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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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sagte er. »Ich will gar nicht mit dir schlafen. Ich will dich nur sehen. Morgen Mittag hole ich dich zum Lunch ab, bei dir im Büro.«
    Sie wollte nein sagen, da hatte er schon abgehängt.
    Sie stand auf, ging in die Küche und machte sich ein Glas Milch warm. Ehe sie wieder ins Bett ging, schnitt sie sich selbst eine Grimasse im Spiegel. – Auf keinen Fall würde sie morgen das UN-Gebäude während der Mittagszeit verlassen. Das dachte sie noch, dann schlief sie ein.

6
    »Ich finde das geradezu absurd«, sagte Margret Stephenson. »Du und dieser gräßliche Kerl! Jetzt gehst du auch noch mit ihm lunchen. Was ist bloß mit dir los?« Wie immer, ehe er das Haus verließ, war er in ihr Zimmer gegangen, um sich zu verabschieden, und bei der Gelegenheit hatte er sie wissen lassen, daß er zum Lunch nicht da sein würde.
    Es war merkwürdig, daß sie trotz aller Verachtung, die sie für ihn hegte, immer außerordentlich neugierig war, was er tagsüber tat. Also hatte er ihr mitgeteilt, daß er sich mit Loder in einem Restaurant der Innenstadt treffen würde.
    »Ich hätte ihn sehr gern hierher zu uns eingeladen«, sagte er, »aber wie ich weiß, legst du keinen Wert auf seine Gesellschaft.«
    »Das kann man wohl sagen. Mir langt's schon, daß ich heute ein paar von diesen langweiligen Weibern zum Essen habe. Ich könnte dich gar nicht brauchen, geschweige denn den. Was findest du nur an dem Kerl?«
    »Oh, nichts Besonderes«, erwiderte Fergus. »Ich habe nur das Gefühl, daß er ziemlich einsam ist. Niemand will etwas mit ihm zu tun haben. Dabei ist er ein kluger Kopf. Ein Mensch mit Geschmack dazu. Eine Seltenheit heutzutage.«
    »Lieber Himmel, dir ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen.« Sie wandte ihm verärgert den Rücken zu. »Ein mickriger Polizist, noch dazu schlecht angezogen. Wahrscheinlich hat er Füße und Hände wie ein Taglöhner. Ich muß das nächstemal darauf achtgeben.«
    Fergus ersparte sich die Antwort. Im Grunde verstand er ihre Abneigung gegen Loder; sie war ein Snob, und Loder beleidigte sie allein dadurch, daß er sich nicht von ihr imponieren ließ. Kam dazu, daß er mittlerweile zu viel über sie wußte – was sie sich ja denken konnte –, und, das schlimmste von allem, dank seines Eingreifens hatte sie offenbar ihren Liebhaber eingebüßt.
    Fergus wußte es nicht, er dachte es sich nur. Wenn sie keinen Mann hatte, war sie besonders ekelhaft. An der Tür zögerte er. Fast tat sie ihm leid. Zwanzig Jahre hatte sie damit zugebracht, ihm das Leben zur Hölle zu machen, um ihn für sein Versagen als Mann zu bestrafen. Es hatte ihn nicht so berührt, wie sie es dachte, sein Leben war mit anderen Dingen ausgefüllt. Am Ende kam es darauf hinaus, daß sie nur sich selbst zerstört hatte. Und war das nicht in Wahrheit seine Schuld? –
    »Viel Vergnügen mit den Damen«, sagte er. »Wer kommt denn alles?«
    »Wirtschaft, Kultur, Militär, Marine, Luft«, antwortete sie kurz angebunden. »Eine wie die andere eine Nervensäge. Außer Rachel Paterson, die geht einigermaßen. Gott sei Dank habe ich es dann wieder einmal für eine Weile hinter mir.«
    »Aber du machst das doch immer ganz prächtig«, meinte er gutmütig, in dem Bestreben, ihr etwas Nettes zu sagen.
    »Ich habe schließlich zwanzig Jahre Gelegenheit gehabt, das zu lernen. Die Themen liegen sowieso fest – die Kinder, die Schule, die Mode, was macht ihr im nächsten Urlaub –, es ist manchmal nicht zu fassen, wie beschränkt sie sind.«
    Fergus ging. Sie fegte ungeduldig die Post beiseite, mit der sie sich bisher scheinbar eifrig beschäftigt hatte. Es war sowieso nichts Interessantes dabei. Der Brief einer Freundin, die ankündigte, daß sie im Sommer eine Reise in die Staaten vorhabe. Offensichtlich spekulierte sie auf eine Einladung. Dann noch die Mitteilung ihres zweiten Sohnes, daß er kein Geld mehr habe. Verdammter Fergus! Wie er mit ihr geredet hatte! So freundlich herablassend – aber du machst das doch immer ganz prächtig – zum Teufel mit ihm! Als ob sie eine blutige Anfängerin sei, Frau eines Dritten Sekretärs, die ihre ersten schüchternen Gehversuche auf dem diplomatischen Parkett machte. Diese Töne konnte er sich sparen.
    Sie dachte an Loder, und Zornesröte stieg in ihr Gesicht, sogar ihr Nacken färbte sich rot. Dieser Untermensch mußte doch wahrhaftig herausgefunden haben, daß sie mit Joe MacLeod, seinem eigenen Assistenten, ein Verhältnis hatte. Seit drei Wochen hatte MacLeod keine Zeit für sie,

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