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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Zigarette anzuzünden. »Das ist vorbei, Sie brauchen mich deswegen nicht zu bedrohen. Das war ja gerade der Grund, warum ich nach Barbados ging. Ich wollte fort, ich wollte Abstand gewinnen. Wäre ich doch bloß hier geblieben!«
    »Nun, wir werden sehen.« Loder sprach jetzt sehr freundlich. »Vielleicht geht es besser, als wir denken. Nehmen wir mal an, Sverdlov will Sie wirklich als Agentin gewinnen. – Wir würden Sie wunderbar mit Material versorgen, Material nach unserer Wahl. Das könnte sehr nützlich sein.«
    »So glauben Sie mir doch«, sagte Judith verzweifelt, »Sie irren sich sehr, es ist geradezu lächerlich. Er wird niemals versuchen, mich anzuwerben. Ich kenne ihn.«
    »So?« Loder verzog den Mund zu einem Grinsen. »Ich zweifle daran, Mrs. Farrow. Ich zweifle ganz außerordentlich. Und nun vergessen Sie unser Gespräch.
    Gehen Sie an Ihre Arbeit, treffen Sie Ihre Freunde, leben Sie so, wie Sie es gewohnt sind. Und erschrecken Sie nicht, wenn es in Ihrem Telefon knackt. Das sind die Amerikaner. Wenn Sverdlov nicht mehr auftaucht, werde ich mich bei Ihnen entschuldigen. Aber ich glaube nicht, daß das nötig sein wird.
    Hier – bewahren Sie diese Telefonnummer gut auf. Sobald Sie von Sverdlov etwas hören, rufen Sie mich unter dieser Nummer an. Versprechen Sie mir, daß Sie das tun werden. Es wäre töricht, es wäre das Dümmste, was Sie tun könnten, Sverdlov zu treffen und mir nicht darüber zu berichten. Versprechen Sie es.«
    »Gut«, sagte Judith müde, »ich verspreche es. Aber ich sage Ihnen noch etwas. Ich werde es Sie wissen lassen, wenn er mit mir Verbindung aufnimmt. Sofort. Aber ich werde mich auf keinen Fall dazu hergeben, für Sie oder sonst irgend jemand zu spionieren. Das können Sie dem CIA ruhig sagen. Nichts und niemand auf der Welt könnte mich dazu zwingen.«
    »Gut«, sagte Loder. Er ging zur Tür und öffnete sie. »Auf Wiedersehen, Mrs. Farrow. Vielen Dank, daß Sie soviel Zeit für mich hatten. Und behalten Sie für sich, was wir gesprochen haben. Erzählen Sie auch Ihrer Freundin Miß Nielson nichts davon. Auch nicht Mr. Nielson. Das bleibt ganz unter uns. Auf Wiedersehen!«
    Joseph wartete draußen in der Diele. Zusammen verließen sie die Wohnung.
    »Nun, Joe – hast du alles gehört?«
    Joseph war Loders bester Mitarbeiter, ein intelligenter junger Mann mit viel Begabung für seine Arbeit.
    »Ja«, sagte er. »Ich habe gehört. Sie hat sich recht geschickt verhalten.«
    »Ja …« Sie fuhren schweigend mit dem Lift hinunter, unten angekommen, durchquerte Loder mit eiligen Schritten die Eingangshalle. »Ich werde dir was sagen. Wir sind zu spät gekommen. Der verdammte Bastard hat sie schon gekapert. Ich glaube nicht ein Wort von dem, was sie gesagt hat.«
    Auf Sverdlov wartete eine Menge Arbeit, als er zurückkam. Sein Büro lag im ersten Stock der Sowjetischen Botschaft, nur durch zwei Zimmer von den Räumen des Botschafters getrennt. Golitsyn und drei jüngere Offiziere arbeiteten im gleichen Stockwerk.
    Von Sverdlovs großen Fenstern aus übersah er einen Teil des großen Gartens, dessen Wiesen und Bäume im Sommer ein erholsamer Anblick waren.
    Er war im Grunde froh darüber, daß er viel Arbeit vorfand, denn er war müde und rastlos, so als habe er nicht gerade Ferien gemacht. In der Nacht nach seiner Rückkehr hatte er schlecht geschlafen, fast gar nicht, immer wieder erwachte er nach kurzen unruhigen Schlafperioden, und am Morgen, als er in die Botschaft ging, hatte er Kopfschmerzen und keine Lust auf ein Frühstück.
    Auf seinem Schreibtisch lagen Akten und Briefe für ihn bereit, sorgsam nach Dringlichkeit geordnet. Er hatte einen sehr guten Sekretär, Kalinin, der mit ihm zusammenarbeitete, seit er auf diesem Posten saß. Er bevorzugte einen männlichen Mitarbeiter. Mit Frauen war es nicht so einfach. Das hatte Erfahrung ihn gelehrt. Sah eine gut aus, dann hatte es sich stets als schwierig erwiesen, bei dem täglichen engen Kontakt die Beziehung so unpersönlich zu halten, wie es wünschenswert war. Und eine hässliche Frau mochte er nicht als ständigen Anblick um sich haben. Kalinin hingegen war genau das, was er brauchte; er war siebenundzwanzig, sehr intelligent, tüchtig, mit Sinn für Humor, was Sverdlov schätzte.
    Als er an diesem Morgen Kalinin rufen ließ, kam statt dessen eine junge Dame ins Zimmer, einen Stenoblock in der Hand.
    »Wer sind Sie?«
    »Anna Skriabine, Genosse Sverdlov.«
    Sie schien sich unsicher zu fühlen und vermied seinen

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