Weisse Haut - Schwarze Haut
Männer dort haben erzählt. Ich habe das aus dem Munde
von Jomo Kenyatta gehört, als er in einer Schule sprach. Jomo Kenyatta ist
schlauer, als wir alle zusammen, den er hat den Ozean überquert und die Schule
der weißen Männer dort besucht. Er kennt die wazungu genau.
Kein Kikuyu darf Land verkaufen, ohne die Zustimmung der
Sippe.
Ein anderer sagte darauf: Es war doch unbenutztes Land und
wir haben Ziegen dafür bekommen.
Der antwortet: Das ist alles nur Geschwätz der wazungu.
Der weiße Mann hat hospitali gebaut und der Daktari heilt
uns.
Das ist das dumme Geschwätz eines dummen Mannes. Was hast
du davon, dass es einen Daktari gibt? Was hast du davon, dass du Englisch
kannst? Was hast du von deinem Schulbesuch?
Sie haben uns Versprechungen gemacht, alles nur, damit wir
blind werden. Sie gaben uns ein paar shilingi, damit wir dafür pombe kaufen
konnten. Wir hatten keine mashamba mehr, keine Frauen, kein Vieh. Sie haben
unser Vertrauen, unser Gutgläubigkeit ausgenutzt, um unser nchi zu stehlen.
Darauf sollen wir wie die Frauen arbeiten und werden dafür noch geschlagen.
Wir, die wir einst njamas waren. Jomo Kenyatta hat das gesagt. Er ist ein
großer Mann. Er hat sich eine weiße Frau gekauft, lebt in dem Haus eines weißen
Mannes.“
„Einige junge Männer haben gesprochen. Sie haben
angeprangert, dass wir nicht mit den wazungu gleichberechtigt sind, die sogar
unsere Frauen in ihre Betten holen und die damit zu prostitute machen. Sie
haben erzählt, dass wir von den Mabwana geschlagen werden und keine pesa für
Arbeit bekommen.“
„Was ja alles irgendwie stimmt“, gab er nach einer Weile
zu, während er abermals zu Karega und Ndemi blickte. Was ging wirklich in Ihren
Köpfen vor?
„Sie haben gefordert, dass wir alle wazungu aus dem nchi
treiben sollen, auch mit Gewalt, wenn sie nicht freiwillig gehen. Einer sagte:
Die wazungu haben uns ihren Gott gebracht, uns Gleichheit versprochen, aber
alles war Lüge. Wir arbeiten nicht gleichberechtigt mit den dummen wazungu. Sie
tun nichts, nehmen uns das nchi und werden damit reich. Den wazungu liegt nicht
unser Wohl am Herzen. Sie geben uns Hungerlöhne. Wir dürfen nicht in ihre
Läden, Hotels, Häuser, außer als Dienstboten. Die wazungu haben uns unsere
Männlichkeit geraubt, genauso wie sie unsere Frauen schänden. Sie wollen uns
verbieten, dass unsere Frauen beschnitten werden, wollen uns unsere
Heilmethoden verbieten. Wir sollen vor ihnen kriechen, wie eine Ameise.“
Eine Weile saßen sie schweigend und er überlegte, was sich
da noch alles zusammenbraute. Jetzt hörte man allerorts von Diebstählen, toten
Tieren. Im Untergrund formieren sich Gruppen, die ihre Mitglieder durch Schwur
und Opfer zu Solidarität verpflichten. Eine Bewegung entstand, die man bald
nicht eindämmen konnte. Angriffe auf europäische Siedler wurden fast tagtäglich
gemeldet. Gerade erst gestern hatte sie berichtet, dass in Eldoret auf einem
Polizeirevier eingebrochen, Waffen und Munition geklaut wurden. Die
Unzufriedenheit über zu langsame politische Veränderungen führte zu diesen
Unruhen. Wann würde Sir Mitchell das begreifen und einlenken? Man konnte nicht
Millionen Menschen unterdrücken und sie unter Kontrolle halten erst recht
nicht.
*
„W omit haben wir den Zorn von Ngai auf uns gezogen.
Er lässt es nicht regnen. Überall herrscht Trockenheit und bald werden die
bösen Geister der Krankheit kommen. Bald wird es keine dawa mehr für uns geben,
wenn Ngai kein Einsehen hat.“
Es war ein heißer Tag und Mary blickte die alte Kinjija
an. Einige Frauen kamen schwitzend vom Feuerholz sammeln zurück. Wie immer
liefen zig Kinder neben ihnen her.
„Memsaab komm, wir müssen noch Kräuter sammeln gehen,
bevor alles vertrocknet ist. Schwere Zeiten stehen uns bevor.“
Sie ging neben der Frau, während Kinjija ihr zeigte,
welche Heilkräuter und Wurzeln sie sammeln wollten.
„Das sind Latanablätter. Damit kann man Blut stillen.
Danach brauchen wir noch Rinde des Dornenbaumes. Die verwende ich immer, wenn
jemand Magenbeschwerden hat. Sie haben einen großen dawa. Es gibt eine Medizin
gegen die Unfruchtbarkeit bei einer Frau. Es gibt eine Medizin, damit der Mann
noch die Kraft hat, bei einer jungen Frau zu liegen.“
Die etwa 50-jährige Frau bückte sich mit der Wendigkeit einer
Jungen, nahm Blätter, Stängel hoch, prüfte sie mit Fingern und durch Riechen,
bevor sie diese in einen großen Korb legte. Mary tat es ihr gleich und Kinjija
nickte
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