Weiße Stille
… oder was auch immer. Bleibt ihr in der nächsten Runde dabei?«
»Ich nehme einen anderen«, sagte Cliff.
»Halleluja«, sagte Ren. »Larry King.«
»Ich nehme jetzt Dudley Moore.«
»Wen?«, fragte Robbie.
»Ist das dein Ernst?«, fragte Ren.
»Ja.«
»Cliff, du bist das Gegenteil von einem Wettprofi«, sagte Ren. »Du setzt ja nicht einmal auf ’nen Außenseiter. Einer wie du setzt auf ein Pferd aus einer anderen Galaxie, in der es keine Wetten gibt.«
Ren setzte sich vor ihren Computer und überprüfte das Kfz-Kennzeichen, das Margaret Shaw ihr gegeben hatte. Die Halterin des Wagens hieß Caroline Quaintance, siebenundzwanzig Jahre alt, Röntgenologin, wohnhaft in Silt. Ren nahm ihre Tasche und ihre Jacke und verließ das Büro. Draußen stand Ollie Haggart, der Anwalt, rauchend auf der Veranda und trat mit dem Fuß gegen einen Eiszapfen.
»Hallo, Mr. Haggart.« Ren hatte keine Chance, dem Mann aus dem Weg zu gehen.
»Guten Tag«, sagte er und schaute sie erwartungsvoll an.
Ren starrte auf die Stufen. »Keine Angst. Ich habe nicht vor, heute schon wieder auszurutschen.«
»Also keine Körperflüssigkeit auf Ihren Stiefeln heute Morgen?«
»Nein.« Ren lächelte. »Tut mir leid, aber bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit, einen Blick in die Akte zu werfen. Sie verstehen das sicher. Die Ermittlungen …«
Er nickte. »Ich weiß. Ich muss ständig daran denken.«Silt lag westlich von Breckenridge, zwei Autostunden entfernt. In einem riesigen Staat wie Colorado zu arbeiten bedeutete lange Stunden hinter dem Steuer. »Werfen Sie mal einen Blick auf die Karte«, sagte Ren stets zu den Agenten an der Ostküste, wenn diese sie baten, einer Spur in Colorado zu folgen und dabei der Meinung waren, das sei eine Sache von wenigen Stunden.
Ren parkte vor einem hellgrünen, mit Stuck verzierten Haus in einer ruhigen Straße in einem gepflegten Viertel. Sie klingelte an der Haustür, doch bis Caroline Quaintance öffnete, war Ren bereits auf dem Rückweg zu ihrem Wagen.
Als sie hörte, dass die Tür geöffnet wurde, drehte sie sich um.
»Oh … hallo.«
Ren stand einer großen, dünnen Frau mit hellbraunem, schulterlangem Haar gegenüber. Sie trug eine braune Hose, braune Wanderstiefel und eine marineblaue Fliesjacke.
»Was wollen Sie?«, fragte die Frau misstrauisch.
»Sind Sie Caroline Quaintance?«
»Ja.«
Ren ging auf die Frau zu und zeigte ihren FBI-Ausweis vor. »Mein Name ist Ren Bryce, FBI. Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen über Jean Transom stellen.«
»Oh.«
»Darf ich hereinkommen?«
»Ja, sicher.«
Caroline ging Ren voraus ins Wohnzimmer. Es war ein gemütlicher Raum – ein Sofa mit einer Decke mit Indianermotiven, ein ramponierter Stuhl, ein kleiner Fernseher, eine Gitarre, eine Truhe. Obwohl das Sofa viel bequemer aussah, setzte Ren sich auf den Stuhl.
»Woher kannten Sie Jean Transom?«, fragte Ren.
»Wir haben in demselben Tierheim in Rifle gearbeitet. ›Ein Herz für Tiere.‹«
»Wann haben Sie Jean kennen gelernt?«
»Sie hat vor ungefähr einem Jahr als ehrenamtlicheMitarbeiterin dort angefangen. Zu der Zeit war ich schon ein Jahr dabei. Seitdem waren wir befreundet.«
»Wie oft haben Sie sich gesehen?«
»Ungefähr alle zwei Wochen. Immer am Wochenende im Tierheim.«
»Haben Sie Jean auch zu Hause besucht?«
Caroline zögerte kurz. »Ja.«
»Wie oft?«
»Vielleicht einmal im Monat.«
»Wann haben Sie von ihrem Tod erfahren?«
»Vor ein paar Tagen.«
»Und gestern Abend waren Sie bei ihr zu Hause, weil Sie …«
Caroline starrte sie an. »Gestern Abend? Ich …«
Ren nickte. »Keine Sorge. Ich möchte nur wissen, warum Sie bei ihr waren.«
Caroline öffnete den Mund, zögerte aber ein paar Sekunden, ehe sie sprach. »Das hört sich jetzt sicher blöd an …«
»Sagen Sie es ruhig.«
»Jean hatte eine Katze, McGraw, an der sie sehr hing.«
Ren nickte. »Ich weiß.«
»Tatsächlich?« Caroline lächelte. »Nun, ich bin zu Jeans Haus gefahren, um nachzusehen, ob mit McGraw alles in Ordnung ist. Falls kein Angehöriger die Katze abgeholt hatte, wollte ich sie mit nach Hause nehmen oder ins Tierheim bringen, damit sich jemand um sie kümmert. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass ich mit Tieren besser auskomme als mit Menschen. Ich war nicht im Haus … Ich meine, wie sollte ich auch hineinkommen?«
Ren nickte. »Klar.«
»Bekomme ich jetzt Ärger?«, fragte Caroline.
Ren lachte. »Wieso? Weil Sie eine Katze gesucht haben? Wir haben viel zu viel
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