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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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werden, genau wie die äthiopische, und dann würde es einen weiteren Gilo River geben, und ich wusste, das wäre dann nicht mehr zu ertragen. Ich wusste, wenn das noch einmal passierte, würde ich nicht mehr die Kraft haben, wegzulaufen oder zu schwimmen oder ein stilles Baby zu tragen.
    Deshalb blieb ich in jener Nacht stehen. Ich setzte mich hin und sah zu, wie die Jungen vorbeischlurften. Es war eine Wohltat, nicht mehr zu gehen. Ich war so müde. Ich war viel müder, als mir bewusst gewesen war, und als ich mich auf die warme Straße setzte, spürte ich eine so große Erleichterung wie noch nie. Und weil mein Körper die Rast so begrüßte, fragte ich mich, ob ich wie William K einfach die Augen schließen und sterben könnte. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, schon kurz davor zu sein, von einer Welt in die nächste zu fallen, aber vielleicht hatte William K das Gefühl ja auch nicht gehabt. Also legte ich meinen Kopf nach hinten auf die Straße und blickte in den Himmel.
    – He, steh auf. Sonst wirst du überfahren.
    Es war die Stimme eines Jungen, der an mir vorbeiging. Ich sagte nichts.
    – Alles in Ordnung mit dir?
    – Mir geht’s gut, sagte ich. – Geh weiter, bitte.
    Die Nacht war sehr klar, die Sterne achtlos über den Himmel gestreut.
    Ich schloss die Augen, Tabitha, und ich beschwor die Erinnerung an meine Mutter herauf, so gut ich konnte. Ich stellte sie mir in Gelb vor, ein Gelb wie das der Abendsonne, wie sie den Pfad entlangkam. Ich sah sie gern über den Pfad auf mich zukommen, und in meiner Vision ließ ich sie den ganzen Weg gehen. Als sie bei mir war, sagte ich zu ihr, dass ich zu müde sei, um weiterzugehen, dass ich nur wieder leiden und andere leiden sehen würde und dann darauf warten würde, erneut zu leiden. In meiner Vision sagte sie nichts, weil ich nicht wusste, was meine Mutter darauf antworten würde, also ließ ich sie schweigen. Dann spülte ich sie aus meinem Kopf. Ich dachte, um zu sterben, müsse ich meinen Kopf von allen Gedanken, allen Visionen reinigen und dürfe mich nur auf den Übergang konzentrieren.
    Ich wartete. Ich lag da, ausgestreckt auf dem Schotter, und wartete auf den Tod. Noch immer hörte ich die Füße der Jungen vorbeischlurfen, doch bald störte mich niemand mehr, und das empfand ich als Segen. Vielleicht glaubten sie ja, ich sei schon tot. Vielleicht konnten sie mich bei der Dunkelheit und dem Wind gar nicht sehen. Ich hatte das Gefühl, an einer Grenze zu sein, und wenn es nur die Grenze zu einem leichten Schlaf war, als vor mir ein Paar Füße anhielt. Ich spürte jemanden über mir.
    – Du siehst nicht tot aus.
    Ich ignorierte die Stimme, eine Mädchenstimme.
    – Schläfst du?
    Ich antwortete nicht.
    – Ich habe gesagt, schläfst du?
    Es war völlig falsch, dass diese Stimme so laut in mein Ohr drang. Ich rührte mich nicht.
    – Ich sehe doch, dass du die Augen zudrückst. Ich weiß, dass du lebst.
    Ich verfluchte sie aus ganzem Herzen.
    – Du kannst nicht hier auf der Straße schlafen.
    Ich versuchte weiter, die Welt durch meine geschlossenen Augen zu verlassen.
    – Mach sie auf.
    Ich hielt sie geschlossen, jetzt noch fester.
    – Du kannst nicht schlafen, wenn du es so angestrengt versuchst.
    Das war richtig. Ich öffnete die Augen ein wenig und sah ein Gesicht, gerade mal zehn Zentimeter von meinem eigenen entfernt. Es war ein Mädchen, etwas jünger als ich selbst. Eines der wenigen Mädchen auf dem Marsch.
    – Bitte lass mich in Ruhe, flüsterte ich.
    – Du siehst aus wie mein Bruder, sagte sie.
    Ich schloss die Augen wieder.
    – Er ist tot. Aber du siehst aus wie er. Steh auf. Wir sind jetzt die Letzten.
    – Bitte. Ich ruhe mich aus.
    – Du kannst dich nicht auf der Straße ausruhen.
    – Ich habe mich früher auch schon auf Straßen ausgeruht. Bitte lass mich.
    – Dann bleibe ich hier bei dir.
    – Ich werde ewig hierbleiben.
    Sie grub ihre Faust in mein Hemd und zog.
    – Wirst du nicht. Sei nicht blöd. Steh auf. Sie zog mich hoch, und wir gingen weiter. Das Mädchen hieß Maria.
    Ich beschloss, dass es leichter war, mit diesem Mädchen zu gehen als mit ihr in der Dunkelheit zu streiten. Ich konnte auch morgen noch sterben, sie konnte nicht ewig auf mich aufpassen. Also ging ich mit ihr, um ihr eine Freude zu machen, sie zum Schweigen zu bringen, und beim ersten Tageslicht waren wir mit zehntausend anderen mitten in der Wüste. Das sollte unser nächstes Zuhause werden, so erklärte man uns. Und wir standen dort und warteten,

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