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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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würdest du bitte Vic sagen, daß die Gäste alle hier sind?« sagte Lyle.
    »Ich muß Wand an Wand mit diesem fiesen alten Kerl wohnen. Das heißt aber nicht, daß ich auch mit ihm reden muß«, sagte sie.
    Lyles Gesicht wurde rot vor Scham.
    »Vielleicht will er nicht runterkommen. Laß ihn in Ruhe«, sagte Weldon.
    »Nein, er wird runterkommen und mit uns essen«, sagte Lyle. »Was immer er uns angetan hat, Weldon, er hat dafür bezahlt.«
    »Du weißt doch nicht mal, daß er’s überhaupt ist«, sagte Weldon.
    »Soll ich mal hochgehen?« sagte Drew.
    Die gute alte Drew, dachte ich. Immer direkt und ohne Umschweife. Sie stand an der Bar, das Gewicht auf einem Bein, die kräftigen runden Arme sonnengebräunt und sommersprossig.
    »Nein, ich werd’ gehen«, sagte Lyle.
    »Warum mußt du die ganze Zeit in der Vergangenheit rumstochern?« sagte Weldon. »Man soll keine schlafenden Hunde wecken. Warum lernst du das nicht endlich mal?«
    »Trink noch ein Bier, Weldon«, sagte Lyle.
    »Lyle, das ist auf deinem Mist gewachsen. Tu jetzt nicht so, als sei jemand anders dafür verantwortlich«, sagte Weldon.
    Lyle erhob sich von seinem Stuhl und ging über den Rasen in Richtung der Garage.
    »Gott steh mir bei«, sagte er an niemand bestimmten gerichtet.
    Es dauerte eine Weile, bis er die Treppe wieder herunterkam. Und einige Minuten darauf trat der Mann, der sich Vic Benson nannte, aus der Tür und stieg langsam die Treppe hinunter. Die letzten Strahlen der Abendsonne brachen sich in seinem zerstörten Gesicht.
    Er trug ein ausgefranstes weißes Hemd, das vom vielen Waschen ganz vergilbt war, und glänzende schwarze Hosen ohne Bügelfalte, die eng an seinen knochigen Hüften saßen. Die Leute warfen einen Blick auf sein Gesicht, nur um sich eiligst mit größter Aufmerksamkeit wieder in die Gespräche mit den Umstehenden zu vertiefen. Er rauchte eine selbstgedrehte Zigarette, die in seinem Mundwinkel zu kleben schien, und sein Speichel hatte das Zigarettenpapier bis runter zur glühenden Asche durchnäßt. Dem Ausdruck seiner Augen nach amüsierte er sich über einen Witz, den niemand außer ihm mitbekam. Am Rand der Terrasse blieb er stehen, warf die Zigarette in ein Blumenbeet und schnappte sich ein leeres Glas von der Bar. Dann grabschte er eine Handvoll Minzblätter aus einer silbernen Schale und zerbröselte sie ins Glas.
    »Was darf ich Ihnen anbieten, Sir?« fragte der schwarze Barkeeper.
    Vic Benson gab keine Antwort. Er faßte einfach über den Tresen, griff sich eine Flasche Jack Daniels und goß sich vier Finger breit ins Glas ein.
    Lyle stand auf und stellte sich verlegen neben ihn.
    »Das ist Vic«, sagte er zu Bama, seinem Bruder und seiner Schwester.
    »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte Vic.
    Die Augen von Drew und Weldon wurden schmal, und ich sah, wie Drew sich die Lippen befeuchtete. Weldon steckte sich eine unangezündete Zigarette in den Mund, die er dann wieder herausnahm.
    »Ich bin Weldon Sonnier. Kennen Sie mich?« sagte er.
    »Sie kenn’ ich nicht. Aber gehört hab’ ich von Ihnen«, sagte Vic.
    »Was haben Sie über mich gehört?« fragte Weldon.
    »Sie sind ’n dicker Fisch im Ölgeschäft hier in der Gegend.«
    »Ich halte den Rekord für Bohrlöcher, aus denen nur Staub kommt«, sagte Weldon.
    »Es langt, wenn einer von acht Versuchen ins Schwarze trifft. Stimmt das nicht?«
    »Klingt, als ob Sie sich im Ölgeschäft ein bißchen auskennen, Vic«, sagte Weldon.
    »Ich hab’ schon auf Ölfeldern gearbeitet. Aber Sie sind mir noch nie über den Weg gelaufen, wenn’s das ist, wonach Sie fragen. Aber sie hab’ ich schon mal gesehen.« Er zeigte mit einem verrunzelten Zeigefinger auf Drew.
    Ich sah, wie eine ihrer Gesichtshälften zuckte. Dann faßte sie sich.
    »Ich fürchte, ich kann mich nicht daran erinnern, Sie schon mal getroffen zu haben«, sagte sie.
    »Ich habe nicht gesagt, daß wir uns kennengelernt hätten. Ich hab’ Sie auf der Straße joggen sehen. In New Iberia. Sie waren mit anderen Leuten zusammen. Aber so ’ne hübsche Frau vergißt ’n Mann nicht.«
    Sie sah weg. Bama starrte auf ihre Hände.
    »Lyle sagt, du bist unser alter Herr, Vic«, sagte Weldon.
    »Bin ich nicht. Aber da mach’ ich auch keinen Aufstand wegen. Die Leute haben unterschiedliche Gründe dafür, weshalb sie sich mit Typen wie mir abgeben. Meistens, weil sie wegen irgendwas Schuldgefühle haben. Mir ist es wurscht. Wann gibt’s was zu essen? Da kommt was im Fernsehen, das ich sehen

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