vielzahl die Veranda und der leicht süßliche Geruch
drang zu ihr und sie war so richtig glücklich, hier zu sein. Sie blickte die
Blumen an und sagte sich, wenn er mich behält, dann möchte ich so eine
Farbenpracht im Garten haben. Ob diese Kikuyu etwas von Gartenarbeit
verstanden? Wenn nicht muss ich ihnen genaue Anweisungen geben, damit sie das
alles lernen. Sie hatte in Great Britain einen wunderschönen Garten gesehen, wo
man die Blumen in so Rondellen angepflanzt hatte und das hatte ihr sehr gut
gefallen. Ob man hier diese Pflanzen alle bekam? Wenn nicht, musste sie ihrer
Mummy schreiben, damit sie welche schickte.
    „Heute werdet ihr etwas Ungewöhnliches essen. Lasst euch
überraschen.“
    „Du bist ein richtiger Gentleman“, erwiderte Theresa
lächelnd.
    „Da irrst du dich gewaltig. Bin ich nicht, möchte es nicht
sein. Pure Höflichkeit gegenüber Mary.

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