Weiße Nebel der Begierde
bisschen.«
Die Männer standen sich eine spannungsgeladene Weile gegenüber.
Immer noch mit dem eisigen Grinsen auf dem Gesicht, wandte sich Maclean zu Eleanor. »Es dauert nur einen Moment, Mädchen.«
Er verschwand durch die Hintertür.
Bleiernes Schweigen lastete zwischen ihnen, während der Viscount Eleanor mit grimmiger Miene musterte.
»Sie wären gut beraten, Miss Harte, wenn Sie einem Schotten nicht derartige Freiheiten gestatten würden, besonders nicht vor den Augen meiner Tochter.«
Eleanor starrte ihn verblüfft an. »Freiheiten? Ich bitte um Verzeihung, Mylord, Mr Maclean hat mir Schuhe angepasst. Ja, er wurde ein wenig zu vertraulich, und in dem Augenblick, in dem Sie eingeschritten sind, wollte ich ihn zurechtweisen.«
»Ein Mann wie Maclean würde Ihrer höflichen Zurechtweisung keinerlei Beachtung schenken.« Er warf einen raschen Blick auf Juliana, bevor er hinzusetzte: »Ich warte draußen.«
Eleanor wusste nicht, wem sie lieber den Kopf zurechtgesetzt hätte - Maclean wegen seiner Anzüglichkeiten oder Lord Dunevin für seine unbegründete Anschuldigung. Er hatte sie behandelt, als ob sie mit diesem schottischen Schuster leichtfertig geflirtet hätte. Noch schlimmer, er hatte angenommen, dass sie nicht allein mit einer solchen
Situation fertig wurde, dass sie verloren gewesen wäre, wenn er nicht erschienen wäre, um sie zu retten.
Sie kämpfte gegen den Drang an, ihm unmissverständlich klarzumachen, dass sie sehr wohl imstande war, selbst auf sich aufzupassen und dass sie die Vorgänge unter Kontrolle gehabt hatte. Es gelang ihr allerdings, ihren Zorn zu unterdrücken und zu lächeln, als sie merkte, dass Juliana sie beobachtete. Sie wartete schweigend auf MacLeans Rückkehr.
Nach einer knappen Viertelstunde tauchte er mit einem Paar lederner Schnürschuhe wieder auf.
Eleanor schlüpfte in einen hinein und zog die ledernen Senkel zu, die über Kreuz in die Löcher neben der Lasche eingefädelt waren. Der Schuh passte ihr haargenau, das weiche Leder schmiegte sich an ihren Fuß. Maclean mochte rüde Manieren haben, aber er verstand etwas von seinem Handwerk.
Als Eleanor ein paar Schritte ging, um den Schuh zu prüfen, entdeckte sie, dass die Naht an den Seiten stellenweise noch fehlte.
Maclean bemerkte offenbar, was sie störte, und erklärte: »Die Seiten bleiben immer ein bisschen offen, damit das Wasser abfließen kann - es würde sonst im Schuh herumschwappen, wenn es regnet.«
Solche Schuhe hatte sie noch nie im Leben getragen, aber sicherlich konnte sie sich rasch an das weiche Leder gewöhnen. Sie mochte sie schon jetzt.
»Danke, Mr Maclean. Sie sind sehr hübsch. Ich danke Ihnen besonders, weil Sie sie so schnell angefertigt haben. Was bin ich Ihnen schuldig, Sir?«
Er kehrte ihr den Rücken zu, um seine Werkzeuge wegzuräumen. »Drei Shillinge. Sie sind ziemlich rasch ausgetreten, deshalb mache ich Ihnen noch ein Paar für denselben Preis und gebe sie MacNeill mit, wenn er das nächste Mal übersetzt.«
Als Eleanor die Münzen auf den Arbeitstisch legte, drehte sich Maclean zu ihr um. Das höhnische Grinsen und der spöttische Blick waren wie weggewischt. Sein Gesicht wirkte plötzlich ganz ernst.
»Seien Sie vorsichtig auf dieser Insel, Mädchen. Es ist ein düsterer, gottverlassener Ort. Falls Sie jemals in Gefahr geraten, denken Sie an Uamh nan Fhalachasan, >die geheime Höhle<. Fragen Sie Mairi, wo Sie sie finden. Es gibt da eine Kammer ganz hinten, von der nicht einmal er etwas weiß. Behalten Sie das für sich, Mädchen, und reden Sie mit niemandem darüber. Machen Sie nicht denselben Fehler wie Lady Georgiana.«
Sein Blick war so eindringlich, dass Eleanor nur ein Nicken zustande brachte und sich nervös abwandte, um Juliana zu rufen.
Als sie zur Tür gingen, kam Eleanor der Gedanke, dass die Konfrontation zwischen Maclean und Lord Dunevin vielleicht gar nichts mit ihr zu tun gehabt hatte, sondern viel eher mit früheren Ereignissen, die, wie sie argwöhnte, mit der verstorbenen Viscountess in Zusammenhang standen.
Sie war überrascht, dass Lord Dunevin tatsächlich vor dem Cottage wartete.
»Passen die Schuhe?«
Er schien die unerfreulichen Vorgänge von vorhin bereits vergessen zu haben.
»Ja, in der Tat, Mylord. Sie sind sehr bequem.«
»Gut. Ich begleite Sie zum Pier.« Er ging voran über den schlammigen Weg, der vom Cottage zur Straße führte.
»Oh, danke, Mylord, aber Juliana und ich haben unseren Rundgang noch nicht beendet. Uns bleibt noch
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