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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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sogar, falls er nicht spätestens am Nachmittag bei ihr sein würde, komme sie nach Washington – zu ihm ins Haus.
    So etwas paßte gar nicht zu ihr. Doch dann hatte sie gesagt: Es geht um Leben und Tod. Und es hat nichts mit unseren früheren Beziehungen zu tun.
    Das klang höchst dramatisch, aber die wenigen Andeutungen, die sie ihm noch machte, ließen ihn unsicher werden. Am Ende war es doch etwas Wichtiges. Richard wußte nicht, was er tun sollte. Und dazu noch das alberne Benehmen seiner Frau! Am liebsten hätte er sie angeschrien, sie solle still sein und sich nicht wie eine Verrückte gebärden. Aber er beherrschte sich, er hatte sich nun einmal dazu entschlossen, diese Ehe weiterzuführen, ein Kind war unterwegs, und dazu kam noch, daß Rachel sich seltsamerweise bei Mrs. Stephenson beliebt gemacht hatte. Wenn Richard einen Menschen auf der Welt fürchtete, dann war es Mrs. Stephenson. Er mochte sie nicht, er mochte Frauen ihrer Art überhaupt nicht. Und er wußte gut genug, wie gefährlich sie einem werden konnten, wenn man bei ihnen in Ungnade geriet.
    »Darling, du hast das ganz falsch verstanden. Hör doch auf zu weinen. Ich erzähle dir alles ganz genau, aber weine nicht mehr.«
    »Du brauchst mir nichts mehr zu erzählen, ich habe genug gehört«, schluchzte Rachel. »Sie hat dich ja förmlich angefleht, zu ihr zu kommen. Und wenn du nicht kommst, kommt sie hierher. Es ist deine Freundin. Ich will nach Hause. Ich bleibe nicht länger hier. Du wolltest ja sowieso gar nicht, daß ich herkomme, und jetzt weiß ich auch warum. Weil du eine andere hast. Darum. – Morgen – morgen mit dem ersten Flugzeug …«
    Er war nahe daran, ihr mitzuteilen, daß bereits am Nachmittag eine Maschine nach London starte und daß er ihr einen guten Flug wünsche. Vor einem Jahr noch hätte er das getan. Aber jetzt nicht mehr. Wenn er seine Karriere nicht gefährden wollte, mußte er es mit diesem dummen Frauenzimmer aushalten. Wenigstens solange er noch in Washington arbeitete.
    »Ich bin einige Male mit ihr ausgegangen«, sagte er, »ich war schließlich verdammt allein, nicht? Sie ist Engländerin. In Gottes Namen sei doch nicht so kindisch, Rachel – da ist doch nichts dabei. Es war absolut nichts zwischen uns, kein Verhältnis oder so. Vielleicht war sie ein bißchen in mich verliebt, du weißt ja, wie das so ist mit diesen Mädchen, die allein in Amerika leben, sie sind immer darauf aus, sich einen Mann zu angeln. Als ich merkte, daß sie es ernster meinte, habe ich mich zurückgezogen.«
    »Und was will sie denn jetzt von dir?«
    »Ich weiß es auch nicht. Irgendeine diplomatische Sache, sagt sie. Mein Gott, Darling, hättest du doch lieber bis zum Ende mitgehört, dann wüsstest du, daß ich die Wahrheit sage.«
    »Ich habe genug gehört«, schluchzte Rachel verbohrt. »Sie will dich sprechen, hat sie gesagt. Sofort. Heute noch.«
    »Ja, sicher, das hat sie gesagt. Sie steckt offenbar in irgendwelchen Schwierigkeiten.«
    Er bemühte sich, geduldig zu sein, und sprach leise und beherrscht, betrachtete dabei voll Abneigung das verheulte Gesicht seiner Frau.
    »Es handelt sich um einen Russen, einer, der überwechseln will. Und er will darum jemanden von unserer Botschaft sprechen. Darum hat sie angerufen. Darling! Hättest du bis zum Ende mitgehört, hättest du auch das gehört.« Rachel legte sich zurück und schloß die Augen. Sie glaubte ihm kein Wort. Von einem Russen war überhaupt nicht die Rede gewesen, es hörte sich total unsinnig an.
    Schließlich nahm Richard sie in die Arme und streichelte sie, bis sie sich beruhigt hatte.
    »Du hast wirklich nicht mit ihr geschlafen! Du schwörst es, Richard?«
    »Ich schwöre es. Wir waren ein paar Mal zum Dinner aus, das ist alles. Ich habe ihr nicht einmal einen Kuß gegeben. Jetzt sei lieb, Darling, nimm eine Beruhigungspille und versuche ein bißchen zu schlafen. Du mußt dich nicht so aufregen, das ist nicht gut für das Baby. Ich fliege nachher schnell nach New York und höre dann, was eigentlich los ist.«
    Er schwieg, zwei scharfe Falten auf der Stirn.
    »Wenn es sich wirklich um einen Überläufer handelt – ich kann das nicht einfach ignorieren, vielleicht wäre es für mich ganz nützlich.«
    Er küßte Rachel auf die Wange, seine Gedanken waren weit fort. – Ein Russe aus der Sowjetbotschaft in Washington. Wer konnte das sein? Das naheliegendste wäre natürlich, Loder zu verständigen. Aber der Gedanke, so etwas allein auf die Beine zu stellen,

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