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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gekreischt wie ein Fischweib, weil er mich so erschreckt hatte. Aber er war auch erschrocken, und da haben wir eben beide blindlings um uns geschlagen - er auf seine Weise, ich auf meine.«
    »Für körperliche Gewalt gibt es keine Entschuldigung.«
    »Nein?« fragte sie trocken. »Vorhin haben Sie meine Entschuldigung aber akzeptiert.«
    »Das ist wahr.« Er rieb sich unwillkürlich die Wange. »Aber wenn ich zurückgeschlagen hätte, wären Sie jetzt noch bewußtlos, Maggie.«
    »Was soll das heißen? Daß man von Männern mehr Verantwortungsbewußtsein erwarten kann als von Frauen?« Sie sah ihn mit einem dünnen Lächeln an. »Ich weiß nicht, ob ich Sie für gönnerhaft oder naiv halten soll.«
    »Im Zweifelsfall immer für naiv«, sagte er. »Ich kenne mich mit Frauen nicht aus, aber eines weiß ich - nur wenige könnten mich k. o. schlagen.« Seine Augen lachten sie an. »Ebenso sicher weiß ich, daß ich jede von ihnen bezwingen könnte. Und deswegen würde es mir - im Gegensatz zu Harding - niemals einfallen, meine Hand gegen eine Frau zu erheben.«
    »Ja, aber Sie sind ja auch so weise und abgeklärt, Nick«, versetzte sie gereizt, »und er nicht. Wie auch immer, ich weiß jedenfalls nicht mehr, wie es eigentlich passiert ist. Es ging alles so schnell. Es ist wahrscheinlich ziemlich erbärmlich, aber mir ist klargeworden, daß ich als Zeugin nicht viel tauge.«
    »Da sind Sie ganz normal«, sagte er. »Nur sehr wenige Menschen haben ein detailgenaues Gedächtnis.«
    »Also, ehrlich gesagt, ich glaube, Harding wollte versuchen, Stinger einzufangen, bevor er durchging, und hat erst zugeschlagen, als ich schrie, er sei pervers.« Deprimiert ließ sie die Schultern hängen. »Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Für mich war immer alles so klar und eindeutig, bevor Martin mich gründlich für dumm verkauft hat. Und jetzt bin ich nur noch unsicher. Heute morgen hätte ich augenblicklich Anzeige erstattet, aber jetzt kann ich nur daran denken, daß es mir das Herz brechen würde, wenn Bertie etwas zustieße. Ich liebe dieses verrückte Vieh, und es aus reiner Rechthaberei opfern - nein, das werde ich bestimmt nicht tun. Für Bertie lasse ich mir jeden Tag von so einem Affen eine runterhauen. Er ist treu , verdammt noch mal! Schön, er haut hin und wieder zu Ihnen ab, aber abends kommt er immer zu mir nach Hause und ist lieb und anhänglich.«
    »Okay.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen.
    »Ist das alles, was Sie dazu sagen?«
    »Ja.«
    Sie musterte ihn argwöhnisch. »Sie sind doch Polizist. Wieso streiten Sie jetzt nicht mit mir?«
    »Weil Sie intelligent genug sind, um Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, und nichts, was ich sagen könnte, Sie umstimmen wird.«
    »Genau!« Sie klatschte Butter auf eine Scheibe Brot und wartete darauf, daß er weiterreden würde. Als er schwieg, wurde sie unruhig. »Werden Sie Harding trotzdem vernehmen?« fragte sie.
    »Natürlich. Das muß ich. Hubschraubereinsätze sind nicht billig, und irgend jemand muß den von heute morgen rechtfertigen. Harding wurde mit Hundebissen ins Krankenhaus eingeliefert, und es ist meine Pflicht festzustellen, ob er den Angriff des Hundes provoziert hat oder nicht. Einer von Ihnen wurde heute morgen angegriffen, und ich muß herausfinden, wer von Ihnen das war. Wenn Sie Glück haben, hat er ein ebenso schlechtes Gewissen wie Sie, und die Sache wird im Sande verlaufen. Wenn Sie Pech haben, bin ich heute abend wieder da, um Ihre Aussage aufzunehmen als Antwort auf seine Behauptung, daß Sie Ihren Hund nicht unter Kontrolle hatten.«
    »Das ist Erpressung.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie und Steven Harding genießen vor dem Gesetz die gleichen Rechte. Wenn er behauptet, Bertie hätte ihn grundlos angegriffen, werde ich dieser Behauptung nachgehen, und wenn ich den Eindruck habe, daß sie zutrifft, werde ich meinen Bericht der Staatsanwaltschaft übergeben und vorschlagen, ein Verfahren gegen Sie einzuleiten. Ich mag den Mann vielleicht nicht, Maggie, aber wenn ich glaube, daß er die Wahrheit sagt, werde ich ihn unterstützen. Dafür werde ich von der Gesellschaft bezahlt, ohne Rücksicht auf meine persönlichen Gefühle und ohne Rücksicht darauf, wie es sich auf die Beteiligten auswirken könnte.«
    Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Arbeitsplatte. »Ich hatte keine Ahnung, daß Sie so ein engstirniger Bürokrat sind.«
    Ingram blieb gelassen. »Und ich hatte keine Ahnung, daß Sie sich einbilden, Sie genössen eine

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