Wellenbrecher
zeigte. »Er kauft jeden Samstag seinen Proviant bei uns. Ob ich ihn letzte Woche im Gespräch mit einer blonden Frau mit Kind gesehen habe? Ja, sicher. Er hatte die beiden bemerkt, als er gerade gehen wollte, und fluchte ärgerlich. Daraufhin habe ich gefragt, was los wäre, und er sagte: ›Ich kenne die Frau da draußen, und sie fängt jetzt garantiert mit mir zu quatschen an, weil sie das immer tut.‹ ›Die ist aber sehr hübsch‹, habe ich gesagt und ein bißchen die Eifersüchtige gespielt. ›Vergessen Sie’s, Dawn‹, hat er gesagt, ›sie ist verheiratet, und außerdem hab ich’s eilig.‹ Und er hatte recht. Sie hat ihn gleich angesprochen, aber er hat sich nicht aufhalten lassen. Er hat nur auf seine Uhr getippt und ist gegangen. Wissen Sie, was ich glaube? Er hatte eine heiße Verabredung und wollte sich nicht verspäten. Sie sah ziemlich eingeschnappt aus, als er ging, aber ich konnt’s verstehen. Steve ist ein toller Kerl. Den würd ich auch vernaschen wollen, wenn ich nicht schon dreifache Großmutter wäre.«
William Sumner behauptete, über die Haushaltsführung seiner Frau und ihren gewohnten Tagesablauf so gut wie nichts zu wissen. »Ich bin zwölf Stunden am Tag weg, von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends«, sagte er zu Galbraith, als wäre das etwas, worauf man stolz sein könnte. »In Chichester war ich viel besser auf dem laufenden, wahrscheinlich weil ich die Leute und die Geschäfte kannte, von denen sie erzählte. Die Dinge bleiben besser hängen, wenn einem die Namen etwas sagen. Hier ist alles so anders.«
»Hat sie auch von Steve Harding gesprochen?« fragte Galbraith.
»Ist das der Kerl, bei dem Sie Hannahs Schuhe gefunden haben?« fragte Sumner aufgebracht.
Galbraith schüttelte den Kopf. »Wir kommen viel schneller voran, wenn Sie nicht immer versuchen, auf den Busch zu klopfen, Mr. Sumner. Ich muß Sie daran erinnern, daß wir noch gar nicht wissen, ob die Schuhe wirklich Hannah gehören.« Er sah Sumner scharf an. »Und weil wir gerade beim Thema sind, möchte ich Sie noch einmal warnen . Wenn Sie anfangen, im Zusammenhang mit diesem Fall Mutmaßungen zu äußern, könnte das ein gerichtliches Verfahren beeinträchtigen. Und das könnte bedeuten, daß der Mörder Ihrer Frau ungeschoren davonkommt.«
»Tut mir leid.« Er hob entschuldigend die Hände. »Bitte, machen Sie weiter.«
»Hat sie nun über Steve Harding gesprochen?« wiederholte Galbraith.
»Nein.«
Galbraith warf einen Blick auf die Liste von Namen, die Sumner für ihn zusammengestellt hatte. »Hat sie zu einem der Männer hier auf der Liste zu irgendeinem Zeitpunkt eine engere Beziehung gehabt? Zum Beispiel zu einem aus Portsmouth? Ist sie vor ihrer Beziehung mit Ihnen mit diesem oder jenem ausgegangen?«
Wieder ein Kopfschütteln. »Sie sind alle verheiratet.«
Galbraith fand das Argument unglaublich naiv, sagte aber nichts dazu. Statt dessen bemühte er sich weiter, eine Vorstellung von Kate Sumners Leben vor ihrer Ehe zu bekommen. Es war eine Sisyphusarbeit. Die kondensierte Biographie, die William Sumner ihm lieferte, glänzte mehr durch Lücken als durch konkrete Fakten. Mit Mädchennamen hatte sie Hill geheißen, aber ob das der Nachname ihres Vaters oder ihrer Mutter gewesen war, wußte Sumner nicht.
»Ich glaube, ihre Eltern waren nicht verheiratet«, sagte er.
»Und Kate hat ihren Vater nicht gekannt?«
»Nein. Er hatte ihre Mutter verlassen, als meine Frau noch ein Baby war.«
Sie hatte mit ihrer Mutter in einer Sozialwohnung in Birmingham gelebt; er hatte allerdings keine Ahnung, wo genau, und wußte auch nicht, welche Schule seine Frau besucht oder wo sie gearbeitet hatte, bevor sie die Stelle bei Pharmatec UK bekam. Galbraith fragte ihn, ob sie mit Freunden aus dieser Zeit noch Kontakt gehabt hätte. Sumner schüttelte den Kopf und erklärte, das glaube er nicht. Er holte aus der Schublade eines Sekretärs ein Adreßbuch und schlug Galbraith vor, es selbst durchzusehen. »Aber Sie finden da sicher niemanden aus Birmingham.«
»Wann ist sie aus Birmingham weggezogen?«
»Nach dem Tod ihrer Mutter. Sie hat mir einmal erzählt, sie wollte so weit wie möglich von ihrem früheren Zuhause fortziehen und daß sie deshalb nach Portsmouth gegangen wäre. Dort hatte sie sich in einer kleinen Straße eine Wohnung über einem Laden genommen.«
»Hat sie auch gesagt, warum Entfernung so wichtig war?«
»Ich glaube, sie hatte das Gefühl, ihre Chancen vorwärtszukommen wären geringer,
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