Weller
schmeckende Zunge in meinen Mund geschoben hatte. »Ich war zwar bereit, etwas zu riskieren. Immerhin wollte ich ja herausfinden, ob an meinem Verdacht etwas dran ist. Aber so weit ging mein Erkenntnisinteresse dann doch nicht.«
Wir lagen nebeneinander im Bett, über uns lugte die Mondsichel durch das Dachfenster und Quax hockte mit eingedrehten Vorderpfoten auf der alten Seekiste, in der Handtücher und Bettwäsche lagerten. Ellen war seit heute Nachmittag wieder zuhause. Nachdem ich sie am Bahnhof abgeholt hatte, hatten wir unser Wiedersehen mit einem opulenten Mahl beim Italiener am Alten Hafen gefeiert. Dabei erfuhr ich sämtliche Einzelheiten von Ellens Kölner Erlebnissen, von den beiden Arbeiten, die sie verkauft hatte, der Einladung zu einem internationalen Skulpturenpark in die Schweiz, die sie bekommen hatte und auch alles über die alberne Manieriertheit der Galeristengattin, die Ellen behandelt hatte wie eine seltene, nicht ganz zurechnungsfähige Spezies – nur weil sie nicht aquarellierte oder gefällige kleine Keramiken herstellte, sondern mit eigenen Händen große Skulpturen und Objekte schuf. Erst nachdem im heimischen Bett auch unsere Körper ihr Wiedersehen gefeiert hatten, kam ich dazu, Ellen von meinen Erlebnissen zu berichten.
»Und? Ist es dir gelungen?«
Ich küsste ihren nackten, samtweichen Bauch und schmiegte meine Wange an ihn. »Ach was. Sie ist verschlossen wie eine Auster. Auf direkte Fragen antwortet sie schon aus Prinzip nicht oder nur mit einer Gegenfrage. Die tote Studentin will sie nicht gekannt haben.« Ellen streichelte mir liebevoll über den Kopf.
»Da bin ich aber froh, dich nicht an diese texanische Amazone verloren zu haben.«
Ich richtete mich auf.
»Na hör mal, was denkst du von mir?«
»Nur das Beste, mein Lieber. Aber du kennst doch die Sache mit dem Fleisch und dem Geist. Mir ist einfach nicht wohl bei dem Gedanken, dass du nun auch noch mit körperlichem Einsatz auf Verbrecherjagd gehst.« Sie runzelte die Stirn und griff nach ihrem Tabakspäckchen auf dem aus alten Büchern vom Flohmarkt zusammengeklebten Tischchen neben dem Bett. »Spaß beiseite. Eigentlich gefällt es mir insgesamt überhaupt nicht, dass du so besessen von diesem ganzen Zeug bist: der Mord, die Spannerfotografien. Kannst du nicht einfach abwarten, was die Polizei herausfindet? Dieser Trucker, den sie geschnappt haben, ist doch in höchstem Maße verdächtig. Ich verstehe dich nicht.«
Es tat mir Leid, sie nicht beruhigen zu können, nicht beteuern zu können, dass ich nun aufgeben würde, nach der letzten, quasi-traumatischen Begegnung mit der amerikanischen Stipendiatin. Viel zu sehr schien mir mein eigenes Schicksal schon mit denen von Wolfgang Zorn, dem Trucker, der toten Studentin und Connor verwoben, als dass ich mich zu Untätigkeit hätte zwingen können. Ich hatte das deutliche Gefühl, dass ich selbst in diesem ganzen Geschehen irgendeine Rolle spielte, die noch lange nicht vorbei war. Mit einiger Mühe fand ich die passenden Worte, um Ellen von ihrer Sorge um mich abzulenken. Wenigstens einer von uns beiden sollte sich nicht weiter persönlich bedroht und involviert in die Gewalttaten fühlen.
»Vielleicht übt sie ja doch einen Zauber auf mich aus.« Ich kniff ihr äußerst sanft in die linke Brust. »Du hattest mir schon immer eine Körbchengröße zu viel.« Sie schlug mit einem empörten Schnauben meine Hand fort.
»Lügner.« Natürlich wusste sie, wie sehr ich ihre Brüste anbete. Ich grinste vor mich hin. Sie ließ die gerade fertig gedrehte Zigarette fallen und begann, mit mir zu ringen. »Du Schuft!«
Wir verfingen uns noch einmal voller Lust ineinander und ich bewies ihr ohne Worte meine Anbetung ihrer Brüste und diverser anderer Körperteile. Als wir nach einer Weile wieder zu Atem kamen und nebeneinander beinahe eindösten, fiel mir noch etwas ein.
»Sie stammt übrigens aus Wisconsin, deine Konkurrentin. Nicht aus Texas. Und – falls es dich beruhigt – dorthin fährt sie Ende dieser Woche zurück. Ihr Stipendium läuft aus.«
***
Er würde es ihnen allen heimzahlen.
Jeder scheele Blick, den sie ihm zeitlebens zugeworfen hatten, jedes Über-ihn-hinweg-Sehen, jede Ablehnung, wenn er einmal den Mut gefasst hatte, eine von ihnen anzusprechen. Als spräche er eine fremde Sprache oder sehe wie ein Monster aus! Selbst wenn er nicht wirklich zu dieser bis in ihre Grundfesten verweichlichten, überfremdeten Gesellschaft gehörte, sie tatsächlich verabscheute
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