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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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hatte. Er trat das Feuer mit seinen Sandalen aus, bevor er zum Rollwagen ging. Hamish bückte sich und nahm eine Handvoll Erde vom Grabhügel, steckte sie in die Tasche und drehte den Goldfeldern den Rücken zu.

Winter 1983
    West Wangallon
    Anthony ging zu den Ställen. Er wusste, dass Sarah jetzt die Stute fütterte. Charlotte sollte in den nächsten Monaten fohlen und bekam abends zusätzlichen Hafer. Wenigstens einmal alle vierzehn Tage hielt sich Anthony unter einem Vorwand in der Nähe auf, obwohl er doch in den Cowboy-Unterkünften auf Wangallon wohnte, einige Kilometer von Sarahs Zuhause entfernt. Leise trat er näher und sah zu, wie Sarah mit ihrem Taschenmesser den Futterbeutel aufschnitt. Rasch zog sie den Jutesack auseinander, und während sie den Eimer füllte, schubste Charlotte sie schon ungeduldig mit dem Kopf.
    » Ruhig, Mädchen. Lass mich zuerst einmal den Eimer füllen.« Sarah trug den Eimer in den Stall, während Charlotte ihr dicht auf den Fersen blieb.
    Anthony hörte das mahlende Geräusch der Pferdegebisse und Sarahs beruhigende Stimme. Es dämmerte schon fast, und die Geräusche des Tages traten langsam zurück. Grillen zirpten, und von den Hügeln drang das anschwellende Summen der Zikaden.
    Sie waren nur drei Jahre auseinander, dachte Anthony. Eigentlich nicht viel. Er und Cameron waren schon bald einundzwanzig, während Sarah demnächst ihren achtzehnten Geburtstag feierte. Er steckte die Hände in die Taschen; ein Jahr war er jetzt schon auf Wangallon, das beste Jahr seines Lebens. Angus hatte ihm große Verantwortung übertragen, und mit Cameron war er eng befreundet. Die Tatsache, dass Sarah Gordon seinen kleinen Freundeskreis komplettierte, trug nur noch dazu bei, dass er seinen Aufenthalt auf der Farm jeden Tag aufs Neue genoss. Natürlich war er traurig gewesen, als er die Stelle auf Wangallon hatte annehmen müssen, weil sein älterer Bruder die elterliche Farm erben würde und nicht er, aber mittlerweile konnte er sich schon gar nicht mehr vorstellen, woanders zu leben. Es machte ihn immer noch stolz, dass Angus Gordon ihn eingestellt hatte, und er musste zugeben, dass er zur Arroganz neigte, wenn er mit den anderen Cowboys in der Gegend sprach. Selbst sein eigener Vater hatte ihm gratuliert, weil er von den Gordons » auserwählt« worden war. Freunde fragten ihn, ob der alte Kerl wirklich so ein gemeiner Bastard war, wie es hieß. Gleichzeitig bewunderte man ihn aber auch überall wegen seines scharfen Verstands.
    Anthony versuchte, aus Cameron etwas über seinen Großvater herauszubekommen, aber es war unmöglich, die Legende von der Realität zu trennen. Es gab zahlreiche Geschichten und Gerüchte, die Angus’ Vater, Hamish, mit Viehdiebstahl und illegalen Geschäften in Verbindung brachten, über den Tod von Familienmitgliedern und Aborigines, doch selbst Cameron war der Meinung, dass man an solche Dinge besser nicht rührte. Also musste Anthony sich mit den allgemein bekannten Fakten begnügen. Angus stammte aus einer zweiten Ehe. Sein Vater war schon Anfang sechzig gewesen, als er auf die Welt kam, und die Einheimischen hielten ihn für genauso reich und gerissen wie ihn.
    » Hi.« Sarah kam mit dem Eimer in der Hand aus den Ställen. Ihr hellblauer Pulli war schmutzig, und ihre Augen strahlten. » Was gibt es?«
    » Ich wollte dir das hier zurückgeben.« Er hielt ihr einen weißgelben Umschlag hin.
    Sarah warf den Eimer mitsamt dem Futtersack in den Schuppen und verriegelte die Tür. Nervös umklammerte sie die Türklinke. Seit Camerons Begegnung mit den Wildschweinen hatten ihre schulischen Verpflichtungen wegen des bevorstehenden Highschool-Examens so zugenommen, dass sie praktisch keine freie Minute mehr hatte. Und doch gelang es ihr, Anthony mindestens einmal in der Woche zu sehen, und für gewöhnlich war es hier an den Ställen. Sie wischte sich die Hände an der Jeans ab und ergriff den Umschlag. Er enthielt die Fotos, die sie auf ihrem Ausflug ins Guajak-Gehölz gemacht hatte. » Danke.«
    » Ich habe mir Abzüge machen lassen. Es sind wirklich großartige Fotos. Vor allem das eine von Cameron, wo er ganz still steht.«
    Das war auch Sarahs Lieblingsfoto. » Er sah ziemlich mitgenommen aus.«
    » Du solltest mal an einem Fotowettbewerb teilnehmen.«
    » Ach was, ich knipse doch nur so herum.«
    Das fand Anthony gar nicht. Er hatte die Fotos einem Fotografen in der Stadt gezeigt, der gesagt hatte, Sarah hätte einen guten Blick für Komposition. » Was macht das

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