Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
einem alten Ziegelhaus mit schnörkeligen Eisenverzierungen, das im Schatten hoher Eichen auf der Esplanade Street stand. Im Inneren des Lokals roch es nach Oregano und Sauce Bolognese, gekochtem Krabbenfleisch und sautierten Shrimps, Käse und Salami, den fritierten Austern und in Scheiben geschnittenen Tomaten und Zwiebeln, mit denen die Poor-Boy-Sandwiches auf dem Tresen gefüllt wurden, dem mit heißem Dampf bereiteten Kaffee aus den Espressomaschinen. Bis auf einen schwarzen Koch, einen Mann hinter dem Tresen und einem Pärchen, das an einem der Tische mit karierten Tischdecken frühstückte, war das Café leer.
Ich fragte nach Joey Gouza.
»Ist hinten im Büro. Wie war doch gleich der Name?« fragte der Mann hinter dem Tresen.
»Dave Robicheaux.«
»Einen Augenblick.« Er ging zum Ende des Tresens und sagte etwas durch eine halbgeöffnete Tür.
»Wer ist der Typ?« fragte eine eigenartig belegte Stimme von dort.
»Keine Ahnung. Ein Typ halt.« Der Mann blickte wieder zu mir.
»Dann laß dir sagen, wer er ist«, sagte die Stimme.
Der Mann blickte wieder zu mir. Ich klappte meine Polizeimarke auf.
»Is ’n Cop, Joey«, sagte der Mann hinter dem Tresen.
»Dann sag ihm, daß er reinkommen soll.«
Ich ging um den Tresen herum und durch die Tür. Joey Gouza sah von seinem Schreibtisch hoch. Er war stark sonnengebräunt, groß, das Gesicht länglich, fast von der Form eines Wasserkrugs, das salz-und-pfeffer-farbene Haar militärisch kurz geschnitten und hart hochgebürstet, die Augen so schwarz wie nasse Farbe. Er trug graue Bundfaltenhosen, ein lavendelfarbenes Polohemd, Slipper in der Farbe von Ochsenblut; ein crèmefarbener Panamahut lag mit dem Deckel nach unten auf einer Ecke des Schreibtischs. Sein Hals war unnatürlich lang, wie der eines Schwans, und schwer behangen mit Goldkettchen und Medaillons. Durch das offene Hemd sah man Brust und Schultern, sehnig und von zahllosen kleinen Äderchen durchzogen, wie bei einem Langstreckenläufer oder Speerwerfer.
Aber was die Aufmerksamkeit auf sich zog, waren die Augen; sie waren völlig schwarz und blickten so unverwandt wie die eines Vogels. Und die Stimme: Er hatte den Zungenschlag des Irish Channel, aber irgendwie verwachsen, als wäre die Membrane um seine Stimmbänder chronisch entzündet.
Sein Lächeln war ungezwungen, und er schien bester Dinge zu sein. Er spielte locker mit einem Streichholz im Mund herum. Ein dicker dunkelhäutiger Mann mit einem grünen Augenschutz, wie ihn Buchhalter tragen, und einer Zigarre im Mund saß an einem Kartentisch in der Ecke und tippte die Kassenbelege in einen Taschenrechner ein.
»Hab’ ich wieder mal ein paar Strafzettel nicht bezahlt?« sagte Gouza.
Ich hielt ihm meine Marke hin. »Nein. Ich bin Dave Robicheaux vom Büro des Sheriffs von Iberia Parish, Mr. Gouza. Es handelt sich nur um einen zwanglosen Besuch. Hätten Sie was dagegen, wenn ich mich setze?«
Wenn ihm mein Name etwas sagte, zeigte es sich jedenfalls nicht in seinen Augen oder seinem Lächeln.
»Immer zu, solange Sie sich nicht dran stören, daß ich hier zu arbeiten habe. Wir müssen was fürs Finanzamt fertigmachen.«
»Ich bin auf der Suche nach Jack Gates«, sagte ich.
»Wer?«
»Oder Eddy Raintree.«
»Wer?«
»Wie steht’s mit Jewel Fluck?«
» Fluck ? Wollen Sie mich verscheißern?«
»Kommen wir noch mal zu Jack Gates zurück. Sie haben den Namen noch nie gehört?«
»Fehlanzeige.«
»Das ist aber eigenartig. Man erzählt sich, er sei es gewesen, der Ihren Schwager im laufenden Propeller eines Flugzeugs zu Hackfleisch verarbeitet hat.«
Er nahm das Streichholz aus dem Mundwinkel und lachte.
»Klasse Story. Hör’ ich mir seit Jahren immer wieder gern an. Nur daß es Blödsinn ist«, sagte er. »Mein Schwager kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, als er nach Disneyland wollte. Eine große Tragödie für meine Familie.«
Der Mann am anderen Tisch grinste und nickte bekräftigend, ohne seine Abrechnung zu unterbrechen. Dann steckte Joey Gouza das Streichholz wieder in den Mund. Ein amüsiertes Funkeln trat in seine Augen, als er sie über mich streifen ließ.
»Iberia Parish, sagten Sie?« fragte er.
»Genau.«
»Rasieren ist da draußen wohl nicht so angesagt, oder täusche ich mich da?«
»Wir vom Land sind in der Hinsicht etwas lässiger. Kommen wir zur Sache, Joey. Sie sind ein Schränker alter Schule. Was für einen Grund könnte es geben, daß Sie Weldon Sonnier ans Leder wollen?«
»Weldon Sonnier?«
»Oder
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