Wellenbrecher
Galbraith’ Stirnrunzeln. »Sechs Monate Quarantäne kosten den Eigentümer ein Vermögen, dem Hund geht’s dreckig, und nicht ein einziger hat je Tollwut gehabt, seit es dieses Gesetz gibt.«
»Verschonen Sie mich mit diesem Quatsch, Bridges«, erwiderte Galbraith ungeduldig. »Ich persönlich finde ein Gesetz schwachsinnig, das Junkies wie Ihnen gestattet, sich um Kinder einer Altersstufe zu kümmern, in der sie besonders beeinflußbar sind, trotzdem werde ich Ihnen nicht die Beine brechen, um Sie von ihnen fernzuhalten. Wieviel verlangt er pro Hund?«
»Fünfhundert, und ich bin kein beschissener Junkie, damit Sie’s wissen«, gab er wütend zurück. »Heroin ist was für Idioten. Sie sollten mal Ihre Drogenterminologie aufpolieren.«
Galbraith ignorierte ihn. »Fünfhundert, so? Nicht schlecht. Und was nimmt er pro Person? Fünftausend?«
Bridges’ Zögern war unverkennbar. »Wovon reden Sie eigentlich?«
»Ich rede von den Fingerabdrücken an Bord der Crazy Daze, die von fünfundzwanzig verschiedenen Personen stammen, Harding selbst und Kate und Hannah Sumner nicht mitgezählt. Rechnen wir Sie und Bibi noch ab, dann bleiben immer noch dreiundzwanzig Personen, die auf dem Boot ihre Fingerabdrücke hinterlassen haben und deren Namen wir nicht kennen. Das ist ein ganzer Haufen.«
Bridges zuckte wieder die Achseln. »Sie haben selbst gesagt, daß es bei ihm an Bord ziemlich wild zugeht.«
»Hm«, brummte Galbraith. »Stimmt, so was habe ich wohl gesagt.« Sein Blick wanderte weiter zu dem Autoanhänger. »Schönes Boot. Ist es neu?«
Bridges folgte seinem Blick. »Nicht mehr ganz. Ich hab’s seit neun Monaten.«
Galbraith trat näher, um sich die beiden Evinrude-Außenbordmotoren am Heck anzusehen. »Sieht aber ganz neu aus«, bemerkte er, während er mit einem Finger über die Gummiwandung strich. »Geradezu makellos. Wann haben Sie es das letztemal gereinigt?«
»Am Montag.«
»Und den Garagenboden haben Sie gleich mit gereinigt, wie?«
»Der ist dabei naß geworden.«
Galbraith schlug gegen die Wandung. »Wann waren Sie das letztemal mit dem Ding draußen?«
»Weiß ich nicht mehr. Vor einer Woche vielleicht.«
»Wieso mußte es dann am Montag gereinigt werden?«
»Mußte es gar nicht«, versetzte Bridges, dessen Ausdruck wieder mißtrauisch wurde. »Ich versuche nur, es gut zu pflegen.«
»Dann wollen wir nur hoffen, daß die Leute vom Zoll es nicht auseinandernehmen, wenn sie nach Drogen suchen, Sportsfreund«, erklärte Galbraith mit schlecht vorgetäuschtem Mitgefühl. »Die werden Ihnen nämlich Ihre Geschichte, daß Harding nichts Brisanteres als Wein importiert, nicht abkaufen.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf den rückwärtigen Teil der Garage. »Das ist doch nur Tarnung für den Fall, daß man Ihnen schwerwiegendere Dinge zur Last legt. Wie zum Beispiel, illegale Einwanderer ins Land zu schleusen. Diese Kartons stehen schon seit Monaten hier. Der Staub ist so dick, daß ich meinen Namen reinschreiben kann.«
Auf dem Heimweg machte Ingram einen Abstecher nach Broxton House, um nach Celia Jenner zu sehen, und wurde von Bertie mit Freudensprüngen und Schwanzwedeln begrüßt.
»Wie geht es Ihrer Mutter?« fragte er Maggie.
»Viel besser. Der Brandy und die Schmerztabletten haben Wunder gewirkt. Sie spricht schon vom Aufstehen.« Sie ging zur Küche. »Ich wollte uns gerade ein paar Brote machen, weil wir beide völlig ausgehungert sind. Möchten Sie auch etwas?«
Als er ihr mit Bertie im Schlepptau folgte, überlegte er krampfhaft, wie er ihr auf höfliche Weise beibringen könnte, daß er lieber nach Hause fahren würde, um sich dort etwas zu essen zu machen, doch als er den Zustand der Küche sah, hielt er den Mund. Den Hygienepreis hätte sie wohl kaum bekommen, aber der frische Geruch von Boden, Arbeitsplatten, Tisch und Schränken war eine wahre Wonne nach dem unbeschreiblichen Gestank nach schmutzigem Hund und feuchten Pferdedecken, der ihn zuvor so angewidert hatte.
»Da sage ich nicht nein«, antwortete er. »Ich habe seit gestern abend nichts mehr gegessen.«
»Na, was meinen Sie?« fragte sie, während sie Brot, Käse und Tomaten zurechtlegte.
Er tat nicht so, als verstünde er nicht, wovon sie sprach. »Großartig! Der Boden gefällt mir in dieser Farbe viel besser.« Er tippte mit einer Schuhspitze auf die Fliesen. »Ich wußte überhaupt nicht, daß er orange ist oder daß meine Füße nicht bei jedem Schritt daran kleben bleiben sollten.«
Sie lachte.
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