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Weisser Oleander

Weisser Oleander

Titel: Weisser Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Fitch
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zusammengebunden hatte, manchmal mit eingeflochtenen Perlen oder Kordeln verziert.
    Ich blickte auf den Notizblock in meiner Hand hinunter. Wenigstens hatte ich diese diamantförmige Struktur, das Trapez des Gartentores. War das nicht genug? Musste es mehr geben?
    Ich sah Rena an, die ihr Tropic Tan dick auftrug und in der sengenden Sonne vor sich hin buk, glücklich wie ein Napfkuchen in einer Papierkrause. »Rena, fragst du dich nie, warum die Leute morgens überhaupt aufstehen? Warum machen sie sich die Mühe? Warum trinken sie nicht einfach Terpentin?«
    Rena drehte den Kopf seitwärts, beschattete die Augen mit der Hand, warf mir einen Blick zu und kehrte dann wieder in die Sunny-Side-up-Stellung zurück. »Du bist Russin, ich glaube. Ein Russe immer fragt, was ist Sinn von Leben.« Sie zog ein langes, deprimiertes Gesicht. »Was ist Sinn von Leben, moja ljubow ? Liegt an unsere schlechte Wetter. Aber hier ist Kalifornien, Astrid, Schätzchen. Du fragst nicht, was Sinn. Zu schade, Akhmatova, aber wir haben Beach-Volleyball, Sportwagen, Lifting von Bauchfalten. Don’t worry, be happy. Kauf dir was Schönes!«
    Sie lächelte vor sich hin. Die Arme neben sich gelegt, die Augen geschlossen, glitzerte sie auf ihrer Liege wie ein Stück Speck, das in der Pfanne briet. Kleine Wasserperlen hingen an den winzigen Haaren über ihrer Oberlippe, sammelten sich zwischen ihren Brüsten. Vielleicht ist sie ein Glückskind, dachte ich, eine Frau, die sich sowohl der Zukunft als auch der Vergangenheit entledigt hat. Keine Träume, keine Normen, eine Frau, die raucht und trinkt und mit Männern wie Sergej schläft; Männern, deren Seele wie das ist, was nach einem Regenguss aus der Kloake emporsteigt. Ich konnte etwas von ihr lernen. Rena Grushenka machte sich keine Sorgen um ihre Zähne, nahm kein Vitamin C ein. Sie salzte alles kräftig und war jeden Tag ab drei Uhr betrunken. Sie quälte sich bestimmt nicht, weil sie nicht zum College ging und nichts aus ihrem Leben machte. Sie lag in der Sonne und verschaffte den Handwerkern einen Ständer, solange sie noch konnte.
    »Du besorgst dir Freund, du machst keine Sorgen mehr«, sagte sie.
    Ich wollte ihr nicht sagen, dass ich mir schon einen Freund besorgt hatte. Ihren.
    Sie drehte sich auf die Seite, und ihre Brust mit der großen Brustwarze rutschte aus dem Bikinioberteil, sehr zur Freude der Handwerker, die lautstark ihre Begeisterung kundtaten. Sie zog das Bikinitop hoch, was noch mehr Aufregung hervorrief. Sie ignorierte alle Rufe und stützte den Kopf in die Hand. »Ich habe nachgedacht. Alle haben Rahmen für Nummernschild von Händler. Van Nuys Toyota, wir sind Nummer eins. Ich denke, wir kaufen Rahmen für Nummernschild, du bemalst schön, und wir bekommen vielleicht zehn, fünfzehn Dollar. Kost uns Dollar.«
    »Und was springt für mich dabei raus?« Ich zog eine perverse Befriedigung daraus, dass ich inzwischen genau den richtigen Moment kannte, diese Frage zu stellen. Ich war in der Ripple Street angekommen, dem Paradies meiner Verzweiflung.
    Der dunkelgrüne Jaguar, der vor dem Installateurbetrieb parkte, hätte mich stutzig machen sollen, doch der Groschen fiel erst, als ich sie in unserem Wohnzimmer sah; die Explosion schwarzer Locken und der grellrote Lippenstift, die ich aus den Nachrichten wiedererkannte. Sie trug ein dunkelblaues, weiß abgesetztes Chanelkostüm, das wahrscheinlich sogar echt war. Sie saß auf der grünen Couch und stellte gerade einen Scheck aus. Rena redete auf sie ein, rauchte und lachte, wobei die Goldfüllungen in ihren Zähnen glitzerten. Ich wäre am liebsten gleich wieder zur Tür hinausgerannt. Nur ein morbides Interesse hielt mich im Zimmer. Was hatte sie mir bloß mitzuteilen?
    »Sie mag Salatbesteck.« Rena sah mich an. »Kauft für Freundin, was sammelt alles Tiki.«
    »Es ist der letzte Schrei«, sagte die Frau und reichte Rena den gelben Scheck. »Tiki Restaurants, Mai Thais, Trader Vic – alles wieder groß im Kommen.« Ihre Stimme war höher als erwartet, ziemlich mädchenhaft für eine Rechtsanwältin.
    Sie stand auf und streckte mir die Hand entgegen, kurze rote Fingernägel, die vor ihrer weißen Haut grell wirkten. Sie war kleiner als ich. Sie trug ein gutes Parfum mit grünlicher Duftnote, ein Hauch Zitrus, beinahe wie das Aftershave eines Mannes. Um den Hals hatte sie ein Collier hängen, dick wie eine Fahrradkette, mit einem eingelassenen, viereckig geschliffenen Diamanten. Ihre Zähne sahen unnatürlich weiß aus.

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