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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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werden.« Margret war unfähig, darauf etwas zu erwidern. Ihr Mund war vor Staunen leicht geöffnet, als sie ihn betrachtete, wie ein seltsames fremdes Tier, das sie noch nie gesehen hatte. Was das Tollste war, er sprach vollkommen im Ernst. Keine Spur von Ironie in seiner Stimme.
    War das der Mann, mit dem sie immerhin seit zwanzig Jahren verheiratet war? Der Mann, den sie glaubte in- und auswendig zu kennen? Groß und hager stand er vor ihr, der sorgenvolle Ausdruck seines Gesichts galt weniger seiner eigenen gefährdeten Existenz – er galt dem Wohlbefinden der Sowjet-Union.
    Fergus blickte sie an. »Von deinem Standpunkt aus gesehen, sieht es natürlich anders aus. Für dich heißt es: der Russe oder ich. Du sagtest mir ja gestern, daß du dich für mich entschieden hast. Also überlasse alles mir, ich mache das schon.
    Danken wir Gott, daß wir die Warnung rechtzeitig erhalten haben. Ich gehe jetzt ins Büro zurück und werde so bald wie möglich mit dem Botschafter sprechen. Wenn Paterson bei ihm war, weiß er vielleicht mehr. Also mach dir keine Sorgen.«
    Sie brachte immer noch kein Wort heraus, aber sie zweifelte langsam an ihrem eigenen Verstand. Sie stand da und starrte auf die Tür, als er längst das Zimmer verlassen hatte. Auf dem Tischchen vor dem Kamin stand das halbgefüllte Glas mit Sherry. – Vor ihren Augen drehte sich plötzlich alles, eine Welle von Übelkeit stieg in ihr auf. Sie schwankte ins Badezimmer und übergab sich.
    »Ich kann's nicht glauben«, sagte Judith, »nein, ich glaube nicht daran, daß wir morgen abend fort sein werden.«
    Sverdlov hatte den Arm um sie gelegt und blickte sie zärtlich an. »Doch«, sagte er, »du wirst es sehen.«
    Spät am Abend hatte er angerufen und gefragt, ob sie Lust habe, mit ihm auszugehen. In einem Night-Club oder irgend so etwas.
    Judith hatte entschieden abgelehnt – in einem Night-Club, was für eine Idee. Sie war von Angst und Sorgen zermürbt und fühlte sich total erledigt. Den ganzen Abend war sie ratlos von einem Zimmer ins andere gegangen, sie war allein, Nancy war bereits zum Wochenende weggefahren.
    Als er anrief, war sie froh, seine Stimme zu hören. Und ärgerlich, daß diese Stimme so fröhlich und unbeschwert klang. Er könne auf einen Drink zu ihr kommen, ließ sie ihn wissen.
    Doch als er dann kam, verschwand ihr Ärger. Seine fröhliche Stimme am Telefon war Täuschung. Er sah nicht weniger erschöpft und müde aus als sie.
    »Was für ein Unsinn!« sagte sie. »In einen Night-Club! Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen. Komm, setz dich.«
    »Ich wußte nicht, daß ich zu dir kommen darf«, sagte er. »Ich wollte dich nur sehen. Natürlich ist es hier bei dir besser.« Er nahm ihr Gesicht in die Hände und küßte sie sanft auf den Mund.
    Sie machte ihm etwas zu essen zurecht und kochte Kaffee. Und dann saßen sie nebeneinander auf dem Sofa.
    »Es ist schön bei dir«, sagte er. »Und du kochst so einen guten Kaffee. Wir sind beide müde. Es tut mir so leid, daß ich dir so viel Sorgen mache.«
    »Das macht nichts«, sagte Judith.
    Sie war glücklich, daß er bei ihr war. Sie war glücklich, daß er neben ihr saß, lebendig und gesund, wenn auch müde, daß er seinen Arm um sie legte, daß sie ihn spürte.
    »Ich wünschte nur, die nächsten zwei Tage wären schon vorüber. Ich möchte nur dieses Flugzeug starten sehen, das dich nach England bringt.«
    »Wirst du mich vermissen?«
    »Ja. Ja, ich werde dich vermissen. Aber das ist wirklich nicht wichtig. Wichtig ist nur, daß du heil und sicher von hier wegkommst und genauso heil und sicher nach London. Feodor, bist du immer noch der Meinung, daß es so richtig ist, wie wir es machen?«
    »Doch. Es ist die beste Möglichkeit. Glaube es mir. Und es ist die am wenigsten gefährliche Möglichkeit. Wenn es ein ernsthaftes Risiko wäre, würde ich dich nicht mitnehmen. Und ich denke, daß Loder es gut machen wird.«
    »Das wird er. Und er hat alles in die Wege geleitet. Er ist ein grässlicher Kerl, aber ich glaube, er ist sehr tüchtig in seinem Beruf.«
    Sverdlov blickte ihr in die Augen. »Verachtest du mich, wegen dem, was ich tue? Denkst du, ich bin ein Verräter und ein Feigling? Es entspricht sicher nicht altenglischem Rittertum, einfach wegzulaufen, nicht?«
    Sie entzog sich ärgerlich seiner Umarmung. »Gut, wenn dir so zumute ist, dann scher dich nach Hause und lass dich erschießen. Oh, du machst mich wahnsinnig, so einen Unsinn zu reden, nach all der

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