Weißer Mond von Barbados
wie sie wollte. Keiner wußte es, nur er. Denn sie ließ selten eine Gelegenheit vorübergehen, ihn zu demütigen. Aber wichtiger als ihr Hass war ihr seine Karriere. Sie wollte für ihn einen der großen Botschafterposten. Oder besser gesagt, sie wollte es für sich.
»Es ist halb acht«, sagte sie. »Unsere Gäste werden gleich kommen. Ich gehe hinunter. Wenn du partout willst, dann geh zu diesem miesen kleinen Bluthund. Aber denke vorher noch einmal darüber nach.«
Er ließ sie allein hinuntergehen und die Gäste begrüßen. Wenn er Loder darauf aufmerksam machte, daß einer seiner Leute plauderte, warum müßte dadurch unbedingt Margret kompromittiert werden? … Wer könnte es sein? Sie bevorzugte junge Liebhaber. Nicht zu jung, aber jedenfalls jünger als sie selbst. Es mußte einer sein, der Bescheid wußte über die tägliche Kleinarbeit des Secret Service. Mehr noch – es mußte einer von Loders Leuten sein. Es war seine Aufgabe festzustellen, wer es war; es war zu gefährlich, das auf sich beruhen zu lassen. Erst gestern hatte er mit Loder eine Besprechung beim Botschafter persönlich gehabt.
Der Bericht der Polizei von Barbados über Sverdlov war eingetroffen. Der Russe hatte auf der Insel nur einen einzigen Kontakt aufgenommen, eine Frau, die er im Hotel kennen gelernt hatte. Loder hatte ihnen alle Details vorgelesen. Über die Frau waren inzwischen alle Informationen eingeholt worden. Es war Mrs. Judith Farrow, wohnhaft in New York, britische Staatsangehörige, persönliche Mitarbeiterin von Sam Nielson, UN.
Das war ein dicker Hund. Fergus ertappte sich dabei, daß er Loders gräßliche Slang-Ausdrücke gebrauchte. Insofern hatte Margret nicht unrecht, dieser Loder war wirklich ein unmöglicher Mensch, er kannte Flüche in mehreren Sprachen und drückte sich gelegentlich im übelsten Soldatenjargon aus.
Sam Nielson war eine internationale Persönlichkeit. Wenn seine Sekretärin Kontakt mit Sverdlov hatte, dann war das eine Sicherheitsgefährdung erster Klasse. Buckley und der gesamte CIA rochen Blut.
Loder hatte ihnen erklärt, daß es sein Bestreben sei, den CIA daran zu hindern, eigene Erkundigungen über Mrs. Farrow einzuziehen. Natürlich aber mußte er seinerseits den CIA ausreichend mit Material versorgen. Was der CIA bis jetzt nicht wußte und auf keinen Fall erfahren durfte, war die Tatsache, daß Mrs. Farrow gleichzeitig die Geliebte des britischen Militärattachés war. Damit würde sich die gesamte Britische Botschaft bei den Amerikanern verdächtig machen … Es war schon eine verdammte Sache. Darum nahm auch Fergus das Geheimnis so wichtig, das der Liebhaber seiner Frau ihr verraten hatte. Die Gefahr, daß es weitersickerte, war gegeben.
Er ging hinunter in sein Arbeitszimmer und machte sich eine Notiz, rot unterstrichen: ›Loder treffen‹. Dann erst ging er zu seinen Gästen.
Der Rückflug nach New York dauerte vier Stunden. Judith hatte für die Vormittagsmaschine gebucht, und Sverdlov bestand darauf, sie zum Flugplatz zu begleiten. Er selbst flog mit einer späteren Maschine. Offenbar wollte er es vermeiden, mit ihr zusammen zu reisen; Judith fragte nicht, warum … Möglicherweise würde er am Kennedy-Flugplatz erwartet werden und wollte eine peinliche Situation vermeiden.
Die letzten Tage ihrer Ferien waren wunderschön gewesen. Sverdlov war charmant und amüsant, unterhielt sie auf das beste, machte jedoch nicht mehr den Versuch, mit ihr zu schlafen. Aber er ließ keine Gelegenheit vorübergehen, Richard Paterson madig zu machen, und er verfügte über ein unerschöpfliches Repertoire, um das, was sie ihre große Liebe genannt hatte, mit Spott und Hohn zu übergießen. Manchmal war Judith wütend, aber es endete meist damit, daß sie lachen mußte.
Am letzten Abend hatten sie ein exquisites Abschiedsdinner in einem erstklassigen, wenn auch sündteuren Hotel oben auf den Hügeln. Von dort hatte man einen herrlichen Blick auf das Meer.
Sie waren zeitig da, nahmen ihre Drinks im Patio und beobachteten einen jungen Kellner, der sich eifrig, aber ergebnislos bemühte, die Windlichter, die zwischen Palmen und Büschen hingen, anzuzünden.
»Der arme Junge«, sagte Judith, »sieh mal, das war sein letztes Streichholz. Du solltest ihm zeigen, wie man so was macht.«
Feodor ging mit seinen geschmeidigen katzenhaften Schritten quer über den Patio zu dem jungen Mann, und wenige Minuten darauf war der Platz eingerahmt von flackernden Lichtern. Der junge Kellner sah mit
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