Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
innen gekehrt; im Licht, das von den Bäumen gebrochen wurde, wirkte ihr Haar wie von einer Rauchschicht umgeben.
»Wenn diese Sache durchgestanden ist, können wir sie vielleicht ja mal zum Abendessen einladen«, sagte sie.
»Das wäre schön.«
»Dir macht es nichts aus?«
»Nein, selbstverständlich nicht.«
»Warum hat niemand ...« begann sie. Dann unterbrach sie sich, hüstelte und sagte: »Ich wär’ nie drauf gekommen. Die arme Drew.«
Ich drückte ihre Hand; aber sie lag trocken und schlaff in meiner. Ihre Mundwinkel waren etwas nach unten gezogen – der Gesichtsausdruck eines Menschen, der im falschen Augenblick eine Schlafzimmertür geöffnet hat. Dann stand sie auf und machte sich daran, den Tisch abzuräumen, das Gesicht voll auf diese Aufgabe konzentriert.
»Ich werde sie fragen, ob sie mal in Lafayette mit mir bummeln gehen will«, sagte sie. »Meinst du, das würde sie gern tun?«
»Sicher«, sagte ich.
Du bist ein Goldstück, Boots, dachte ich bei mir.
Draußen auf dem Baseballfeld ertönte ein Aufschrei von den Kindern, als jemand den Ball ins Fangnetz drosch.
Es dämmerte bereits, als wir wieder nach Hause kamen, und die Luft war schwer und kühl. Kein Windhauch regte sich, und das laute Gequake der Frösche draußen in den Zypressen war allgegenwärtig. Ich parkte unter den Pecanbäumen im Garten vor dem Haus, und Bootsie und Alafair gingen schon rein, während ich noch das Wagenfenster hochkurbelte. Der Himmel hatte mittlerweile einen blauschwarzen Ton angenommen, so wie dunkles Gußeisen, und ich spürte in meinen Knochen, daß das Barometer wieder fiel. Ich roch Schwefel und aus der Ferne herannahenden Regen. Als ich gerade die sanfte Steigung zur Veranda hochgehen wollte, holperte ein klappriger Truck mit flacher Ladefläche über die Schlaglöcher in der unbefestigten Straße und bog in meine Auffahrt. Hinten im Wagen war ein riesiges verchromtes Kreuz, das obere Ende aufs Dach der Fahrerkabine gestützt, das untere wie ein Segelmast auf der Ladefläche vertäut.
Lyle Sonnier machte den Motor aus und kletterte mit breitem Grinsen vom Trittbrett herunter. Er trug einen gestreiften Overall, kein Hemd darunter, und ein kräftiger Sonnenbrand zog sich über die dünne Brust und die Schultern.
»Ich hab’ mir gedacht, ich schau’ mal, ob du vielleicht noch ein paar Minuten Zeit für mich hast. Geht ganz schnell«, sagte er. »Was meinst du?«
»Sieht aus, als sei es aus Stoßstangen.«
»Stimmt. Ich und ein Freund in Lafayette haben es mit dem Schweißbrenner gemacht – innen Holz, außen eine Metallschicht. Wie gefällt es dir?«
Batist hatte die Lichterkette aus Glühbirnen angelassen, die wir über dem Anlegesteg hängen hatten, und silbernes und blaues Licht tanzte und funkelte auf dem Kreuz.
»Sieht aus wie ein richtiges Kunstwerk. Toll«, sagte ich.
»Danke, Loot. Ist das einzige, was mir der Reverend Jimmy Bob Clock hinterlassen hat, als sie ihn nach Parchman Farm verfrachtet haben. Wir waren etwas außerhalb von New Albany in Mississippi, wo irgendwelche Orang Utans vom Ku-Klux-Klan mitten in einem Feld ein Kreuz verbrannt hatten, und wir saßen da auf der Straße in unserem Truck und Jimmy Bob verspachtelte gerade einen Hamburger und sah dabei die ganze Zeit dieses schwarze Kreuz an. Dann sagte er: ›Wäre dumm, gutes Baumaterial einfach verkommen zu lassen.‹ Dann latscht er über die Straße zu dem Feld hin und gibt dem farbigen Farmer, der da gerade mit dem Pflug zugange war, einen Dollar dafür.
›Was um alles in der Welt sollen wir damit anfangen?‹ sag’ ich zu ihm.
Und er sagt zu mir: ›Mein Sohn, das interessanteste Lokal in einem Dreckloch wie diesem hier ist die Dairy-Queen-Filiale am Samstagabend. Und wenn du hier als Wanderprediger dein Zelt füllen willst, muß der Himmel hell erleuchtet sein.‹
Er geht in den nächsten Supermarkt, kauft acht Rollen Alufolie und wickelt das Kreuz darin ein. Dann sind wir zu irgendeinem Schrottplatz rausgefahren, wo er einen Kerl fand, der ihm eine Lichterkette mit lauter Glühbirnen dran festmachte. Noch in derselben Nacht haben wir es auf einem Hügel aufgestellt, ein ganzes Stück von unserem Zelt weg, wo wir es dann an den Generator angeschlossen haben. Es hat so hell geleuchtet, daß man’s trotz Nebel noch fünf Meilen weit gesehen hat.«
Ich nickte abwesend und blickte hoch zu meiner Veranda, wo Licht brannte.
»Nun ... Hatte nicht vor, dir die Zeit zu stehlen«, sagte er. »Ich wollte dir nur sagen,
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