Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
unverantwortlicher Vorschlag. Und hinzu kommt noch…«, er schnaubte angewidert, » …dass du eine junge, alleinstehende Frau bist. Erwartet er von dir, dass du auf diesem abgelegenen Anwesen allein lebst?« Ronald lachte.
» Dad, hör mir zu. Ich habe nicht abgelehnt.« Auch nicht angenommen, dachte Sarah. Sie wusste, dass sie ihrem Großvater eine Antwort geben musste, wenn er auch wahrscheinlich davon ausgegangen war, dass sie annehmen würde. Ihr Vater jedoch wollte offensichtlich nicht, dass sie Wangallon erbte.
Als er aufhörte zu lachen, sagte Ronald amüsiert: » Wenn ich dich richtig verstanden habe, erwartet Dad von dir, dass du Anthony letztendlich heiratest.« Dass sein Vater sein Testament davon abhängig machte, dass Anthony Verwalter blieb, fand er am allerbesten. Er schenkte seiner Tochter ebenfalls einen Shiraz ein und trank einen Schluck von seinem Rotwein. » Es ist also ganz einfach: Wenn du Wangallon haben willst, musst du Anthony heiraten. Blutlinie und Erbe sind gesichert, und Wangallon bleibt bestehen.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
» Ach was, Dad, wie kommst du denn auf die Idee? Warum gerade Anthony? Das ist unmöglich.«
» Du darfst dich nicht mit meinem Vater wegen Wangallon zerstreiten. Nichts ist schlimmer, als nicht seinem…« Ronald hob sein Glas und trank durstig, bevor er sich den restlichen Wein einschenkte. » Ich kann dir nur raten, die Bedingungen für das Erbe zu akzeptieren. Sag einfach ja. Ein Testament ist ein Testament, Sarah, da gibt es nichts zu diskutieren.« Er drückte den Korken auf die Flasche. » Und wenn die Zeit gekommen ist, verkaufst du es. Du bist die einzige Erbin, du hast das Recht dazu. In Geschäften ist kein Platz für Sentimentalität, und die Tage arrangierter Heiraten sind vorüber. Wangallons Zeit ist vorüber.«
Sarah blieb der Mund offen stehen. » Dad, das kann ich nicht machen. Wie kannst du mir sagen, ich solle Wangallon verkaufen?«
» Du hast seit einer Ewigkeit nicht mehr im Busch gelebt.«
» Aber es ist falsch. Ich würde Großvater anlügen. Und was ist mit Cameron? Wir können doch nicht das Land verkaufen, in dem er begraben liegt. Und was ist mit all den anderen, die dort begraben sind? Mit unseren Vorfahren?«
» Cameron ist tot, Sarah, und die Zeit der Gordons ist vorbei.«
» Aber, Dad…«
» Sei nicht so schrecklich melodramatisch, Mädchen. Wenn die Farm dir so viel bedeutet, dann hättest du bleiben sollen.«
» Das ist jetzt wirklich unfair, Dad.« Sarah konnte es nicht fassen, dass ihr Vater die Verletzungen der Vergangenheit so einfach vergessen konnte.
Ronald zuckte mit den Schultern. » Du bist meine Tochter, und ich weiß genug, um zu verstehen, warum du ursprünglich gegangen bist. Manchmal nützen einem auch die besten Absichten nichts, Sarah. Und manchmal ist es besser so. Du hast jetzt ein schönes Leben, und du hast einen guten Mann an deiner Seite. Zerstör dieses Glück nicht, indem du einem romantischen Begriff von Verpflichtung und Vorfahren folgst.«
» Aber…«
» Geh ins Bett«, erklärte Ronald. » Und denk über alles noch einmal nach.«
Gegen Ende des Winters, 1867
Wangallon Station
Rose saß ruhig auf einem dreibeinigen Hocker neben ihrem Schlafzimmerfenster und nähte. Da sie sich schon dreimal in den Finger gestochen hatte, hielt sie jetzt inne, als sie sich Abdullahs schönes Gesicht vorstellte und noch einmal den Moment erlebte, als seine Lippen ihre Haut berührten. Sie saugte an dem Blutstropfen auf ihrem Zeigefinger und wickelte vorsichtig ein Stück Stoff darum, bevor sie mit der Arbeit fortfuhr. Sie hatte den Ausschnitt ihres rosafarbenen Kleids aufgetrennt und zarte cremefarbene Spitze hineingenäht. Die Wirkung war perfekt. Die Spitze brachte die Seide zum Schimmern, und sie würde ihrem Teint schmeicheln, dachte Rose errötend. Leicht fuhr sie mit den Fingern über die kleine Stelle an ihrem Hals, und wieder musste sie an Abdullahs Lippen denken. Energisch drehte sie das Kleid um, machte noch zwei Stiche und biss dann den Faden ab. Jetzt hatte ihr Kleid einen tieferen Ausschnitt, der von Spitze gesäumt wurde. Ein letztes Mal bewunderte Rose ihre Handarbeit, dann legte sie das Kleid zum Lüften über einen Stuhl mit hoher Lehne.
Nachdem sie mit einer leicht mürrischen Mrs Cudlow die Mahlzeiten besprochen hatte, hatte sie für den Tag noch zahlreiche kleinere Pflichten. Rose überprüfte ihre Garderobe und nähte weiter an dem Kleid aus moosgrüner Seide. Da
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