Weisser Oleander
denken.
Ich war schlecht, ich hatte schlimme Dinge getan, ich hatte Leute verletzt, und das Schlimmste daran war, dass ich noch nicht einmal damit aufhören wollte.
Blaue Schatten kletterten an den gelbbraunen abgerundeten Berghängen empor wie Hände, die die Oberschenkel eines Geliebten nachformen. Eine Eidechse thronte auf einem Felsen und meinte wohl, sie sei unsichtbar. Ich warf einen Kiesel nach ihr und sah, wie sie ins Unterholz davonschoss. Ich riss ein Blatt vom Sumachstrauch und hielt es mir unter die Nase, in der Hoffnung, dass der Duft meinen Kopf frei machen würde.
Ich roch ihn, noch ehe ich ihn sah; der Geruch nach Dope schwebte über der Dämmerung. Er stand im Hof, die Sonne schien ihm ins Gesicht und erwärmte es wie einen Stein. Bei seinem Anblick schnürte sich mir die Kehle zusammen. Nun wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit auf ihn gewartet hatte. Ich stieg auf einen kleinen Hügel, sodass er mich sehen konnte, östlich, auf der fensterlosen Seite des Wohnwagens; dann kletterte ich in eine Sandkuhle zwischen den Felsen hinab.
Kurz darauf hörte ich ihn das Flussbett entlangkommen, das schon trocken war, obwohl wir erst April hatten. Mir war klar, dass Davey am nächsten Morgen alles in unseren Spuren lesen konnte. Doch kaum hatte ich Ray berührt, wusste ich, dass wir uns niemals trennen konnten, wie sehr wir es auch wollten, egal wem wir damit wehtaten. Seine Lippen auf meinem Nacken, seine Hände unter meinem T-Shirt, sie öffneten meine Hose und streiften sie herunter. Meine Schenkel sehnten sich danach, seine nackten Hüften zu spüren. Wir fügten uns aneinander wie Magneten, während wir auf den Sandboden hinuntersanken. Ich machte mir keine Sorgen um Skorpione oder Diamantklapperschlangen; es kümmerte mich nicht, ob dort Steine herumlagen oder ob uns womöglich jemand sehen konnte.
»Baby, was machst du bloß mit mir«, flüsterte er mir ins Haar.
Das letzte Mal hatte ich zwei Erwachsene in der Nacht streiten hören, als meine Mutter Barry in die Hand gestochen hatte. Es krachte und polterte. Ich zog mir das Kissen über den Kopf, doch ich konnte noch immer jedes Wort durch die dünnen Wände hören; Starrs betrunkenes Gekreische, Rays murmelnde Beschwichtigungen.
»Du hast ihn doch sonst immer hochgekriegt, bevor du angefangen hast, diese kleine Nutte zu ficken. Gib’s zu, du Dreckskerl, du hast sie gefickt!«
Ich rutschte schwitzend tiefer in meinen Schlafsack hinein und versuchte mir einzureden, dass es nicht um mich ging, dass es sich um ein anderes Mädchen handelte; ich war nur ein Kind, ich hatte damit nichts zu tun.
»Meine Pflegetochter ficken! Gott, ich hätte sie bei der ersten Gelegenheit rausschmeißen sollen!«
Ich stellte mir vor, wie Ray mit gekrümmtem Rücken auf ihrer Bettkante saß, die Hände baumelten zwischen seinen Oberschenkeln herab; er unterbrach sie nicht, ließ sie einfach meckern, wehrte ihre betrunkenen Schläge ab und hoffte, dass sie bald von selbst umkippte. Ich konnte seine Stimme hören, noch immer ruhig, besänftigend, vernünftig. »Starr, du bist doch total besoffen!«
»Du perverses Schwein! Macht’s dir Spaß, Kinder zu ficken? Was kommt als Nächstes, Hunde vielleicht? Gefällt dir diese dürre Fotze wirklich besser als ich? Dieses flache Brett?«
Wie peinlich. Mir war klar, dass die Jungen jedes Wort hören konnten und nun Bescheid wussten.
»Hat sie eine kleinere Möse als ich? Bläst sie dir auch einen? Lässt sie sich in den Arsch ficken? Nein, wirklich, es interessiert mich, wie Kinderficker es machen.«
Wie lange hatte ich eigentlich erwartet, unbeschadet davonzukommen? Ich wünschte, ich wäre nie hierher geraten, ich wäre nie geboren. Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass ich auch ein bisschen stolz war, ja sogar erregt, dass Ray ihn nicht für Starr hochbekam. Er konnte sie nicht vögeln, egal wie groß ihre Titten waren, egal ob sie ihn in ihren Arsch ficken ließ. Ich war es, die er wollte.
»Meine Pflegetochter ficken, das könnte dir so passen! Ich geh jetzt da rein und rechne mit ihr ab!«
Ich hörte noch mehr Gepolter und Geschrei, dann flog plötzlich meine Zimmertür auf. Starr stand in ihrem völlig verrutschten Rosennegligé in der Tür, die riesigen Titten enthüllt, und schwenkte die 38er. Diesen Anblick sollte ich noch Jahre später in meinen Träumen sehen. Sie feuerte mit ausgestrecktem Arm, ohne zu zielen. Ich warf mich auf den Boden; das ganze Zimmer roch nach Schmauch, und Holzsplitter flogen
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