Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
und sich wie eine Mähmaschine durch das kurze Zuckerrohr wühlte. Er fuhr auf einen oben abgeflachten Damm zu, der wieder auf die große Landstraße führte.
    Er hatte nicht damit gerechnet, mich zu Fuß in dem Feld zu sehen. Er drehte erst das Lenkrad in meine Richtung, wohl um mich zurück in die Bäume oder das kleine Flußbett zu drängen, überlegte es sich dann aber anders, drehte das Lenkrad mit einer Hand wieder in die entgegengesetzte Richtung und feuerte blind mit der anderen aus dem Fenster. Der TransAm zischte an mir vorbei, und noch einmal sah ich für einen kurzen Augenblick sein Gesicht – durchs Wagenfenster wirkte es weiß und rund und klein, wie ein Zuschauer im Theater. Es war das Gesicht eines Menschen, der mit einem Schlag begriffen hatte, daß er Zeuge seines eigenen Untergangs wurde.
    Ich kniete mich im nassen Gras auf ein Bein und eröffnete das Feuer. Ich versuchte, unterhalb des Wagenfensters anzuhalten, wegen des starken Rückstoßes der Waffe, der die Schußbahn ohnehin höher ziehen würde, was in Wirklichkeit aber unnötig war. Die acht Hohlspitzgeschosse, die beim Aufprall so flach gedrückt wurden, daß sie den Durchmesser von Vierteldollarstücken hatten, gaben seinem Wagen den Rest. Sie rissen silbrige Löcher in die Türen, überzogen die Fenster mit spinnennetzartigen Rissen, zerfetzten die Sitze, rissen einen Reifen von der Felge, ließen eine Dampffontäne aus dem Kühler entweichen. Ein einzelner Blutspritzer peitschte über die Windschutzscheibe.
    Sein Fuß mußte das Gaspedal voll durchgetreten haben, weil der TransAm fast abhob, als er über den Rand eines Bewässerungsgrabens donnerte und durch den Zaun um eine Transformatorenstation der Gulf States Power Company brach. Das vordere Ende des Wagens krachte voll in das Häuschen, und dichtgebündelte Stromkabel und Keramikisolatoren stürzten zischend und funkenschlagend aufs Wagendach.
    Aber er war immer noch am Leben. Er ließ den Revolver aus dem Fenster fallen und wollte dann mit den Handflächen die Wagentür aufstoßen – wie ein Mann, der sich aus den Ruinen eines eingestürzten Gebäudes befreien will.
    »Nicht aussteigen, Jack! Nicht den Boden berühren!«
    Er sank wieder zurück in den Wagensitz, das Gesicht blutleer und erschöpft, aber eine Schuhsohle landete doch auf der feuchten Erde.
    Der Stromstoß verzerrte sein Gesicht, wie wenn er einen epileptischen Anfall hätte. Sein Körper wurde hart wie ein Brett, zitterte und bebte; Speichel sprühte ihm aus dem Mund; die Hochspannung schien Funken an den überkronten Zähnen zu schlagen. Dann gingen gleichzeitig Autoradio und Hupe an und machten einen infernalischen Lärm, und von seinen Kleidern und seinem Kopf stieg in schmutzigen Rauchfäden Verbrennungsgeruch auf, wie Haar und Exkremente, die in einem Hochofen eingeäschert werden.
    Ich wandte mich ab und lief wieder zurück zur Straße. Das Gras schlug naß gegen meine Hosenbeine und wimmelte vor Insekten, und über dem Baumhorizont in der Marsch stand grellgelb die Sonne. Sie hatten die Zugbrücke jetzt wieder herabgelassen, und ein Konvoi von Krankenwagen und Fahrzeugen der Feuerwehr und des Sheriff’s Departments kam in Schlangenlinien in meine Richtung gerast. Rot- und Blaulicht vollführten einen wilden Tanz unter dem dichten Blätterdach der Eichen. Mein Speichel schmeckte nach alten Kupfermünzen; mein rechtes Ohr war völlig taub. Die .45er, der Schlitten hinten eingerastet, weil sie leer geworden war, fühlte sich in meiner Hand an wie ein unnützer Körperteil.
    Sanitäter, Cops und Feuerwehrmänner rasten an mir vorbei. Ich ging unverwandt weiter die Straße hinunter, am Rand des Bayous, auf mein Haus zu. Dicht bei den Seerosen war ein Schwarm Brassen bei der Nahrungsaufnahme. Sie machten dabei kleine Kreise im Waser, die wie Regentropfen aussahen. Die Zypressenwurzeln entlang der Uferböschung auf der anderen Seite waren knorrig und glänzten naß unter den dunklen Schatten und Farngewächsen, und im feuchten Sand sah ich die feinen Spuren von Silberreihern. Ich zog das leergeschossene Magazin aus der Automatik, steckte es in meine Gesäßtasche und ließ den Schlitten wieder auf die leere Kammer schlagen. Immer wieder machte ich den Mund auf und zu, um mein rechtes Ohr wieder freizubekommen, aber es fühlte sich immer noch so an, als sei es voll mit warmem Wasser, das nicht ablaufen wollte.
    Der Sheriff trat hinter mich und legte sacht eine Hand auf die Innenseite meines Arms.
    »Wenn sie’s

Weitere Kostenlose Bücher