Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg
miteinander.
Magasapa war im Wohnzimmer auf eine Couch als Lagerstätte gebettet. Eine Kerze stand auf dem Tisch und leuchtete still und matt.
»Ich sitze bei ihr«, sagte Irene Oiseda, »und von Zeit zu Zeit gebe ich ihr Medizin. Eivie war hier. Ruhe, sagt er, und die Medizin. Ein Transport ins Krankenhaus wäre jetzt schon gefährlich. Wo ist Wasescha?«
»Verhaftet – nach der Versammlung.«
Queenie kniete sich bei der Kranken nieder und beugte den Nacken, auf den die Sorgen drückten.
Am Morgen wurde Magasapa wach. Sie trank einen Schluck Tee, fragte gar nichts, aber Queenie und Irene Oiseda fühlten, wie sie beobachtete. Tashina berichtete ihr, wie gut die Versammlung verlaufen sei, und sie wiederholte die Worte, mit denen Wasescha geschlossen hatte.
»Inya-he-yukan ist unser heimlicher Häuptling, und Wasescha ist sein Bruder«, sagte die Kranke, nur schwach vernehmbar.
»So ist es.«
»Kommt er zurück?«
Magasapa fragte nicht: »Wann kommt er zurück?«, sondern: »Kommt er zurück.«
»Vielleicht übermorgen, Magasapa. Bis dahin geht es dir schon besser.«
»Sie haben ihn also verhaftet. Grüße ihn von mir, Tashina, wenn er wieder nach Hause kommt.«
Magasapa schloß die Augen und schlummerte wieder vor Schwäche. Melitta, die ihre vier Pflegekinder schon in ihr Haus zurückgebracht hatte, mußte dort nach ihnen sehen.
Um die Mittagszeit des folgenden Tages kam Morning Star der Jüngere auf die Ranch und berichtete, daß alle nach der Versammlung Verhafteten wieder auf freien Fuß gesetzt seien, nur Wasescha nicht.
»Sie haben ihn mißhandelt«, sagte er, und die Hülle seiner Selbstbeherrschung barst; der Zorn brach heraus. »Sie haben uns alle pausenlos verhört, aber auf ihn haben sie brutal eingeschlagen. Nun, er kann etwas aushalten und hat ihnen in keinem Punkte nachgegeben. Er könnte wegen Gefangenenmißhandlung gegen sie klagen; dann behaupten sie, er habe sich widersetzt, woran kein wahres Wort wäre. Aber Zeugen waren nur Polizisten und wir verhafteten Indianer, das gilt hundert zu null. In zwei Tagen soll er vor Gericht in Inya-he-yukans Prozeß erscheinen. Vielleicht führen sie ihn aus der Haft vor, um ihn unglaubwürdig zu machen.«
Queenie Tashina machte sich nach dieser Mitteilung auf, um nach Wasescha zu suchen; vielleicht konnte Monture weiterhelfen. Sie fuhr sogleich nach New City, steuerte zu den Slums und erreichte die Hütte, die Monture mit seiner Frau Grace bewohnte.
Es war Abend geworden. Der Bildhauer und seine Frau waren zu Hause und empfingen die Ankommende gastlich. Über Mahan wußten sie nichts.
Edgar Monture hatte aber erfahren, daß Andy Tiger nicht mehr lange leben würde; seine unheilbare Bluterkrankung war im letzten Stadium. So verband sich Kummer mit Kummer. Edgar wollte Andy noch einmal aufsuchen und ihn persönlich sprechen, ehe es zu spät war.
»Ich habe heute morgen vom Postamt aus mit ihm telefonieren können«, erzählte er, »er hatte mich telegrafisch gebeten, ihn anzurufen. Er hat von seinem Krankenlager aus noch etwas sehr Großes für uns erreicht. Ja, Ken war doch gestern vormittag bei eurer Versammlung?«
»Des Morgens, als Wasescha eröffnete, habe ich ihn gesehen. Später nicht mehr.«
»Richtig. Er ist von eurer Prärie aus in seinem Hitzkopftempo zu Andy in das Krankenhaus gefahren, fast 700 Meilen in ein paar Stunden. Er wußte, daß Andy etwas von einem Rechtsanwalt erfahren hatte, der für Joe in Frage käme. Nun, eure Versammlung, die Mahan so gut geleitet hat, und der Anschein, daß die Sache in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen wird, hat den Ausschlag gegeben, und der Lawyer hat zugesagt. Er soll ein ehrgeiziger junger Mann sein, von Charakter sonst nicht der schlechteste Kerl, progressiv.«
»Lange genug hat er sich die Sache überlegt«, kritisierte Queenie. »Aber wird Joe ihn nun nehmen? Vielleicht kann er auch Haftentlassungsantrag für Mahan stellen? Cora ist schwerkrank.«
»Ich habe auf meine Verantwortung zugesagt. Er verlangt nichts als die Spesen. Die Summe bringen wir auf. Ist er erst da, sehen wir weiter.«
»Von woher kommt er? Wann kann er hier sein?«
»Er kommt mit dem Flugzeug von New York; heute nacht ist er hier im Hotel.«
»Das heißt, die Zeugen warten dort auf ihn. Wann ist der Termin endgültig angesetzt?«
»Morgen vormittag 10 Uhr. Ja. Die Zeit, sich vorzubereiten, ist reichlich kurz für den Anwalt. Aber er soll schnell begreifen und schlagfertig sein.«
»Besser als nichts. Wann
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