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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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es ein Muster. Es gibt immer ein Muster …« Er kicherte. »Sie alle stammten hier aus diesem Ort. Weiß nicht, warum die so dumm sind. Musste doch irgendwann auffallen. Aber ich bin ihnen auf der Spur. Warum nur bin ich schon so alt …« Der Alte presste verbittert die Lippen aufeinander. Plötzlich ruckte sein Kopf hoch, und er starrte Andreas und Elke aus seinen halbblinden Augen an. »Also, Kinder. Hütet euch. Versteckt euch zu Hause. Bleibt zusammen und haltet euch bereit. Dieses Jahr ist es wieder soweit. Mindestens einer von euch wird auf Nimmerwiedersehen verschwinden!«

Raunacht
    Einen Moment lang überlegte Niklas, ob er das alte Buch aus dem Vereinsheim einpacken und mitnehmen sollte. Doch es war ihm zu schwer. Außerdem hatte er all die interessanten Dinge, die darin standen, eh in seinem Kopf abgespeichert. Er war schließlich The Brain. Noch nie hatte er so viel über Geschichte und Brauchtum der Gegend erfahren. Außerdem war er sich inzwischen ziemlich sicher, dass nicht nur Andys Bruder das Buch gelesen hatte. Auch Roberts Bruder Stefan schien die meisten Informationen aus seinem Schulaufsatz dieser Quelle entnommen zu haben. Was für ein Stümper. Gut, man sollte über Tote nicht schlecht reden, aber ebenso wie Robert hatte dieser Stefan offenbar von Schule und Lernen nicht viel gehalten. Das Buch bot doch so viel mehr Informationen. Niklas fragte sich unwillkürlich, wie sein eigener Bruder Jonas wohl gewesen war. Wenn Elke und Miriam recht hatten und die Geister ihrer toten Geschwister ihre Schritte lenkten, dann war vielleicht er es, der ihn letzten Endes zu diesem Buch geführt hatte. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Zwar wusste Niklas selbst noch nicht so recht, was er von dem Inhalt halten sollte, aber eines fühlte er instinktiv: die Informationen aus dem Buch waren wichtig. Sie mussten all das nur noch richtig zusammensetzen, um den geheimnisvollen Dingen, die hier in Perchtal geschahen, auf den Grund zu gehen zu können.
    Seine Mutter war beim Abendessen ziemlich schweigsam gewesen. Einmal hatte sie zwar wissen wollen, wie es ihm und seinen Freunden wegen der Toten im See gehe, doch als sein Vater kurz darauf nach Hause gekommen war, war sie wieder verstummt. Fast so, als gäbe es zwischen ihnen eine heimliche Absprache. Die beiden hielten ihn offenbar für bescheuert. Und er hatte mitbekommen, wie seine Mutter nach dem Essen gleich zwei Tabletten auf einmal genommen hatte. Ein Umstand, der alles andere als beruhigend war. Egal, er würde schon noch herausfinden, was die beiden ihm verheimlichten.
    Inzwischen war es fast zehn Uhr abends. Drüben, in den Nachbarräumen der Wohnung, war es längst ruhig geworden. Sein Vater musste ja wieder früh raus. Niklas war das nur recht. Hauptsache, er fand dieses blöde Bootshaus bei dem Mistwetter. Er zwängte sich in seine Jacke, streifte sich die Bommelmütze über und schlich die Zimmertür hinaus bis in den dunklen Hausflur, wo er leise schnaufend in seine Schuhe schlüpfte. Er wollte gerade nach den Haustürschlüsseln greifen, als hinter ihm, aus dem Wohnzimmer, eine Stimme ertönte.
    »Wo willst du um diese Uhrzeit noch hin?«
    Niklas wirbelte herum und sah, dass die Wohnzimmertür offenstand. Im Zimmer war es stockfinster, doch dort, wo der breite Lehnsessel zu erahnen war, glühte der rote Schein einer Pfeife auf. Sein Vater!
    »Ich, äh …« Niklas war so überrascht, dass er einen Moment lang nicht wusste, was er sagen sollte.
    »Ich hab dir eine Frage gestellt, Sohn.«
    »Wir haben doch morgen Nikolaus.« Rasch klaubte er einen Stiefel vom Boden auf. »Ich wollte … rüber zur Bäckerei und dort einen Stiefel aufstellen. Damit ihr ihn füllt.« Niklas wusste, dass die Erklärung ziemlich armselig war. Seine Eltern hatten ihm die gefüllten Schuhe in all den Jahren stets vors Zimmer gestellt.
    »Komm her!« Beklommen folgte Niklas der Aufforderung. Verdammt, die anderen warteten auf ihn. Als er nach dem Lichtschalter greifen wollte, fuhr ihn sein Vater an. »Lass das. Setz dich!« Niklas tat, wie ihm geheißen wurde, und sah dabei zu, wie der Pfeifenkopf abermals aufleuchtete. Wie glühende Kohlen. Im Zimmer roch es intensiv nach Tabak. Die Umrisse seines Vaters hingegen waren in dem rötlichen Schein nur zu erahnen, doch sein Argwohn war fast körperlich spürbar. »Pfarrer Strobl hat mir berichtet, dass du und die Bierbichlermädchen heute auf dem Friedhof waren.«
    Niklas schluckte. »Ja, wegen der Toten aus dem See. Du

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