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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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wohnte, nahm Jimmy an, daß sie früher oder später alle gemeinsam auf der Farm leben würden. Außerdem hatte Jimmy Erkundigungen über Netta eingezogen. Sie war ein hübsches, nettes Mädchen, das eine gute Ehefrau für ihn abgeben würde. Als Casey das Pferd, einen großen Apfelschimmel, herbeiführte, sprang Jimmy über den Zaun. »Was halten Sie von dem?« rief Casey Missibel zu, die lachend antwortete: »Fragen Sie nicht mich, sondern Jimmy.« »Gutes Pferd«, rief Jimmy und sprang auf den Rücken des Tieres, ehe sie ihre Meinung ändern konnten. Die Schwarzen klatschten und jubelten, und den Cowboys, die rauchend auf dem Zaun hockten, war es einerlei. Ihre Aufmerksamkeit galt den Zureitern, die gerade mit einem störrischen jungen Hengst zu kämpfen hatten. Mit stolzgeschwellter Brust ritt Jimmy davon, um mit diesem schönen Tier, das nun für immer sein Freund und Gefährte sein sollte, allein zu sein. Er sprach mit dem Pferd, streichelte es und ließ es gehen, wohin es wollte. Weil er befürchtete, seinen Freund zu ermüden, ließ er das Pferd schließlich im Pferch frei und wandte sich pflichtbewußt seiner Stallarbeit zu.    
     
    * * *
     
    Am Nachmittag streifte er mit Missibel und Netta durch den Busch. Missibel trug einen kleinen Revolver um die Hüfte geschnallt, auf den sie sehr stolz war. »Hier gibt es so viele Schlangen«, erklärte sie Jimmy. »Ohne Revolver gehe ich nie aus.« Netta kicherte, und Jimmy lächelte sie an. Sie hatten keinen Revolver nötig, um eine Schlange unschädlich zu machen, doch das brauchte Sibell nicht zu wissen. Sie kamen an den großen schwarzen Akazien vorbei, die bald in voller Blüte stehen würden. ihre langen, gelben Dolden unterschieden sich von den Akazien, die Jimmy kannte, den gelblichen Büscheln, die er so sehr liebte. Jimmy hatte ein wenig Heimweh und dachte an seine Mutter. Inzwischen würde sie erfahren haben, was geschehen war. Bestimmt hatte Lawinas Schwester durch ihren Stamm die Nachricht weiterverbreitet, und niemand würde ihn verraten. Sie hatten sicherlich erfahren, daß es ihm gelungen war, zu entwischen, und sicherlich freuten sie sich darüber. »Kommt her«, rief Missibel da. »Ich will dir etwas zeigen, Jimmy.« Entsetzt wich Netta zurück. »Nicht da rauf!« rief sie. »Schlechte Medizin, böser Platz!« »Sei doch nicht dumm«, meinte Missibel. »Missus Charlotte hat mir die Stelle gezeigt. Es ist ein Initiationsplatz, Jimmy.« Sie bahnte sich einen Weg durchs Gebüsch, und Jimmy, der das Wort Initiation nicht verstand, folgte ihr, bis sie eine Lichtung erreichten. »Er ist sehr alt«, sagte Sibell, wobei sie auf den Steinkreis zeigte. Netta weigerte sich, auch nur einen Schritt weiterzugehen, doch Jimmy lief los und wunderte sich über diese Lichtung, auf der dünne Grashalme wuchsen. Warum war die Lichtung nicht wieder zugewachsen, wenn sie doch nicht mehr benutzt wurde? Es sah aus, als wären die Bäume wie Netta vor lauter Angst am Rand stehen geblieben. »Kommt dein Volk hierher?« fragte er Netta. »Nein, große Angst«, erwiderte sie. »So ein Unsinn!« rief Sibell aus. »Ich war schon hier, und nichts ist mit mir geschehen.« Allerdings fügte sie nicht hinzu, daß Charlotte, die damals bei ihr gewesen war, bei einem schrecklichen Unfall ihr Leben gelassen hatte. Aber das konnte ja wohl kaum Folge dieses abergläubischen Unsinns sein. »Vielleicht holen sich die Weißen die magische Krankheit nicht«, meinte Jimmy leise. Doch er bedauerte, das gesagt zu haben, als Netta ihn anfuhr. »Du bist ja schon ein halber Weißer«, zischte sie. »Geh doch.« Die Steine schienen vor seinen Augen zu wachsen wie Geister, die sich gerade den Bauch vollgeschlagen hatten, und der Duft der Akazienblüten lag schwer in der Luft. Über seinem Kopf raschelte bedrohlich das Laub. Plötzlich schossen Tausende von Budgerigars mit schwirrenden Flügeln hinauf in den blauen Himmel und verschwanden in der Ferne. Jimmy erschauderte, aber er durfte vor Netta nicht das Gesicht verlieren. Also schritt er voran. Jimmy Moon wußte, was Angst bedeutete, denn sie überkam ihn jedesmal, wenn er einem unbekannten Stamm begegnete. Diese schleichende Furcht jedoch, die er spürte, als er den uralten Kultplatz betrat, war ihm fremd. Er konnte den Tod förmlich riechen. Da er wußte, daß die Geister außerhalb der Zeit lebten, konnte er nicht feststellen, ob der mächtige Zauber viele Jahrhunderte alt oder erst kürzlich entstanden war. Oder, was noch schlimmer war,

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