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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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entsetzt, wie die Menschen herumliefen. In
zerlumpten Kleidungsstücken, schmutzig, mit nackten Füßen. Manchen bestanden
nur aus Haut und Knochen. Kinder bettelten, Frauen saßen mit schlaffen Brüsten
an der Seite, hielten einen Säugling im Arm, der an der Brust saugte. Das Bild
war ihm peinlich und er schaute schnell mit hochrotem Kopf zur anderen Seite.
Er hatte noch nie eine dermaßen entblößte Frau gesehen, nie von dieser
augenscheinlichen Armut in der Kronkolonie gehört, sondern nur von Reichtum und
wie gut es allen Menschen in diesem Land ginge. Die Häuser sahen schlimmer aus,
als er es von zuhause kannte und die waren alt, grau, schmutzig von dem Ruß
gewesen.
    „Hier kaufen überwiegend die Schwarzen ein“, erklärte ihm
Doug. „Du bekommst da alles, was die Einheimischen herstellen, nebenbei billige
Sachen die Inder anbieten.“
    Bunte Stoffe lagen neben exotischen Früchten, die er nicht
kannte. Übel riechendes Fleisch neben merkwürdigen, dunkelgrauen Latschen. Es
wurde Schmuck aus Draht, Perlen feilgeboten und anstoßend lag Mais, Gemüse.
Fisch neben Holzfiguren. Übe den Waren schwirrten Fliegenschwärme herum. Dicke,
fette, schwarze Fliegen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Es war ein
merkwürdiges Stimmengewirr, Geschrei, ab und zu durchbrochen von einer
Fahrradklingel, lautem Rufen. Männer zogen Karren, forderten Platz, nur die
drei Weißen ließ man passieren, trat sogar respektvoll zur Seite.
    Sie durchquerten ein Labyrinth von Gassen, erreichten
einen breiten Boulevard mit zahlreichen Geschäften. Die Häuser weiß oder
hellgelb getüncht, teils mit verschnörkelten Fassaden, filigran gearbeiteten
Fensterläden. Alles sah sehr hübsch und sauber aus, wirkte freundlich. Solche
Farben sollte man auch bei uns für die Häuser benutzen. Das sieht freundlicher
als grau aus. Besonders die vielen blühenden Büsche gefielen ihm.
    „Das ist die Gegend in der die Weißen, die Araber
einkaufen.“
    Er sah die Auslagen an, taxierte die Menschen, die entlang
spazierten, dabei irgendwie arrogant wirkten. Britische Offiziere,
kerzengerade, in adretter Uniform. So kannte er sie von zu Hause. Männer
jeglichen Alters, oftmals in Khaki gekleidet, teilweise mit zerknitterten
Hosen, ausgebleichten Hemden, dazu trugen sie hohe Stiefel. Frauen in
unförmigen Tweedröcken, selten chic angezogen. Junge Frauen sah man kaum und
wenn, in kleinen Gruppen. Die Haare gelockt in sommerlichen Kleidern, mit
grotesken Hutgebilden auf dem Kopf. Manche trugen Handschuhe und so einen
komischen Schirm mit Rüschen. Sie sahen albern aus, dazu alle so blass, ja fast
krank, als wenn hier keine Sonne scheinen würde.
    „Gehen wir
langsam zurück. Es wird bald dunkel“, lenkte ihn Doug von dem Anblick ab.
    Nochmals schlenderten sie durch Gassen, in denen kleine
und große Hunde kläffend umherrannten, Kinder spielten, Menschen standen, redeten,
sie zum Teil anstarrten. Das werde ich mir in Ruhe ansehen, beschloss er. Zum
ersten Mal hatte er den großen sozialen Kontrast zwischen Weiß und Schwarz
bemerkt und der gefiel ihm nicht. Diese Ansichten behielt er jedoch für sich.
    Es wurde ihr letzter Abend, da die beiden Männer zurück
nach Nairobi mussten. Auf Doug warteten in Embu die Familie und die Arbeit; auf
Robin in Nairobi die Kranken, seine Frau und zwei Kinder.
    Er trank zum ersten Mal Wein, den Robin aus Anlass des
Geburtstages kredenzte. Es schmeckte ihm nicht, aber das sagte er keinem. Das
Zeug war sauer und irgendwie komisch auf der Zunge. Er wollte gerade Robin
nicht verärgern, der es nur gut gemeint hatte.
    Erneut konnte William seine Fragen stellen, dass er eifrig
tat. Doug beantwortete sie mit einer Gemütsruhe, amüsierte sich über ihn, aber
es gefiel ihm sehr. Das zeigte ihm, dass er nicht oberflächlich war. Robin
hingegen schaute den beiden Männern nur schmunzelnd zu.

*
    E s war noch dunkel, als er morgens das Haus
verließ. Die beiden Männer schliefen noch. Er musste fast drei Kilometer zu Fuß
laufen, aber das war in Southampton nicht anders gewesen. Zehn Minuten vor der
Zeit traf er an seinem neuen Arbeitsplatz ein. Stanley Wilder machte ihn mit den
anderen sieben Männern bekannt und zeigte ihm die Lagenhallen, erklärte dabei
den Ablauf.
    Später saß er an einem Schreibtisch und ließ sich alles
erklären, um danach Bestellungen in ein großes Buch einzutragen. So ging sein
erster Arbeitstag zu Ende.
    Abends saß er allein im Wohnzimmer, lauschte der Stimme
aus dem Radio und aß ein Brot,

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