Weites wildes Land
Pferdefutter« verhieß. »Sagten Sie nicht, daß dieses Hotel einer Mrs. Hamilton gehört?« fragte der Colonel, während er den Namen des Pächters über der Tür las. »Ja«, antwortete Sibell. »Ich habe ihr geschrieben, daß ich komme, aber Michael hat mir erzählt, der Postsack mit meinem Brief sei mit dem gleichen Schiff angekommen wie wir.« »Wenn die Stellung schon besetzt ist, haben Sie sich ganz schön lächerlich gemacht«, meinte Lorelei, aber Sibell ließ sich nicht verunsichern. Niemals würde sie nach Perth zurückkehren. »Das macht nichts. Dann suche ich mir eben etwas anderes.« »Sibell könnte Lehrerin werden«, schlug Michael vor. »Lehrerinnen und Gouvernanten sind hier Mangelware.« »Wenn Sie mich heiraten«, lächelte John Traffort, »müßten Sie überhaupt nicht mehr arbeiten, meine Liebe.« Sie betraten eine dämmrige, mit einem Teppich ausgelegte Hotelhalle, wo sie von einem kleinen dicken Mann empfangen wurden, der sich als »Digger Jones, Besitzer« vorstellte. Er nahm seine weiße Schürze ab. »Eben erst vom Schiff gekommen, stimmt's?« »Richtig«, antwortete der Colonel. »Diese Dame möchte zu Mrs. Hamilton.« »Ach ja, Mrs. Hamilton«, erwiderte er. »Charlotte ist schwer in Ordnung, aber Sie haben sie verpaßt. Ich habe ihr den Prince of Wales vor einiger Zeit abgekauft. Möchten Sie alle ein Zimmer? Bei uns gibt es die besten Zimmer und das beste Essen in der Stadt. Das kann ich Ihnen versichern.« »Wo kann ich Mrs. Hamilton finden?« fragte Sibell. Ihr Selbstvertrauen drohte sich wieder in Luft aufzulösen. »Sie ist im Busch, Miss, draußen auf der Farm.« »Oh, machen Sie sich nichts draus«, sagte Lorelei. »Wir beide können uns ja ein Zimmer teilen, Sibell, dann wird es billiger.« »Dann also nur die beiden Damen?« fragte Jones. Aber da mischte sich der Colonel ein. »Sie bleiben am besten vorerst hier«, wies er Sibell in seinem üblichen barschen Ton an. »Aber nehmen Sie sich getrennte Zimmer. Sie waren lange genug in einer Schiffskabine zusammengepfercht.« Sibell glaubte zu bemerken, wie Michael John einen anerkennenden Blick zuwarf, und fragte sich kurz, was das wohl zu bedeuten hatte. Inzwischen hatte der Wirt ihre Schlüssel gefunden, und Michael schlug vor, zur Feier der glücklich überstandenen Reise eine Flasche Champagner zu öffnen. »Ein wundervoller Einfall«, rief Lorelei aus. »Ich sterbe vor Durst. Ist außer mir noch niemandem aufgefallen, wie heiß es hier ist? Wenn ich nicht sofort etwas Kaltes zu trinken bekomme, falle ich um.« »Es ist wirklich heiß«, stimmte John zu. »Aber jetzt ist die Regenzeit bald vorbei. In ein paar Wochen ist es nicht mehr so schwül.« Michael lachte. »Stimmt. Die Luft wird klar, und dann fängt die Hitze erst richtig an.« »Verschonen Sie mich«, seufzte Lorelei und ging in Richtung Salon. Sibell wandte sich an den Wirt. »Entschuldigen Sie, Mr. Jones, wo liegt denn Mrs. Hamiltons Farm?« »Weit draußen, Miss. Zur Black Wattle Farm sind es einige hundert Meilen, schätze ich.« »Und wie komme ich dorthin?« Er sah sie erstaunt an. »Sie wollen zu einer Farm im Territory? Unmöglich! Einer Dame wie Ihnen würde ich davon abraten.« »Mrs. Hamilton scheint da anderer Ansicht zu sein«, warf der Colonel ein, aber Jones schüttelte den Kopf. »Mag sein, aber mit Charlotte ist das etwas anderes. Sie gehört in dieses Land. Sie ist mit ihrem Mann und den Kindern in der Pferdekutsche von Queensland hierher gefahren. Tausend Meilen durch diese schreckliche Einöde…« »Guter Gott!« rief Puckering aus. »Ich freue mich schon darauf, sie kennen zu lernen.« Er streckte die Hand aus. »Darf ich mich vorstellen, Sir? Colonel Puckering. Trete hier meinen Posten an. Polizeipräsident.« Jones ergriff freundlich seine Hand. »Schön, Sie kennen zu lernen. Sie werden feststellen, daß wir alle gesetzestreue Bürger sind. Denken Sie an meine Worte.« Ein chinesischer Diener eilte mit einem Tablett voller Gläser und Champagner herbei. Jones rief ihm zu: »Das geht auf Kosten des Hauses! Und nimm die guten Gläser.« Verlegen lächelte er den Colonel an. »Für Sie kostet es nichts, Sir. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.« »Ich danke Ihnen«, antwortete Puckering. »Nun sagen Sie mal, gibt es eine Fahrgelegenheit zur Black Wattle Farm? Miss Delahunty beabsichtigt, bei Mrs. Hamilton eine Stellung anzutreten, und ehe sie nicht mit ihr gesprochen hat, kann sie keine weiteren Entscheidungen treffen.« »Ich verstehe«,
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