Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
George Mac Lean hinrichtet…«
    »Notwehr ist straffrei, vielleicht weißt du das auch schon. Dein Gangster aber, für den du dich einsetzt, wird ein ordentliches Verfahren und einen Rechtsanwalt haben, obgleich er nichts verdient, als für den Mord an Philip schon längst am Galgenbaum zu hängen.«
    »Sollte mich aber wundern…«, Clydes Stimme wurde ruhig, seine Augen lauerten, »sollte mich aber wundern, was für einen Rechtsanwalt ein Indian bezahlen kann, nachdem er sein einziges mobiles Vermögen, die Büffel und Pferde, schon als Kaution verpfänden mußte.«
    »Der Staat, den du schmähst, stellt ihm den Pflichtverteidiger.«
    »Den Mulkey?«
    Carr war einen Augenblick völlig verblüfft.
    »Da staunt mein Dad. Ja, dein Sohn Clyde hat Talente, nicht nur zum Schießen, und er hat Freunde nicht nur für Hasch. Also den Mulkey, den Kumpan der Viehzüchter, den Indianerhasser. Ein einziger Staatsanwalt genügt nicht gegen Joe King? Es müssen zwei sein! Schön ausgedacht. Eure Gerechtigkeit ist ein Stinktier; wenn sie sich betätigt, hält es weit und breit keiner mehr aus. Aber glaube mir, Dad, es gibt Leute, die die giftige Luft schon so gewohnt sind, daß sie ihnen nicht mehr schadet. Sie sind immun geworden, sie können im Gift leben und sich gegen euch bewegen. Ich habe diese Luft schon als Säugling bei dir zu Hause in unserer sogenannten Familie eingeatmet. Mir schadet sie nicht mehr.«
    »Vergiftet bist du von ganz anderen Leuten. Mach jetzt, daß du hinauskommst.«
    »Yes, Sir! Aber gern, mein Dad! Ich gehe, bevor du deinen fälligen Schlaganfall bekommst. Ich habe wieder einmal vollständig genug von dir. Du kannst dann deine Polizei rufen. Aber warum eigentlich?« Clyde holte den Revolver wieder hervor. »Es ist wirklich nur ein Spielzeug. Deine Augen sind nicht mehr so scharf wie früher, Chester. Ich hätte auch mit einem scharfen nicht geschossen, schon deshalb nicht, weil ich bei dir habe schießen lernen müssen. Du kennst mich nicht, und du wirst senil. Laß es nur alle Leute wissen. Bye!«
    Clyde Carr verzog das Gesicht zu einem zugleich frechen und humorvollen Grinsen.
    Ungehindert ging er aus dem Raum, an der blaß gewordenen Sekretärin vorbei, verließ das Büro und fand sein neues rotes, mit Blumen bemaltes Popauto auf dem Parkplatz für Gäste der Superintendentur.
    Er erkannte in einiger Entfernung Hugh Mahan und Julia Bedford und stieg daher noch nicht in den Wagen ein.
    Die beiden kamen zu ihm her. Sie hatten Norris Patton besucht, der sich von seiner Grippeerkrankung nur schwer erholen konnte.
    »Also Mulkey ist bereits als Pflichtverteidiger gegen Joe bestellt«, informierte Clyde ohne Umschweife. »Der Richter und die Geschworenen werden das gleiche Kaliber haben; ein anderes liefert New City nicht mehr. Die Prozeßführung könnt ihr damit verloren geben. Denkt euch was aus, damit Joes Tod wenigstens bekannt wird und ein paar Leute aufrührt, die noch nicht verkalkt sind.«
    »Wir werden etwas tun, damit der Anschlag auf Joes Leben bekannt wird, ehe es zu spät ist«, antwortete Mahan.
    »Hat Joe Auseinandersetzungen mit dem Rugby-Klub in New City gehabt? Wißt ihr etwas darüber?«
    »Jahrelange Feindschaft. Der Klub ist ein halber Verbrecherverein.«
    »Sie lassen sich vollaufen und feiern schon Joes kommende Hinrichtung. In eurem Staat ist sie noch Mode; ein stures Volk ist das hier, ein Wolfsrudel von Spießbürgern.«
    »Was weißt du noch, Clyde?« fragte Julia zögernd und gekrampft.
    »Nun, sagt es nur weiter. Gaskammer habt ihr noch nicht. Der elektrische Stuhl steht in Carneyville. Aber der Henker ist in New City gebürtig, und er säuft mit den Rugby-Kumpanen. Eure Vorfahren haben primitiv gemartert, unsere zivilisierten Edelbrüder verstehen es besser, das ist der technische Fortschritt. Wißt ihr, was ein elektrischer Stoß ist?«
    »Ja«, sagte Mahan.
    »Unter ein paar hundert kommt Joe nicht weg. Immer schön langsam, bis er fertiggemacht ist. Ein paar Minuten Hölle vor dem Tode und nicht einmal einer dabei, der es hinausschreien kann. Sagt es nur weiter, damit sich endlich ein Mensch rührt!«
    Clyde schrie laut. »Damit sich endlich ein Mensch rührt!«
    Er wandte sich plötzlich um, sprang in seinen Wagen, startete rasselnd und fuhr davon.
    Vom Polizeigebäude her näherte sich der kleine indianische Polizist. Er schaute dem Blumenauto nach und entfernte sich wieder. Offenbar hatte er sich nur darum kümmern sollen, daß der bemalte Wagen und der vermutlich

Weitere Kostenlose Bücher