Weisse Haut - Schwarze Haut
größte war. Wiederholt musste er sich tief bücken um, ohne einen Zweig
abzuknicken, folgen zu können. Einmal rutschte er dabei aus, wäre fast hingefallen.
Er fluchte leise vor sich hin.
Es gab keine frische Luft, alles roch stark modrig,
verwest, nach Kot von Tieren, nach verfaulten Pflanzen.
Leises Stimmengemurmel drang zu ihnen und alle blieben
stehen, lauschten. Sie waren angekommen, aber trotzdem noch weit entfernt.
Jetzt wird es ernst, dachte William. Er hatte sich bisher
keine Gedanken darüber gemacht, aber nun überlegte er, ob er überhaupt auf
einen Menschen schießen könnte. Sag dir, entweder er oder du, redete er sich
selbst ein, aber das beklemmende Gefühl blieb.
Einige Minuten standen sie still, keiner bewegte sich. Als
irgendwo lautes Vogelgeträller aufklang, erblickte er seine Freunde, wie sie
heftig mit der panga auf das Gebüsch einhieben, um dann wieder wie erstarrt zu
verharren. Sekunden später war hoch oben, in den Kronen der Bäume wieder Ruhe.
Woher wissen sie bloß so was?
Sie konnten aber bestimmt zehn Schritte vorgehen, trotzdem
konnte man noch nichts erkennen, nur das Gemurmel erschall ein wenig lauter.
Irgendwo knackte es kurz, dann war es fast gespenstisch
ruhig.
Nach Minuten, die allen wie eine Ewigkeit vorkam,
veranstalteten die Vögel erneut ein Spektakel und augenblicklich waren die zwei
Kikuyu abermals mit der panga zugegen. Thomas, der vor ihm war, drehte sich zu
ihm um, grinste.
Sie konnten nochmals ein Stück voranschleichen und jetzt
sah man das Feuer, das hell brannte. Es schimmerte durch die spärlichen Lücken.
Thomas drehte sich nach Weile um, zeige mit der linken
Hand acht. Was wohl die Anzahl der Männer bedeutete, vermutete er. Acht zu
sechs, kein gutes Verhältnis, überlegte er und seine beiden Freunde vorneweg,
ohne Gewehre.
Nein, er drängelte sich an den anderen vorbei, versuchte
trotzdem kein Geräusch zu verursachen und stand dann hinten den beiden. Er
tippte Ndemi und Karega auf die Schulter, deutet hinter sich, zeigte auf das
Gewehr. Die beiden grinsten, schüttelten den Kopf und wiesen auf die panga.
Damned, mit einer panga gegen Gewehre, kapierten sie nicht, dass sie sich damit
in Gefahr brachten?
Ndemi beugte sich an sein Ohr. „Wir schlagen Schneise
breit, dann nebeneinander, besser.“
Er nickte, wartete. Erst Minuten später hörte man von oben
das erneute Geschrei der Viecher und sofort arbeiteten die beiden Männer. Einer
schlug rechts entlang, der andere links und wieder hörten sie auf, ehe aus den
Bäumen Ruhe erklang. Die anderen verteilten sich, jeweils drei in einen Pfad,
Gewehre im Anschlag.
Dieses Spiel machten sie noch dreimal. Nun waren sie
getrennt, verteilt. Marvin in der Mitte. Sie hatten sich hingekauert, beobachteten,
was sich auf dem Plateau tat. Zwei Frauen sah man, die Teig kneteten, acht
Männer saßen herum, rauchten, redeten, die Gewehre stets neben sich.
Dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Einer der Männer
stand auf, kam direkt auf sie zu, trat das Buschwerk ein wenig platt, öffnete
seine zerlumpte Hose, zog diese herunter, hockte sich nieder, um sein Geschäft
zu verrichten und dann sah er sie. Er sprang auf, stieß einen Schrei aus und
versuchte wegzurennen, stolperte über die heruntergelassene Hose. Gleichzeitig
waren die anderen aufgesprungen und schon hagelte es Schüsse. William drückte
den Kopf von Karega, hinunter. „Bleib unten!“
Die Schüsse hörten auf, man nahm nur das Murmeln der
Männer, Knacken von Ästen war, als man Marvins Stimme hört. „Jetzt!“
Irgendwie sprangen alle auf oder in die Hocke, zielten.
„William, links“, Karega und automatisch drehte er sein
Gewehr in diese Richtung und man hörte einen kurzen Schrei, dann knacken,
knistern, etwas fallen. Es ging alles so rasend schnell.
Er bekam einen Schubs, fiel lang in den Morast und konnte
gerade noch sein Gesicht wegdrehen, sah nicht weit entfernt ein paar Beine. Er
riss das Gewehr rum, legte an und schoss, synchron sprang ein Schatten über ihn
hinweg. Alles war so unwirklich. Er handelte, ohne zu denken, nur aus dem
Instinkt heraus, schob neue Patronen hinein und hörte verblüfft, dass Ruhe war.
Er ging langsam auf die Knie, blickte sich um, sah nur Thomas und Roger hocken.
Damned, wo war Karega. Er erhob sich, ignorierte die
Handbewegungen der beiden Männer und versuchte das dichte Grün mit den Augen zu
durchdringen.
„Bwana, du bist leichtsinnig. Nicht wissen, ob alle tot“,
hörte er hinter sich ein
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