Weisse Haut - Schwarze Haut
zu lösen. Durch den
Ausnahmezustand geht es jetzt um das Überleben dieser Bewegung. Die
Massenrepatriierungen der Kikuyu aus den Städten und von den europäischen
Farmen, die Zerstörung der Kommandostruktur der Bewegung, durch die Verhaftung
von Kenyatta und fast zweihundert Führungspersönlichkeiten verschlimmerten es
sich nur.“
„Sie haben den Kerl wirklich weggesperrt?“
„Kenyatta wurde nach der Rede in Nyeri festgenommen. Es
gab eine Sitzung der KAU im Haus von Kirori. Neben Jomo waren noch Jesse
Kariuki, sein Stellvertreter und Anderson Wamuthenya dabei und natürlich
Kirori. Meiner Meinung nach, ein Fehler.
Diese Unterdrückungsmaßnahmen der britischen Regierung
zeigen, dass die nichts begriffen haben, wie tief verwurzelt das ist, wofür die
Kikuyu und andere kämpfen, und dass man mit diesen Maßnahmen den Mau-Mau nur zu
größerem Zulauf und weitverbreiteter Anerkennung verhilft. Für die Schwarzen,
besonders die Kikuyu, ist das eine weitere Demütigung seitens der wazungu. Wenn
sie Kenyatta und Konsorten nun noch anklagen, einsperren, geht es richtig rund.
Marvin wird die nächste Zeit alle Hände voll zu tun haben.“
„Vielleicht solltest du zu ihm nach Nyeri ziehen.“
„Was soll ich denn dort, Mary?“, lachte Theresa ihre
Schwester aus, wurde ernst, als sie den Blick von William gewahrte. „Außerdem
ist er froh, dass ich hier bin, da er das als weniger gefährlich einstuft.“
„Womit er Recht hat. Gerade die Gegend ist ein heißes
Pflaster. Übrigens, Ngina ist letzte Nacht verstorben.“
„Waaass?“
„Ndiyo! Trotz aller dawa hat sie es nicht geschafft. Sie
haben sie den Hyänen überlassen.“
„Das ist ja widerlich.“
„Du wirst es nie kapieren. Das ist ihre Religion, ihre Art
der Beerdigung. Ngina merkt es ja nicht mehr.“
„Wie geht des Ndemi?“
„Eben so. Er zeigt es nicht, aber er hat seine Mutter
ebenso wie Sabiha vergöttert. Ich mochte sie auch. Die Hütte wurde abgerissen,
verbrannt. Mary, lass James die nächsten zwei Tage nicht hinüber, sie brauchen
etwas Ruhe. Ich habe ihm gesagt, dass Mweze bei James schläft.“
„Das wird die njamas freuen.“
„Mary, bitte, rede nicht so. James wächst wie ein Wilder
auf. Er ist kein Kikuyu, sond…“
„Theresa, halt dich heraus. James wächst so auf, wie es
für meinen Sohn am besten ist. Er fühlt sich dabei sehr wohl, ist glücklich und
nur das ist wichtig, nicht dein borniertes Gehabe. Du hast keinerlei Rechte da
mitzureden.“
„William, hat dir Mary erzählt, wie sie mit unserem James
umgeht? Sie brüllt ihn ständig an, sagt ihm, ich wäre böse und er solle …“
„Du schwindelst, wie immer. Er ist mein Sohn, obwohl du
das gern vergessen willst.“
„Erstens hast du ihn zwar geboren, aber er war nie dein
Sohn. Zweitens benimmt sich James sehr gut. Drittens lernt er richtig sprechen,
nämlich die beiden Sprachen, die in seinem Heimatland wichtig sind. Viertens
darf er in dem Alter noch nackt durch die Gegend laufen, weil sich da kein
Mensch daran stört. Nochmals, halte dich aus der Erziehung meines Sohnes heraus
und wage nie, ihm irgendwelche idiotische Vorschriften zu machen.“
„Mary, du kannst jederzeit nach Great Britain reisen, da
du ja Geld von William bekommen hast“, Theresa gehässig.
„Ich will aber nicht nach Hause, sondern bei meinem Sohn,
hier bleiben.“
„Du willst? Sei froh, dass ich das dulde.“
„Das machst du nur, weil deine Ann verstorben ist. Wusste
sie, dass du nebenbei die ach so ordentliche, anmutige, biedere Frau spielende
Theresa ins Bett ziehst? Theresa, du wirst es ihr bestimmt gesagt haben, als du
zwei Tage vorher bei Miss Richards warst, nicht wahr? Oder hat es ihr Ngumo
erzählt, als er sie getötet hat? Er war am Todestag bei dir.“
„Es reicht! Halt deinen Mund, aber du hast Recht. Wenn sie
noch leben würde, wärst du lange weg. Leider habe ich dich damals nicht gleich
nach Mombasa geschickt. Vielleicht würde sie dann noch Leben und ich hätte
heute ein weiteres Kind, wäre mit einer Frau, mit meiner Familie glücklich. Ich
bin nur Theresa dankbar, dass sie sich all die Jahre so liebevoll um James
gekümmert hat.“
„Ich durfte es ja nicht. Wer hat ihn sechs Monate
gestillt, ihn gewickelt und versorgt? Wer hat denn James gesagt, du musst zu
mir Mama sagen und nicht zu dieser Person? Frag unseren Sohn, William? Du weißt
das alles, verbreitest nur Lügen über mich. Warum? Was habe ich dir getan, dass
du so gemein bist?“
„Du lügst dir
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