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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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sind offenbar total übergeschnappt. Wirkt fast so wie ein Opfer. Haben die hier so ein Scheiß-Krampusritual abgehalten?«
    »Wieso?«
    »Na, erst die verdammten Kostüme. Dann die Runen da oben an der Wand und das arme Tier hier. Das alles deutet doch auf mehr als nur auf eine Mutprobe hin, oder?«
    »Lass uns nachsehen, ob die hier noch etwas anderes zurückgelassen haben«, meinte Robert. »Irgendwas, das Licht ins Dunkel bringt.«
    Andreas wischte die Klinge vorsichtig im Schnee ab, wickelte seinen linken Handschuh drumherum und steckte sich das Messer in die Jacke. Er schwor sich, Konrad vor den Augen von dessen Vater mit dem Messer zu konfrontieren. Der alte Toschlager galt als ziemlich herrschsüchtig und war dafür bekannt, dass ihm gern mal die Hand ausrutschte. Früher hatte es mal eine Zeit gegeben, da hatte er Konrad gegenüber sogar so etwas wie Mitleid empfunden. Doch das war lange her. Im Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass ihn sein Vater so lange durchprügelte, bis er nicht mehr gerade stehen konnte.
    Andreas warf einen letzten Blick auf das geschundene Tier, knipste die Taschenlampe an und beleuchtete mit ihr das übrige Areal. Gemeinsam mit Robert schritt er die Überreste des Klosters ab und suchte zwischen den Bäumen, dem Mauerwerk und dem Unterholz nach weiteren Spuren. Sie wollten bereits wieder umkehren, als sie im Schnee, fast völlig unter Neuschnee begraben, die nur schwach auszumachenden Mulden einer älteren Fährte entdeckten, die Andreas für die Hinterlassenschaft eines Tiers hielt. Doch bei genauerer Betrachtung erwiesen sie sich als ältere Stiefelabdrücke. Die Spur führte dorthin, wo früher vermeintlich der Klostergarten gelegen hatte, direkt zu einem kniehohen Rund aus Steinen, die vom vielen Schnee fast eingeebnet waren. Neugierig marschierten Andreas und Robert auf die Stelle zu und blieben überrascht stehen. Vor ihnen gähnte ein Loch im Boden, das wie ein schwarzer Schlund steil in die Tiefe abfiel.
    »Ein Brunnenschacht!«, flüsterte Robert. Das Loch im Boden war gute eineinhalb Schritte breit und mit verschneiten Zweigen abgedeckt, sodass die Öffnung nur bei Licht zu erkennen war. »Scheiße, stell dir vor, wir hätten keine Taschenlampe dabeigehabt und wären einfach drübergelatscht.« Robert schüttelte sich. »Wir wären da reingefallen, und keine Sau hätte je erfahren, was mit uns passiert ist.« Andreas nickte. »Vor allem, da das Arrangement hier so wirkt, als sei der Brunnen absichtlich zugedeckt worden.« Er räumte mit dem Fuß einige der Äste und Zweige beiseite und leuchtete in den Schacht hinein. Im Licht der Lampe funkelte es. »Robert, sieh dir das an!« Andreas beugte sich etwas vor. »Das da an der gemauerten Schachtwand sind Kletterhaken. Und die sehen so aus, als wären sie erst kürzlich in die Wände getrieben worden.« Jetzt entdeckte er, dass an den Krampen Karabinerhaken befestigt waren, an denen eine Strickleiter aus blauem Nylon baumelte.
    »Du musst nichts sagen«, stöhnte Robert gequält. »Ich weiß schon, was du mir gleich vorschlagen wirst.«
    Robert klammerte sich mit Händen und Füßen an die schaukelnde Strickleiter und sah missmutig dabei zu, wie das helle Rund über ihren Köpfen zunehmend kleiner wurde. Fortwährend hallte ihr angestrengtes Keuchen von den Brunnenwänden; hin und wieder bröckelte ein Stein ab und stürzte in die Tiefe, ohne dass sie dessen Aufschlag am Grund hören konnten. Die Tatsache, dass die Sprossen in regelmäßigen Abständen mit Karabinerhaken gesichert waren, beruhigte Robert nur wenig. Im Schacht war es stockfinster. Immer wieder glitten seine Skistiefel auf den Sprossen aus, die für eine Kletterpartie wie diese gänzlich ungeeignet waren. Außerdem schmerzte seine Brandblase. Andy, der sich direkt unter ihm abmühte, hatte sich die Taschenlampe kurzerhand in den Mund gesteckt. Ihr Schein strich über vermooste Quader hinweg und trug zu einem Schattenspiel bei, dass Robert ebenfalls nicht froh stimmte.
    Sie mochten inzwischen gute fünf oder sechs Meter unterhalb der Öffnung sein, als Andy innehielt und aufgeregte Laute ausstieß, die Robert wegen der Leuchte in seinem Mund nicht verstehen konnte. Sein Kumpel nahm die Taschenlampe wieder zur Hand und leuchtete ein Stück die Schachtwand hinab, wo der Schein abrupt verschluckt wurde. Ein Loch?
    »Hier ist ein Durchbruch!«, rief Andy mit hallender Stimme. »Und die Strickleiter endet ein oder zwei Schritte unter mir.« Robert

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