Weißer Mond von Barbados
entschuldigte sich mit allen möglichen faulen Ausreden, keine Zeit, viel Arbeit, im Moment könne er sie leider nicht treffen – so ein albernes Gerede. Zweimal hatte sie vergebens in dem Motel am Potomac, zehn Meilen außerhalb der Stadt, wo sie ein Zimmer gemietet hatten, auf ihn gewartet.
Er war viel jünger als sie und ein aktiver Liebhaber, ohne unnötige Sentiments. Sie hatte es sehr genossen, denn im Bett legte sie ihre hoheitsvolle Attitüde ab. Sicher, MacLeod war auch nicht feiner als Loder, aber er war ein Meter fünfundachtzig groß, gutaussehend, kräftig und so wunderbar potent.
Es war das erstemal, daß sie sich mit einem so jungen Mann eingelassen hatte. Und nun kam sie sich erniedrigt vor, weil er sie einfach stehenließ. Es bewies, daß eine Frau alt wurde, wenn sie mit einem Mann schlief, der zur Generation ihrer Söhne gehörte.
Natürlich würde er diskret sein, es würde kein Geschwätz geben, keine schmutzigen Witze unter seinen Kollegen. Darauf hatte sie immer geachtet, daß ihre Männer diskret waren. Diskret sein mußten, wenn sie sich nicht selbst schaden wollten. Denn in dem Umkreis, in dem sie regierte, konnte keiner es sich leisten, sie zum Feind zu haben. Wie auch immer, jetzt jedenfalls fehlte ihr ein Mann. So schnell bekam man auch keinen neuen. Und schuld daran war nur Fergus, weil er sich plötzlich wichtig tun mußte und mit diesem albernen Polizisten gesprochen hatte. Als sei die Sicherheit des Staates durch ihr Verhältnis gefährdet. Sie würde es ihm heimzahlen, darauf konnte er sich verlassen.
Wütend riß sie weiter ihre Briefe auf, las sie flüchtig und ohne Anteilnahme. Aus dem Kästchen, das auf ihrem Schreibtisch stand, nahm sie sich eine Zigarette und steckte sie zwischen die Lippen. Wo zum Teufel waren denn wieder die Streichhölzer? Das altmodische Feuerzeug, das hier herumlag, funktionierte schon lange nicht mehr. Sie fluchte und begann sämtliche Schubladen aufzureißen, aber natürlich, Tücke des Objektes, heute ging doch alles schief, nicht ein einziges Streichholz zu entdecken. Sie warf die Zigarette ungeduldig weg, nahm sie wieder, nun gerade – sie wollte jetzt einfach rauchen. Jetzt sofort, nichts auf der Welt war wichtiger als diese Zigarette in Gang zu setzen.
Sie stand auf und ging hinunter in Fergus' Arbeitszimmer. Ein sachlicher, schlicht eingerichteter Raum, alle ihre Dekorationsgelüste waren an seinem Einspruch gescheitert. In diesem Zimmer habe er zu arbeiten, sonst nichts – also gab es nur einen großen glatten Schreibtisch, eine Lampe mit grünem Schirm, Bücherregale von der Decke bis zum Boden, ein kleiner Aktenschrank. Das einzig Persönliche in diesem Zimmer war eine Fotografie von ihr und den Kindern.
Zigaretten waren da. Aber weder Streichhölzer noch ein Feuerzeug. Gereizt wie eine hungrige Löwin, der man ihre Beute vorenthält, begann sie eine Schublade nach der anderen aufzureißen.
In der dritten, links unten, fand sie schließlich, was sie suchte. Das heißt – beinahe hätte sie es übersehen –, da lag ganz hinten in der Ecke eine Lederhülle. In der Lederhülle war eine Schachtel, in der Schachtel war ein Feuerzeug. –
Als sie das alles ausgepackt hatte und das Feuerzeug in der Hand hielt, vergaß sie vor lauter Staunen, die Zigarette anzuzünden. Das Ding war ja aus Gold. Sie hatte es noch nie vorher bei Fergus gesehen. Und es sah so neu aus. Wie kam er dazu? Er kaufte niemals Luxusgegenstände für sich selbst. Ging es überhaupt? Doch – ja, es funktionierte.
Nachdenklich zündete sie die Zigarette an. Dann betrachtete sie weiterhin ihren Fund von allen Seiten. Es war ein hübsches Stück, elegant geformt, schmal und lang, und es war wirklich aus hochkarätigem Gold, unten war ein Stempel eingraviert. Auf der Schachtel stand Tiffany. Also ein sehr teures Stück.
Wo hatte Fergus das her? Bestimmt nicht selber gekauft. Aber dann – vor Schreck verschluckte sie Rauch und mußte husten –, dann gab es nur eine Erklärung: Da war jemand. Er hatte jemand!
Eine Frau? Beim Himmel, nein, das durfte nicht sein. Das war zuviel, das konnte sie nicht mehr ertragen. Es war schlimm genug, mit einem Homosexuellen verheiratet zu sein. – Vielleicht stellte sich jetzt heraus, daß er ganz normal war und ein Verhältnis mit einer Frau hatte? Keine Frau. Dann ein Mann. – Fergus hatte einen Liebhaber. – Ein reicher Liebhaber noch dazu, wenn er solche Geschenke machen konnte.
Sie stand jetzt mitten in seinem
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