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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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heißen soll. Hast du schon mal von einem Flieger namens Earthquake McGoon gehört? Sein richtiger Name war Ed McGovern, er war aus New Jersey. In bestimmten Kreisen in Asien war der Kerl eine richtige Legende. Er war ein riesiges fettes Monstrum, und einmal kamen er und sein Kopilot, so ein junger Chinese, irgendwo in China ins Gefängnis. Earthquake hat die ganze Zeit rumkrakeelt: ›Gottverdammich, ich hab’ noch nichts zu beißen gehabt. Gebt mir was zu essen.‹ Sie sagten ihm, er hätte seine Schale Reis schon bekommen und solle bloß sein Maul halten. Als die Wächter am Abend nach Hause gingen, hat Earthquake die Gitter auseinandergebogen und seinem Kopiloten gesagt, er soll abhauen. Dann hat er das Eisen wieder zurückgebogen, so daß es aussah wie vorher. Als die Wächter am Morgen wiederkamen, fragten sie natürlich: ›Wo ist der andere Kerl?‹ Da hat Earthquake ihnen geantwortet: ›Ich hab’ euch doch gesagt, daß ich was zum Essen haben will. Ihr habt mir nichts gegeben, also hab’ ich ihn aufgefressen.
    Er war unverwüstlich. Es gibt so Typen. Nichts schien ihm was anhaben zu können. Bis auf den Tag, wo er für die Franzosen vor Dien Bien Phu einen Flug machte, wo er Nachschub und Material abliefern sollte. Seine Maschine bekam etwas ab. Er versuchte den Fallschirm anzulegen, war aber einfach zu fett. Er sagte den anderen, sie sollten abspringen, er würde eine Notlandung auf dem Highway One versuchen, der nach Hanoi führte. Aber die anderen haben gesagt, wenn er das riskierte, würden sie lieber bei ihm bleiben. Er ist weich wie eine Feder gelandet. Und als sie es eigentlich schon geschafft hatten, kam er mit dem Flügel an einen Telefonmast, und die Maschine überschlug sich und verbrannte.«
    Er blickte mich an, als ob in seinem Gesicht oder seiner Geschichte die Antwort auf alle meine Fragen lag.
    »Das ist Karma«, sagte er. »Auf jeden von uns wartet irgendein Highway One vor Hanoi. Sind alles Teile eines einzigen, riesigen Puzzles. Das mit deinem Freund tut mir leid.«
    »Bist du schon mal im Gefängnis gewesen?« sagte ich.
    »Nein. Warum?«
    Ich trat hinter dem Schreibtisch hervor.
    »Laß mich mal deine Hand sehen«, sagte ich.
    »Wovon redest du?«
    »Laß mich deine Hand sehen.«
    »Welche?«
    »Das spielt keine Rolle.« Ich hob seine rechte Hand von der Stuhllehne und legte ein Ende meiner Handschellen um sein Handgelenk. Dann schloß ich das andere Ende an den Eisenring, der im Boden verankert war.
    »Hey, Dave, was hast du vor?«
    »Ich werd’ jetzt erst mal frühstücken. Ich weiß noch nicht genau, wann ich wieder da bin. Soll ich dir was mitbringen?«
    »Jetzt hör mal ...«
    »Wenn dir danach ist, kannst du ruhig rumbrüllen. Dann bringt man dich in eine Zelle. Soviel ich weiß, gibt es heute Spaghetti zum Mittagessen. Schmeckt nicht schlecht.«
    Er wirkte irgendwie affenartig, wie er da im Stuhl saß, die eine Schulter und der ausgestreckte Arm in Richtung Fußboden geneigt, das kantige Gesicht bleich vor Zorn. Bevor er noch ein Wort sagen konnte, schloß ich die Tür hinter mir.
    Draußen war es sonnig. Ich ging auf die andere Straßenseite und kaufte in einem Café vier Donuts. Dann kehrte ich wieder in mein Büro zurück. Mehr als zehn Minuten war ich nicht weggewesen. Ich löste die Handschelle von seinem Handgelenk.
    »Genauso ist es«, sagte ich. »Und das jeden Tag vierundzwanzig Stunden lang. Willst du jetzt was essen?«
    Er öffnete und schloß die Rechte und rieb sich das Handgelenk. Seine Augen musterten mich, als blicke er in eine Revolvermündung.
    »Willst du einen Donut?« wiederholte ich.
    »Ja, warum nicht?«
    »Du vertraust keinem Menschen, Weldon. Und vielleicht kann ich das sogar verstehen. Aber das ist jetzt keine Privatsache mehr.«
    »Ich schätze, da hast du recht.«
    »Wer sind die drei?«
    »Den Namen Jewel hab’ ich schon mal gehört. In New Orleans.«
    »In welcher Verbindung?«
    »Da sind so Leute, für die bin ich mal geflogen. Unten im Süden. Eine Menge verschiedenster Dinge wandert da hin und her, wenn du verstehst, was ich meine?« Er schloß die Augen und kniff sich in den Nasenrücken. »Ich hab’ den Kerl noch nie gesehen. Aber wenn man mit den falschen Leuten Ärger hat, hetzen sie einem manchmal Typen wie den auf den Hals.«
    »Was für Leute?«
    Ein Zahn hinterließ eine weiße Druckstelle in seinem Mundwinkel.
    »Mehr kann ich dir nicht sagen, Dave. Wenn du mich unbedingt einsperren willst, okay, dann mach es. Meine Lage ist

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