Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Titel: Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Rothenberg
Vom Netzwerk:
mir leid, Kumpel.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber du weißt so gut wie ich, dass ich da nicht durchkomme.«
    Er nieste.
    »Wem sagst du das.«
    Er kam zurückgesprungen, wälzte sich neben mir im Gras und gab dabei Geräusche von sich, die eher von einer Hyäne zu kommen schienen als von einem Hund. Ich ging hinters Haus und warf einen Blick durchs Fenster.
    Drinnen sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
    Das Geschirr stapelte sich in der Küche. Zeitschriften und alte Zeitungen lagen überall verstreut. Die Zimmer waren nur schwach beleuchtet, und auf der Theke entdeckte ich ein paar leere Pappschachteln vom chinesischen Take-away-Imbiss.
    »Hoppla«, sagte ich zu Ham. »Was ist denn hier passiert?« Niemals würde Mom das Haus so verkommen lassen. Auf keinen Fall. Ich lief zur Garage und spähte durch das kleine runde Fenster hinein. Moms Auto war weg. Dabei war es bald Abendessenszeit, und sie hätte definitiv zu Hause sein müssen. Ich schaute erneut in die Garage, um sicherzugehen, dass ich mich nicht getäuscht hatte.
    Kein Subaru.
    Langsam begann ich mir Sorgen zu machen. Wenn Mom nicht hier war, war auch Jack nicht hier. Ich ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Vielleicht besuchten sie meine Großeltern in Vancouver. Oder sie waren zu meiner Tante und meinem Onkel nach Portland gefahren. Aber es waren doch noch keine Ferien, oder? Und wenn es so wäre, hätten sie dann nicht auch Hamloaf mitgenommen? Wir nahmen Hamloaf immer mit in Ferien. Immer.
    Der kam angetrottet, setzte sich ein paar Meter von mir entfernt auf den Rasen und sah mich an.
    »Wo ist Mom?«, fragte ich ihn. »Wo ist Jack?«
    Und wieder jaulte er bei Jacks Namen wie verrückt.
    »Okay, okay!« Ich hielt mir die Ohren zu. »Kein gutes Thema, hab verstanden!«
    Er legte sich hin, den Kopf auf den Vorderpfoten. Seine Augen sagten mir genau das, was ich nicht hören wollte.
    Fort. Sie sind fortgegangen.
    »Sie weiß Bescheid«, flüsterte ich. »Mom hat ihn erwischt.«
    Ich sah wütend zum Haus hinüber. Das war alles Dads Schuld. Alles. Er hatte meine Familie zerstört. Er hatte Mom und Jack vertrieben. Er musste ein Monster sein, um zu zerstören, was wir hatten.
    Und ich würde ihm das niemals verzeihen.
    Mein Blick fiel auf einen Stein, der wenige Meter neben mir lag. Nicht zu groß und nicht zu klein. Hamloaf folgte meinem Blick und stürzte sich darauf, als sei es ein Stock oder ein Tennisball, aber ich scheuchte ihn weg.
    »Aus! Das ist kein Spielzeug!«
    Er wich zurück, hielt es aber immer noch für ein Spiel.
    Fokussieren. Kontrolle.
    Ich stellte mir meine Finger vor, wie sie sich um die kühle, glatte Oberfläche des Steins schlossen. Langsam beugte ich mich nach unten und bemühte mich, ruhig zu bleiben. Stark zu bleiben. Meinem Gehirn schickte ich die einfachste Nachricht, die mir einfiel.
    Heb ihn auf.
    Und plötzlich tat ich das auch.
    Ich rollte ihn einen Moment in meiner Hand hin und her, fühlte seine spitzen Kanten und rauen Flächen und wunderte mich, wie etwas so Kleines so schwer sein konnte. Dann richtete ich mich auf, holte aus und schleuderte den Stein auf unser Haus.
    Wie in Zeitlupe sah ich ihn durch die Luft und auf das große Gartenfenster zufliegen. Und während der Stein die Scheibe durchschlug und die Scherben auf die Veranda fielen, hörte ich das Geräusch berstenden Glases.
    Von drinnen erschallte Dads Stimme. »Was zum Teufel? Hey! Wer ist da draußen?«
    Ich wollte ihn auf keinen Fall sehen. Er musste in meinem Kopf ein Monster bleiben. Wenn er aussah wie der Dad in meiner Erinnerung, den ich geliebt hatte, würde ich wohl kaum die Kraft aufbringen wegzulaufen. Also rannte ich, so schnell mich meine toten Beine trugen, weg vom Haus. »Ich hasse dich!«, schrie ich. »Ich hasse dich!«
    Erst als meine Ballerinas wenig später Sand berührten und ich die kühle Meeresbrise durch mein Haar wehen spürte, erlaubte ich mir anzuhalten und Atem zu schöpfen. Ich hockte mich in den Sand, verbarg mein Gesicht in den Händen und ließ meine Tränen fließen. Ich kniff die Augen zusammen und spürte von Neuem die Welt über mir zusammenbrechen. Und dieses Mal war ich wirklich vollkommen allein.
    Mom und Jack sind fort. Mein Dad ist ein Monster. Unsere Familie gibt es nicht mehr.
    Doch dann hörte ich ein Niesen. Und ich spürte eine feuchte, warme Schnauze an meiner Wange. Als ich die Augen öffnete, wusste ich, dass ich doch nicht allein war.
    Nicht wirklich.
    Denn Hamloaf war mir gefolgt.

29
    in

Weitere Kostenlose Bücher