Weisses Gold
gegenüber ihrem Herrn. Sie stammten aus Guinea, wo die meisten von ihnen im Kampf gefangen genommen oder im Tausch gegen »Salz, Eisenwaren, kleine Teleskope und andere Spielereien aus Venedig« erworben worden waren. Sie waren in Ketten nach Meknes geführt worden, wo man sie geformt hatte, damit sie jene blinde Loyalität entwickelten, die einst die türkischen Janitscharen ausgezeichnet hatte. Ihre Bezeichnung
buchari
war von dem Treueid auf Mulai Ismail abgeleitet, den sie auf ein Exemplar des
Sahih
ablegten, einer Überlieferungssammlung des Theologen al-Buchari aus dem 9. Jahrhundert.
Die Mitglieder der Leibwache des Sultans waren sehr jung – sie waren nicht älter als 12 bis 15 Jahre –, und ihre Mütter lebten normalerweise im Harem. »Er wählt sie so aus«, berichtet Pidou de St. Olon, »weil er den Schutz seiner Person keinen Männern von angemessenem Alter anvertrauen will, da er befürchtet, diese könnten Anschläge auf sein Leben versuchen.« Diese ebenso hochmütigen wie brutalen jungen Leibwächter waren in die kostbarsten Gewänder gehüllt – in edle purpurne, indigoblaue und scharlachrote Kaftane – und trugen exquisite Seidenstrümpfe. Sie boten ein herrliches Bild, wenn sie auf dem Paradeplatz des Palastes auf und ab marschierten. Sie waren mit Krummschwertern und schweren Musketen bewaffnet, die sie nach Aussage eines englischen Sklaven »unter Todesandrohung so glänzend sauber halten müssen, als kämen sie gerade aus der Waffenschmiede«. Anders als die meisten anderen Untertanen des Sultans durften die Buchari keinerlei Kopfbedeckung tragen. »Ihre Schädel waren geschoren und stets der Sonne ausgesetzt«, schreibt Pellow, »denn [der Sultan] wollte sie in eine harte Zucht nehmen.«
Thomas Pellow sah diese Leibwächter im Einsatz und war verblüfft von ihrer rücksichtslosen Entschlossenheit. »Sie waren jeden Augenblick bereit, zu morden und zu zerstören …, [so dass] die Kaids bei ihrem bloßen Anblick erzitterten.« Jeden Befehl des Sultans führten sie augenblicklich aus, und besonderes Vergnügen bereitete ihnen die Vollstreckung von Todesurteilen. Sollte der Verurteilte nicht auf der Stelle getötet werden, so schlugen sie ihn, bis er um Gnade flehte. Pellow wurde Zeuge, wie sie eines ihrer Opfer misshandelten: Als der Mann den Richtplatz erreichte, hatten sie ihn bereits fast in Stücke gerissen. »Mit ihrem rasenden Blick und ihrem gewalttätigen und wilden Auftreten … erinnerten sie sehr an die Teufel, die die Verdammten foltern.«
Abgesehen davon, dass sie die Leibwache des Sultans stellten, patrouillierten die Buchari durch Meknes und halfen bei der Beaufsichtigung der christlichen Sklaven. Sie waren strenge Aufseher und daran gewöhnt, die ihnen anvertrauten Gefangenen mit Peitsche und Knüppel zu traktieren. Francis Brooks war einer der britischen Sklaven, die häufig den Schlägen dieser Wachen ausgesetzt waren. »Die armen Christen wurden von diesen höllischen Schurken auf das Schlimmste angetrieben und bestraft«, schreibt er. »Sie hatten kaum Zeit, um Wasser oder ein wenig von ihrem schlechten Brot zu sich zu nehmen … aber waren zahlreichenDrohungen, Schlägen und Peitschenhieben durch die Neger ausgesetzt, die sie drängten, sich in Mauren zu verwandeln.« Die Buchari leisteten auch ihren Beitrag zur Festigung der Herrschaft des Sultans über die rebellischen Bergstämme. Es wurde berichtet, dass in Marokko insgesamt 150 000 schwarze Soldaten stationiert waren, darunter 25 000 in Meknes und weitere 75 000 in der südöstlich von Salé gelegenen Garnisonsstadt Mahalla. Die übrigen waren auf Festungen an den Landesgrenzen verteilt.
Der Vorrat an Buchari wurde laufend durch die Produktion der großen Zuchtfarmen und Kinderstuben aufgefüllt, die Mulai Ismail außerhalb von Meknes hatte einrichten lassen. Er besuchte diese Kinderstuben jedes Jahr und nahm alle Zehnjährigen mit sich nach Meknes. Die Mädchen lernten im Palast zu kochen, zu waschen und den Haushalt zu führen, während die Jungen auf die militärische Ausbildung vorbereitet wurden. In ihrem ersten Jahr wurden sie einem Handwerker als Lehrlinge zugeteilt. Im zweiten Jahr lernten sie, auf einem Maultier zu reiten. In den folgenden Jahren brachte man ihnen bei, wie man aus Erde und Kalk die Stampferde mischte, die beim Bau des imperialen Palastes von Meknes verwendet wurde. Anschließend ließ man sie Schwerarbeit leisten, um ihre Körper zu stählen. »Sie legten ihreKleider ab«, schreibt
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