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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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im Gesicht nahezu völlig schwarz war, gab nicht unbedingt einen guten Zeugen für die Verteidigung ab. Schnauze und Barthaare waren schokoladeverklebt und mit Zuckerkristallen bestäubt. Ich hob das Ende der Kette auf. Der Verschluß, mit dem er sonst an der Wäscheleine festgemacht war, war kaputt.
    »Ich fürchte, wir haben hier einen eindeutigen Fall von schwerem Einbruch. Die Indizien sind eindeutig, Alf«, sagte ich.
    »Was?« sagte sie.
    »Tripod wird wohl erst mal in Gewahrsam genommen werden müssen«, sagte ich.
    »Was?«
    »Ich schlage vor, wir stecken ihn vorerst in einen Kaninchenverschlag, bis ich morgen seine Kette repariert hab’. Und in der Zwischenzeit, Batist, können wir schon mal den Laden für heute dichtmachen. Vielleicht sollten wir heute alle ins Drive-In-Kino gehen.«
    »Ist nich mein Laden, ist nich mein Milky Way. Ich tu hier ja nur den ganzen Tag arbeiten, damit ich dann die Sauerei aufräumen kann, die dieser dickgefressene nichtsnutzige Waschbär hinterläßt.«
    Alafair wollte noch einmal ihren Senf dazugeben, als ich sie sacht bei der Schulter nahm und durch die Pecanbäume vor dem Haus schob.
    »Das war richtig böse von Batist, Dave«, sagte sie. »Er wollte Tripod was tun.«
    »Nein, das war nicht böse von Batist, Kleines«, sagte ich. »Für ihn ist das eine wichtige Sache, den Laden zu führen. Er will nur nicht, daß irgendwas schiefgeht, während er es tut.«
    »Du hast nicht gesehen, was für ein Gesicht er gemacht hat.« Im dunklen Schatten der Bäume glänzten ihre Augen feucht.
    »Alafair, Batist kommt aus ganz armen Verhältnissen und ist kaum je zur Schule gegangen. Er hat nie Lesen und Schreiben gelernt. Aber trotzdem führt er heute das Geschäft eines weißen Mannes. Da will er alles richtig machen, aber er muß ein X malen, wenn er einen Lieferschein unterzeichnet, und die Kasse machen kann er auch nicht. Also konzentriert er sich auf die Dinge, die er gut kann, wie die Hühnchen grillen, die Bootsmotoren in Schuß halten und dafür zu sorgen, daß alles immer schön ordentlich ist. Dann wischt Tripod da rein und macht eine Riesensauerei. Für Batist ist das so, als hätte er versagt und das Vertrauen enttäuscht, das wir in ihn gesetzt haben.«
    Ich sah, wie sie nachdenklich blinzelte.
    »Es ist ungefähr so, wie wenn die Lehrer in der Schule dir eine Aufgabe geben, und dann kommt ein anderer einfach her und macht alles kaputt, und du stehst dann dumm da. Leuchtet dir das ein?«
    Sie drehte Tripod in ihren Armen, so daß er auf dem Rücken lag, die drei Pfoten in die Luft gestreckt, der Bauch dick und vollgefressen.
    »Ja, ich glaube schon. Gehen wir noch ins Kino?«
    »Aber sicher doch.«
    »Kommt Batist auch mit?«
    »Ich weiß nicht. Was meinst du denn?«
    Sie überlegte.
    »Ja, ich finde, daß er mit sollte«, sagte sie, als wäre sie gerade zu einem profunden metaphysischen Schluß gekommen.
    »Du bist die Beste, Kleines.«
    »Du aber auch, Großer.«
    Wir verstauten Tripod im Kaninchenverschlag, dann hob ich Alafair mit einem Schwung auf meinen Rücken. Leuchtkäfer flogen funkensprühend über uns, als wir auf die Veranda und in das hell erleuchtete Haus traten, wo Bootsie sac-à-lait fritierte und einem Cajun-Song im Radio lauschte, das auf dem Sims des Küchenfensters stand. Der Himmel im Westen sah wie eine blutige Gouache aus, und von einem Wäldchen jenseits des wogenden grünen Zuckerrohrfeldes hinten auf meinem Grundstück drang das Zirpen von Zikaden zu uns herüber.
    Am nächsten Morgen half Alafair Batist und mir dabei, den Köderladen aufzumachen. Sie verdiente sich ihr wöchentliches Taschengeld von fünf Dollar, indem sie die toten Elritzen aus dem Köderbecken fischte, die Hühnchen würzte, die wir für die Tageskundschaft in einem durchgesägten Ölfaß grillten, die Kühltruhen abtaute und frisches Eis über Bier und Limonade gab. Aber am liebsten saß sie Samstag morgens auf einem hohen Hocker hinter der Kasse, die Baseballkappe mit dem Emblem der Astros tief in die Stirn gezogen, wo sie mit viel Getöse sämtliche Würmer und Köderfische, die verkauft wurden, in die Registratur eintippte.
    Es war ein großartiger Morgen zum Angeln. Die Luft war immer noch kühl, kein Windchen wehte, das rosige Morgenlicht hing noch gedämpft in den Zypressen, und in einer weichen blauen Himmelsecke sah man noch den Mond. Nachdem wir den Großteil unserer Boote vermietet hatten, brachte ich das Grillfeuer im Ölfaß in Gang, machte uns dreien anschließend

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