Weiße Nebel der Begierde
mehr angestimmt wurde. Ihr Lächeln strahlte heller als der Vollmond ...
»Ich weiß, was Sie denken, Laird.«
Gabriel wurde jäh aus seinen Grübeleien gerissen, und sah Donald MacNeill an, der plötzlich neben ihm stand. Er zog eine Augenbraue hoch. »Sie können neuerdings Gedanken lesen, MacNeill?«
Der Mann durchschaute mit einem Blick den schwachen Versuch, Distanz zu schaffen. »Kennen wir uns nicht, seit wir Jungs waren, Laird?«
»Doch.«
»Habe ich nicht in Corunna an Ihrer Seite gegen den Teufel Napoleon gekämpft?«
»Doch.«
»Dann kann ich, glaube ich, wirklich sagen, dass ich weiß, was Sie denken.«
Nur wenige würden es wagen, so offen mit Gabriel zu sprechen, genauso wenige kannten den wahren Gabriel, den wirklichen MacFeagh und nicht den legendären finsteren Lord of Dunevin, von dem die Leute vom Festland Geschichten erzählten, um ihre Kinder zu erschrecken.
MacNeill schwieg einen Moment, dann setzte er hinzu: »Wenn mein Donald zehn Jahre älter wäre, hätten Sie einen verbissenen Rivalen. Ich glaube, der Junge ist ganz betört von ihr.«
Gabriel wandte MacNeill sein ernstes Gesicht zu. »Und er wäre ein besserer Mann für sie.«
Donald schüttelte den Kopf und kratzte sich die grauen Haare unter der blauen Mütze. »Wie kann ein so wohlhabender Mann wie Sie nur so verdammt dumm sein?«
»Diese Frage stelle ich mir auch die ganze Zeit. Man sollte meinen, ich wäre klüger geworden. Ich dachte, ich hätte aus der Erfahrung mit Georgiana gelernt. Ich habe zugelassen, dass sie mir nahe kommt, und sie musste deswegen leiden. Ich darf denselben Fehler mit diesem Mädchen nicht noch einmal machen.«
Egal, wie sehr sie meine Seele berührt...
»Das meine ich nicht und Sie wissen das ganz genau.« MacNeill wurde ärgerlich. »Dieser alte Hexenfluch hat nur Macht über Sie, weil Sie ihm diese Macht geben.« Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Hier drin geben Sie ihm die Macht, Ihr Leben zu beherrschen. Sie kämpfen jeden Tag im Geiste gegen diesen Fluch. Sie sind besessen davon.« Er legte die flache Hand an sein Wollhemd. »Aber hier, in Ihrem Herzen müssen Sie diesen Fluch endlich begraben, Laird. Ver-bannen Sie ihn und leben Sie Ihr Leben, bevor Sie ein verbitterter alter Mann werden und allein sterben wie ...«
»Wie mein Vater.«
MacFeagh starrte ihn an. Er fürchtete, zu weit gegangen zu sein und ein Thema angeschnitten zu haben, das Gabriel große Qualen bereitete.
Der große Alexander MacFeagh war etwas gewesen, was man ein medizinisches Wunder nennen könnte - er hat sich bewegt, geredet und geatmet, obwohl er kein Herz gehabt hatte. Auf diese Art hatte er das bemerkenswert hohe Alter von neunundsiebzig erreicht.
Gabriel war schon vier Jahre alt gewesen, als er seinen Vater zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte. Sein schwarzes Haar und sein grimmiger Blick hatte den Jungen sofort wieder in die schützenden Arme seiner Mutter getrieben.
»Du hast den Jungen verhätschelt, Frau. Sieh ihn dir an! Ich hätte ihn nie deiner Obhut überlassen dürfen. Ich hätte ihn erziehen sollen wie unseren Malcolm, damit er ein Mann wird, der den Namen MacFeagh verdient. Du könntest ihm genauso gut Mädchenkleider anziehen und Schleifen ins Haar binden.«
Sein Vater und sein Bruder hatten ihn mit einem angewiderten Blick bedacht und sich von dem kleinen Gabriel abgewandt. Ihr höhnisches Gelächter hallte im Schlosshof wider.
Nach drei Jahren sah er seinen Vater wieder, der sich nun nicht mehr mit Abscheu von ihm abwandte, denn sein Sohn Malcolm war zum Mann herangewachsen und ebenso grob und herzlos wie er selbst geworden. Alexander brauchte keinen zweiten Sohn.
Gabriel betrachtete die ausgelassenen Tänzer, während er über Donalds Worte nachdachte. Die meiste Zeit seines Lebens war er von Menschen umgeben gewesen, die ihn entweder fürchteten, verachteten oder verhöhnten. Seine Mutter war kurz nach seinem siebten Geburtstag gestorben und danach wurde er auf verschiedenen Internaten erzogen. Niemand hatte sich seither getraut, an ihn zu glauben.
Niemand außer Eleanor.
Seit sie in sein Leben getreten war, fragte er sich, wie es wohl wäre, mit jemandem gemeinsam auf dieser Insel zu leben, jemanden zu haben, der sich wie er um die Menschen sorgte. Er stellte sich vor, diese Frau, die nicht zusammenzuckte, wenn er sie berührte, und die seinen Puls mit einem einzigen Blick aus ihren grünen Augen zum Rasen bringen konnte, an seiner Seite zu haben. Wie leicht es sein
Weitere Kostenlose Bücher