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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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fertig?«
    »Einen Versuch dazu.«
    Hugh erkannte Ikagiyas Stimme wieder. Er saß so, daß die beiden Frauen ihm beim Gespräch mit Ely den Rücken zukehren mußten.
    Mrs. Karlsson holte Zeichnungen und in deutlichen, klaren, dennoch kunstvoll geformten Buchstaben und Einteilungen geschriebene Texte hervor.
    Ely legte Blatt für Blatt um. »Wie schön.« Er wandte sich Mahan zu. »Wollen Sie sich das auch einmal ansehen? Sie sind doch Erzieher.«
    Mahan trat neben die Frauen, das Gesicht jetzt durch den Hut von der Seite abgeschirmt.
    »Ja«, sagte er und betrachtete nun seinerseits langsam ein Blatt nach dem andern. »Das müßte ich für meine Beginner haben und für meine Schüler, die sie zurückgestuft haben, nur weil sie nicht mit ihnen zu sprechen verstanden; sie haben ihren Geist und ihre Seele verscheucht wie der Jäger scheues Wild, und als dann ein Knochengerippe im Hautsack vor ihnen stand, haben sie darauf eingeredet und gemeint, sie können die Haut mit ihren eigenen Ideen aufblasen und ihre eigenen Antworten wieder herauspressen. Sie glauben, ein Farbiger sei wie ein Automat, den sie mit ihren Cents füttern und der dann liefert, was sie brauchen. Wir denken aber selbst, das begreifen sie nie.«
    »Sie sind Erzieher?« rief Mrs. Karlsson froh.
    »Ja, bis zum Sommer. Dann entlassen sie mich. Aber wir müssen mit den Kindern weiter arbeiten. Die Schwierigkeit ist nur, daß sie zu verstreut wohnen. Es muß ein neuer Weg gefunden werden.«
    Mrs. Martin hatte nach ihren ersten drei Worten nichts mehr gesagt. Sie schien zu lauschen.
    Ely sah die Blätter noch einmal durch und seufzte.
    »Für den Druck doch wieder zu teuer. Schade, schade. Können Sie einen ähnlichen Entwurf machen, der in der Herstellung unkomplizierter sein wird?«
    »Ich habe gefürchtet, daß Sie das sagen werden.« Mrs. Karlsson war traurig.
    Cora Martin raffte die Blätter hastig zusammen, schloß die Mappe und hielt sie mit beiden Händen Hugh hin, ohne ihn anzusehen.
    »Nehmen Sie, Mister Mahan. Wir schenken Ihnen die Blätter für Ihre Beginner. Ich habe gesprochen.«
    Hugh nahm die Mappe an mit einer leisen, sichernden Bewegung, wie ein kostbares Geschenk.
    »Die Kinder werden ihre Augen weit aufmachen und ihren Geist und ihre Seele herbeirufen, Magasapa-win. Darum nehme ich das Geschenk an, von Ihnen und von Missis Karlsson.«
    Hugh Wasescha Mahan nahm den Hut ab und legte ihn beiseite. Ikagiya wich seinen Augen nicht aus, und er fand die ihren offen. Für einen Augenblick waren sie ganz allein, allein in der Herbstnacht beim Schulgefängnis, allein bei ihrem Wiedersehen nach allen Qualen, als sie beide die Aula der Schule zur Feier des Baccalaureats betraten, allein beim Abschied. Was sie einander sagten, war ohne Zeit und ohne Raum; die Jahre des Wartens und Suchens waren versunken.
    Aber die Zeit und der Raum drangen wieder auf sie ein; sie standen in der Redaktion der Tundra-Times, und Mister Ely fragte erstaunt und erfreut: »Ah, Sie kennen sich?«
    »Wir sind vom gleichen Stamm«, antwortete Hugh Wasescha Mahan fest, mit jenem Ton, der allen Zweifel und jedes Nachgeben ausschließt, »und wir sind Mann und Frau, wenn uns auch kein Register der weißen Männer verzeichnet hat.«
    Es blieb danach still im Raum, denn die Entscheidung war ausgesprochen, und unnütze Worte hatten dabei keinen Platz. Mahan setzte seinen Hut auf und nahm die Mappe mit Text und Zeichnungen unter den Arm.
    »Kommt mit mir«, sagte er zu den beiden Frauen, »wir werden das alles beraten, auch eure Arbeit. Ich habe gesprochen.« Er grüßte Ely. Mrs. Martin und Mrs. Karlsson verabschiedeten sich von dem Redakteur und begleiteten Mahan. Sein kräftiger und zwei sehr leichte Schritte gingen die alte Holztreppe hinunter.
     
    Draußen umfingen Küchengerüche und der Anblick verschiedenartiger und wenig reizvoller Holzhäuser die kleine Gruppe. Der Himmel war lichtgrau bezogen, der Wind strich kalt und ohne Aufhören durch die Hauptstraße der Geschäfte und Bars.
    »Wohin gehen wir?« fragte Wasescha in der Stammessprache. Cora Martin zögerte nicht länger als zwei Sekunden. »Ich zeige Mister Mahan unsere Universität«, sagte sie dann auf englisch zu Mrs. Karlsson. »Willst du mitkommen, Greta?«
    Greta Karlsson entschuldigte sich, sie sei noch müde von der Nachtschicht. So trennte man sich.
    Magasapa hatte ihren Wagen in der Nähe geparkt. Sie ging ans Steuer, und Mahan nahm neben ihr Platz.
    Es war alles ebenso wirklich wie unwirklich.
    Sie fuhr

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