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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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dem Krieg kam er dann ins Foreign Office, und nicht lange danach heiratete er Margret. Dieser tragische Fehler trieb ihn erst recht zurück zu seinen politischen Utopien, die vorübergehend etwas verblasst waren. Denn nun blieb ihm endgültig nichts anderes als nur das eine: der Traum von der besseren Welt, von dem neuen Menschen.
    Und so kam es dann eines Tages zu der Entscheidung, nicht nur zu glauben und zu träumen, sondern auch zu handeln. Daß die Amerikaner versuchten, Nazideutschland, den Rest der davon übrig geblieben war, am Leben zu erhalten und in die westliche Welt zu integrieren, gab den Ausschlag. Ein starkes Deutschland würde ein unüberwindliches Bollwerk gegen den Kommunismus sein. Nun war es an der Zeit, zu kämpfen. Für sein Ideal, für den Kommunismus. –
    Er machte keine Umwege, auf direktem Weg bot er den Russen seine Dienste an. Der erste, mit dem er darüber sprach, war ein führendes Mitglied der Sowjet-Botschaft in London. Dieser Mann wurde bald darauf nach Moskau zurückgerufen, Fergus sah ihn nie wieder. Kurze Zeit darauf bekam er einen Verbindungsmann, und dann wählte er einen Codenamen – Blau. Treues konservatives Blau.
    Niemals begriff er den unsinnigen Widerspruch seiner Existenz. Er hielt sich für treu, er war der Meinung, das, was er tue, sei gerecht und gut und diene der Menschheit. Und niemals in all den Jahren geriet sein Glauben ins Wanken. Er glaubte so bedingungslos und kritiklos, wie nur ein Konvertit glauben konnte.
    Nun saß er hier in seinem Arbeitszimmer, ein distinguierter Herr von vierundfünfzig, der eine brillante Karriere gemacht hatte, und dachte darüber nach, was wohl seine Frau tun würde.
    Sie hasste ihn. Er anerkannte, daß sie ein gewisses Recht dazu besaß. Denn er hatte Unrecht getan, sie zu heiraten, das war Betrug an ihr gewesen. Vollends eine Frau wie sie konnte es nicht verzeihen, daß ihr Mann ein Versager war und sie damit um die Erfüllung ihres Lebens als Frau geprellt wurde. – Seit sie sein Geheimnis kannte, hatte sie Rache genommen, sie hatte ihm ihre Verachtung gezeigt, hatte Liebhaber genommen, wann und wo sie ihr passten, hatte ihn im Zweifel gelassen über die Herkunft seines jüngsten Sohnes. Aber das war immer noch nicht genug, um den impotenten Mann für ein enttäuschtes Frauenleben zu bestrafen.
    Doch nun besaß sie die richtige Waffe. Nun konnte sie sein Leben zerstören. Er kannte sie so lange, aber er wußte nicht, was sie tun würde.
    Fergus stand auf und ging.
    Die Kamera war zerstört, er mußte die Details der heutigen Besprechung aus dem Gedächtnis übermitteln. Es war gut möglich, daß es die letzte Information war, die sein Verbindungsmann von ›Blau‹ bekam.
    »Ich kann dir nicht sagen, wer es ist«, sagte Judith. Sie stand vor Richard Paterson und sah ihn ruhig an. Genauso ruhig und gelassen, wie sie ihn begrüßt hatte. Daß ihre Ruhe nur Maske war, blieb ihm verborgen. Auch Richard bemühte sich, möglichst formell und kühl aufzutreten, er hatte ihr nicht einmal die Hand gereicht. Als erstes hatte er gefragt, wer der Russe sei. Und sie lehnte es nun zum zweiten Mal ab, seinen Namen zu nennen.
    »Dann hätte ich mir die Reise hierher ersparen können«, sagte er. »Ich bin keineswegs verrückt darauf, in diese Sache verwickelt zu werden. Wahrscheinlich ist es so ein kleiner Bürodiener, der für gewöhnlich die Papierkörbe leert und der sich nun einbildet, er kann dem Westen das Geld aus der Nase ziehen …«
    »Du täuschst dich. Er ist genau das Gegenteil. Ich kenne den Mann sehr gut, um den es sich handelt. Er ist in großer Gefahr und bittet um politisches Asyl. Glaube mir, Richard, nichts auf der Welt hätte mich veranlassen können, mich an dich zu wenden, wenn es nicht wirklich um Leben oder Tod ginge.«
    »Ich bin sehr erleichtert, das zu hören«, sagte er steif. »Meine Frau hörte zufällig unser Gespräch mit und war sehr erregt. Ich hatte allerhand zu tun, um sie zu beruhigen.«
    Judith betrachtete ihn kühl. Wie gleichgültig er ihr war! Kein Mensch auf der Welt konnte ihr gleichgültiger sein als dieser Mann. Das hatte Sverdlov fertig gebracht.
    »Das tut mir wirklich leid«, sagte sie. »Aber ich konnte nicht bis Montag warten, und nur deshalb habe ich in deiner Wohnung angerufen. Was mein Freund verlangt, ist folgendes: die Zusicherung, daß die Briten ihn aufnehmen und daß er nicht an die Amerikaner und natürlich auch nicht an seine eigene Botschaft ausgeliefert wird. Das hat er mir

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