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Weller

Weller

Titel: Weller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit
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ein Rolltor muss, dann bringe ich mich um. «
    Die Führungsaufsicht war seine letzte Chance gewesen, seinem Leben einen anderen Dreh zu geben, aus der Spirale Suff – Prügeleien – Inhaftierungen auszusteigen. Und ich hatte ihm diese Chance genommen, den Ausweg aus dem Leben als ›kriminell Verfestigter‹, wie ihn sein Richter im Urteil bezeichnet hatte, zu finden. Ich konnte nur noch hoffen, dass er sich nichts antat. Denn dann hätte ich auch noch sein Leben auf dem Gewissen.
    Mindestens genauso schlimm war: Mein albernes Detektivspiel war vermutlich ebenfalls sinnlos gewesen. Der wahre Mörder lief weiter dort draußen herum. Kurz dachte ich an Connor. Sie war in der vergangenen Woche aus Plüschow abgereist. Oder? Ich griff erneut zum Telefon, doch niemand nahm ab. Natürlich – Jara und ihr Mann Christian waren auch beim Künstlerbundtreffen. Wie dumm von mir. Ich hatte wirklich nicht mehr alle Sinne beisammen.
    ***
    Am nächsten Morgen brach ich um halb acht zu meiner Außensprechstunde in Warin auf. So früh wollte ich Jara nicht stören. Der Anruf bei ihr musste weiter warten.
    Party-Paul, ein leptosomer Zwanzigjähriger mit dem Hang zu eindeutig zu vielen Drogen inklusive noch mehr Alkohol, war mehrere Male nicht zu seinem Suchtberatungstermin erschienen, wie sein Berater an mich weitergemeldet hatte. Nun hampelte er auf seinem Stuhl im kargen Sitzungszimmer des Rathauses herum, das mir für meine wöchentliche Sprechstunde zur Verfügung stand, und grimassierte. An einem der hohen Fenster surrte anhaltend eine Fliege beim aussichtslosen Versuch, ins Freie zu gelangen.
    »Ich hab’s nicht so mit dem Telefonieren«, nuschelte er auf meine Frage, warum er die Beratungstermine nicht wenigstens abgesagt hatte. Da auch seine Rechtschreibkenntnisse nicht die vollständigsten wären, hätte er auch keine SMS geschickt.
    »Pass auf, Meister. Wenn es wirklich daran gelegen hat, was ich für dich hoffen will, dann machen wir jetzt Folgendes.« Ich schrieb ihm auf seinem Handy einen Standardtext, der das nächste Beratungsgespräch absagte – »wegen Unwohlseins« – und zeigte ihm, wie er diesen gespeicherten Text versenden konnte.
    »Wie dein Suchtberater dann damit umgeht, ist seine Sache. Aber erzähl mir ab jetzt nichts mehr davon, dass du nicht absagen konntest.« Zu den Terminen mit mir kam Party-Paul interessanterweise immer pünktlich. Ich bohrte nach und erfuhr, dass er hier in der Stadt – er selbst wohnte in einem kleinen Dorf, sieben Kilometer vor Warin – ›Bekannte‹ hatte, zu denen er an den Tagen, an denen wir uns sahen, ebenfalls ›hinmusste‹. Ich schloss messerscharf, dass es sich wohl um eine seiner Drogenconnections handelte. Denn etwas anderes schien er in seinem Leben nicht ernst zu nehmen. Auch die Bewährungsstrafe schien wenig Eindruck auf ihn zu machen.
    »Außerdem quatsche ich gern mit dir. Du bist nicht so uncool wie der Suchtberatertyp. Der will immer nur über Drogen reden, ganz so, als wäre er selber drauf, weißt.« Paul feixte und die Fliege stürzte sich erneut, wütend und erfolglos, gegen das Fensterglas.
    Kaum hatte er die grün gepolsterte Tür des Sitzungszimmers hinter sich zugezogen, griff ich nach meinem Telefon. Es war zwanzig vor neun. Jara war Frühaufsteherin, ganz entgegen dem landläufigen Klischee der die Nächte durchfeiernden Künstler. Ich ließ es fünfzehn Mal klingeln, dann war klar, dass sich in Plüschow niemand in der Nähe des Telefons befand. Christian und sie verzichteten auf einen Anrufbeantworter, sodass ich auch keine Rückrufbitte hinterlassen konnte.
    Ich notierte mir in Party-Pauls Akte stichwortartig die Gesprächsinhalte der letzten halben Stunde und wenig später klopfte es an der Tür. Auf mein ›Herein‹ trottete Matthias, der Maurer, in den Raum. Knapp vierzig, Hände wie Klosettdeckel und dunkelblau tätowierte Arme. Dazu ein Strafregister von der Länge seines Bartes, der ihm als geflochtenes, dünnes Zöpfchen bis auf den Brustkorb hinunterreichte: wiederholtes Fahren auf seinem unversicherten, nicht zugelassenen Motorrad, Trunkenheit am Lenker, Verursachung eines Verkehrsunfalls, von dem seine Mitfahrerin mehrere Knochenbrüche und bleibende Sehstörungen davongetragen hatte, er jedoch wundersamerweise fast unverletzt geblieben war. Außerdem einige geringfügige Eigentumsdelikte und mehrere Körperverletzungen. Alles für sich genommen nicht besonders gravierend; in der Summe hatte es vor Gericht bei der letzten

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