Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
bat sie, heute abend noch bei Bootsie vorbeizuschauen und morgen früh wiederzukommen und den Haushalt zu machen.
Ich nahm eine Dusche in einer Kabine mit Blechwänden. Das Wasser war so kalt, daß es mir den Atem nahm. Dann schlüpfte ich wieder in dieselben Kleider, die ich den ganzen Tag getragen hatte, aß in Fat Albert’s auf der St. Charles einen Teller mit Reis, roten Bohnen und Würstchen und brach dann auf zu einer Odyssee im Neonlicht durch die Rockerlokale der Bezirke Jefferson und Orleans.
Es ist eine seltsame, atavistische Welt voller archaischer Stammesrituale, der man da einen Besuch abstattet. Als Individuen sind ihre Bewohner für mich gewöhnlich unselige, von Mißerfolg verfolgte Geschöpfe, die unter einem schlechten Stern geboren wurden und deren größte Erfolgserlebnisse im Leben für gewöhnlich darin bestehen, nicht ins Gefängnis zu müssen, Schulden bei den Kautionsagenturen abstottern zu können und die Termine mit Bewährungshelfern und Sozialarbeitern einzuhalten. Es ist wahrscheinlich kein reiner Zufall, daß die meisten häßlich und dumm sind. Aber in der Gruppe sind sie sowohl furchterregend als auch ein ewiger Quell der Faszination für diejenigen, die sich fragen, wie es wohl wäre, ihr langweiliges und geregeltes Leben einzutauschen gegen einen wirklichen Tanz am Rande des Vulkans.
Die erste Bar, die ich aufsuchte, war draußen am Airline Highway. Sie müssen sich das so vorstellen: Ein Parkplatz aus Schiefergestein, auf dem eine gestrippte Harley an der anderen steht, alle so blank poliert, daß das Chrom und die schwarzen Lackflächen in der Nacht richtig zu schillern scheinen; ein schwerer Motorradstiefel, der ein Starterpedal runtertritt, das ohrenbetäubende Röhren ungedämpfter Auspuffrohre, das verlorene Klirren einer einzelnen Bierflasche, die jemand in die Äste einer Eiche wirft, ein Mann, der ungerührt und lautstark vor den Scheinwerfern eines Pickups auf den Parkplatz uriniert, die muskulösen Beine in den Bluejeans mit der inneren Selbstzufriedenheit eines Gladiators gespreizt. Das aus billigen Brettern und Schindeln gezimmerte Gebäude war dicht gefüllt mit Männern in ärmellosen Levis-Jacken, mit metallbestückten Stiefeln, über den Genitialien und an den Beinen schwarzes Leder, das lose flatterte wie die Chaperons von Wildwest-Revolvermännern. Die Körper waren behangen mit schweren Ketten und eisernen Kreuzen und über und über bedeckt von Haar und Tätowierungen – Hakenkreuze und Schlangen mit Totenschädeln zwischen den Giftzähnen. Die Luft war dick, Kautabak, Schnupftabak, Zigarettenrauch, so intensiv, als hätte man nasses Nikotin in die Kleidung gerieben, Wagenschmiere und Motoröl, Marihuana, abgerundet von Testosteron und eingetrocknetem Sperma.
Ich war mir sicher, daß der Mann mit der Tigertätowierung, der vor Cletes Wohnung mit dem Motorrad gesehen worden war, Eddie Raintree gewesen war, aber das Schmiergeld hatte ein anderer Biker in meinen Briefkasten gesteckt. Was bedeutete, daß es da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Verbindung zwischen Bikern, der Aryan Brotherhood, ehemaligen Zuchthäuslern und Bobby Earl oder Joey Gouza gab. Das ergab einen Sinn. Die meisten Biker und Rocker, die mir über den Weg gelaufen waren, waren Sexualfaschisten, und sie waren immer auf der Suche nach neuen und wehrlosen Zielen für die Wut und das dunkle Blut, das da wie wilde Vögel im Käfig ihrer Lenden pochte.
Aber weder in der Bar am Airline Highway noch in einem der anderen Lokale, die ich bis drei Uhr morgens abklapperte, kam ich auch nur einen Schritt weiter. Niemand kannte Eddie Raintree, keiner hatte je von ihm gehört oder zeigte auch nur die geringste Reaktion, wenn man ihm sein Foto zeigte. Aber als ich einen allerletzten Versuch startete, drüben in Algiers auf der anderen Seite des Flusses, in einem Billardsalon, einem schmalen Ziegelgebäude zwischen zwei Lagerhäusern, den vorher Schwarze geführt hatten, ließ sich eine betrunkene Frau von mir an der Bar zu einer Schale Chili einladen und versuchte auf ihre traurige Art, mir zu helfen.
Ihr Haar war platinblond, aber dunkel an den Wurzeln, und auf dem Arm hatte sie die Zahl 69 tätowiert. Sie trug ein ärmelloses gelbes T-Shirt, keinen BH und ein paar ausgebleichte Levis, die ihr so tief wie ein Bikini in den Hüften saßen. (Ich hatte die Frauen, die sich mit Rockern abgaben, nie richtig verstehen können, weil sie von ihnen mit ziemlicher Regelmäßigkeit im Pulk
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