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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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Immer wird diese Diskussion lebhaft und temperamentvoll geführt – und doch erkennt man, dass die Menschen großen Respekt vor ihren gewählten Dorf- und Distriktchiefs haben. Sie wissen genau, wann ein Projekt für sie wichtig ist. Auch im Falle des Klinik-Projektes für Brodi engagierten sich viele Frauen und auch die Ältesten der umliegenden Dörfer .
    Nachdem Einigkeit darüber herrschte, dass die Menschen von Brodi eine Klinik für ihr Dorf wollten, wurde darüber diskutiert, wo die Klinik entstehen sollte. Der Chief machte den Vorschlag, dafür ein besonderes Stück Land zur Verfügung zu stellen. Und zwar gehört in Brodi ein Teil des Landes dem
Stool
der
Brodi Traditional Area
. Das heißt, es ist an den Status des Chiefs gebunden und gehört quasi der Allgemeinheit und nicht einer Person. Wenn der Chief das Land an jemanden übertragen will, also in diesem Fall an Madamfo Ghana, dann unterzeichnen er und die weiteren Stammeshäuptlinge. Wenn die nicht schreiben können, dann besiegeln sie das Dokument mit einem Daumenabdruck. Nachdem Einigkeit darüber herrschte, dass dies eine gute Idee sei, machten wir uns alle auf den Weg, um das Gelände zu besichtigen und herauszufinden, ob es auch tatsächlich geeignet war. Alle befanden es für gut.
    [Bild vergrößern]
    29. Ortsbesichtigung und Besprechung mit dem Dorfkomitee in Brodi
    Es ist immer hilfreich, wenn etwas Konkretes, Greifbares bei einem solchen Treffen beschlossen wird. Und so verkündete ich vor Ort, dort, wo die Klinik entstehen sollte, unsere Bedingungen: die Mitarbeit der Bevölkerung beim Bau, das eigene Engagement, die Akzeptanz von Victor als Betreuer des Projekts.
    Ein ganzes Krankenhaus, das hatten wir zuvor noch nie gebaut. Es machte mir einen Riesenspaß, das Ganze mit meinen Mitarbeitern nach den Wünschen der Bevölkerung zu konzipieren, mit unseren Plänen zu den Behörden zu gehen, mich auch dort, in jener entfernten Region, durchzufragen und die maßgeblichen Leute kennenzulernen. Denn es genügte ja nicht, einfach ein Bauwerk hinzustellen und dann zu sagen: Hier ist jetzt das Krankenhaus. Das Wichtige, die Seele einer Klinik, ist ja ihre Belegschaft, die Ärzte und Schwestern, die dort die Menschen behandeln. Hier setzt wieder das Prinzip der Public Privat Partnerships an: Wir als NGO erklärten uns bereit, den Bau der Klinik und ihre Ausstattung zu übernehmen, wenn die Ghanaische Regierung sich verpflichtete, das Personal zu stellen und zu bezahlen.
    Und dazu waren die entsprechenden Regierungsstellen auch gerne bereit. Ja, sie waren überglücklich, dass Madamfo Ghana eine solche Klinik bauen wollte, die sonst hier nie entstanden wäre. Es gibt durchaus ausgebildetes Personal in Ghana, und außerdem greift hier auch unser Schulausbildungsprogramm, bei dem wir brillanten, aber finanziell schlecht gestellten Jugendlichen die Ausbildung, zum Beispiel in medizinischen Berufen ermöglichen. Wir haben bis heute sieben Studentinnen bei der Ausbildung zur Krankenschwester oder Hebamme unterstützt, und die werden vom Gesundheitsministerium der Region in unserer Klinik eingesetzt. Wir versuchen immer Menschen aus der Region zu finden, die sich dort heimisch fühlen oder bestenfalls aus Brodi kommen. Denn so ist gewährleistet, dass diese Krankenschwestern, Hebammen und Ärzte auch für längere Zeit in dieser Provinzklinik bleiben.
    So nahm damals der Plan, für Brodi eine Klinik zu bauen, nach und nach Gestalt an. Unsere großzügigen Sponsoren reisten selbst an und sahen sich Brodi und den vorgesehenen Bauplatz an. Ich stellte sie den Chiefs vor, und gemeinsam mit Victor klopften wir die Sache endgültig fest. Und dann ging es los.
    Dieses Projekt war eine echte Herausforderung für Victor als Bauleiter. Ganz Brodi half mit, und es war eine logistische Meisterleistung, die vielen Menschen in effektive Gruppen einzuteilen und die Arbeiten zu überwachen. So bildete Victor sechs Gruppen von je rund fünfzig Einwohnern des Dorfes Brodi. Besonders zu kämpfen hatte Victor, weil gerade während der Bauzeit offenbar jede Menge Todesfälle im engeren und weiteren Familienkreis der Beteiligten eintraten. Und eine Beerdigung, und ist der Grad der Verwandtschaft auch noch so entfernt, bedeutete eine Abwesenheit der Trauergäste von mindestens vier Tagen. Ein anständiges Begräbnis – und eine Trauerfeier ist in Ghana ein wichtigeres Familienfest als etwa eine Hochzeit – dauert in der Regel von Donnerstag bis Sonntag, An- und Abreise nicht

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